Hamburg. Bayerns Mittelfeldspieler erzürnte die Fans mit Lächeln nach der Barça-Pleite. Götze entschuldigte sich und legte am Freitag nach.

Er hat Deutschland mit seinem goldenen Schuss in der Verlängerung gegen Argentinien den ersten WM-Titel nach 24 Jahren beschert, doch "Everybody's Darling" ist Mario Götze noch immer nicht. Warum eigentlich?

Ein neues Beispiel für Götzes Status als Reizfigur liefert die aktuelle Debatte nach der Pleite des FC Bayern München beim FC Barcelona in der Champions League. Beim Halbfinal-Hinspiel wurde Götze zwar erst elf Minuten vor Schluss ins Spiel gebracht, dennoch reiben sich die Fans nach der 0:3-Niederlage des deutschen Rekordmeisters vor allem an dem 22 Jahre jungen Mittelfeldspieler.

Götze und ter Stegen nach dem Spiel in Barcelona
Götze und ter Stegen nach dem Spiel in Barcelona © dpa

Rechtfertigung für üble Beschimpfungen in sozialen Netzwerken liefert den erzürnten Anhängern nach eigenem Dafürhalten vor allem eine Szene, die für die Zuschauer vor den Bildschirmen am späten Mittwochabend eigentlich nur ganz kurz zu sehen war. Doch ein schneller Schwenk auf einen lächelnden Götze reichte aus, um die bayerische Fußballvolkseele zum Kochen zu bringen: Augenscheinlich gut gelaunt schlenderte der Jungstar Arm in Arm mit Barcelonas deutschem Schlussmann Marc-André ter Stegen über den Rasen des Camp Nou.

Götze entschuldigt sich bei den Fans

Was folgte, waren wütende Reaktionen auf den einschlägigen Internetseiten. Was sogar dazu führte, dass der Angegriffene selbst sich zu einer Stellungnahme genötigt sah. Es sei durch die Presse gegangen, dass er „nach dem Spiel mit meinem Freund Marc-André ter Stegen geflachst und gelacht hätte“, schrieb Götze am Tag nach der Champions-League-Pleite auf seiner Internetseite. Dazu veröffentlichte er ein Bild, das ihn gemeinsam mit dem Barça-Keeper zeigt.

„Wer jetzt denkt, dass mich die Niederlage nicht interessiert, der ist total auf dem Holzweg. Ich war mindestens genauso enttäuscht, wie jeder von Euch Fans und meinen Kollegen“, betonte der Nationalspieler. „Wenn es nicht so rüberkam, dann entschuldige ich mich dafür!“

Während des Halbfinal-Aus im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund war er ebenfalls kurz vor Ende der regulären Spielzeit aufs Feld gekommen und hatte im Elfmeterschießen seinen Versuch vergeben. Er gebe „jederzeit alles für den Verein“, erklärte der Mittelfeldspieler.

Guardiola nimmt Götze in Schutz

Bayern-Trainer Pep Guardiola nahm seinen Schützling am Freitag öffentlich in Schutz. „Was ist das Problem?“, fragte der Spanier. Götze müsse sich nicht dafür entschuldigen, dass er nach einem Spiel mit einem Kollegen und Freund auf dem Platz rede. „Mario ist ein super Profi“, sagte Guardiola.

Er könne sich nicht über ihn beklagen. Er sei auch mit seinen Leistungen zufrieden. „Er ist ein junger Spieler, sein Potenzial ist groß“, sagte Guardiola. Er habe in dieser Saison auch viel bei ihm gespielt und der Mannschaft geholfen.

Götze selbst meldete sich am Freitag ebenfalls noch einmal via Facebook zu Wort und postete eine motivierende Botschaft vor dem Rückspiel gegen Barcelona:

Beckenbauer heizte die Debatte an

Zuletzt war Götze wegen seiner Leistungen in die Kritik geraten, auch Franz Beckenbauer meldete sich in der Sache zu Wort. „Manchmal kommt er mir in seinen Bewegungen wie ein Jugendspieler vor, der Zweikämpfe verliert und stehen bleibt. Das ist teilweise ein jugendliches Verhalten“, hatte Bayerns Ehrenpräsident unmittelbar vor dem Barcelona-Spiel gesagt. „Das passt natürlich nicht zum FC Bayern. Es wird Zeit, dass er langsam erwachsen wird.“

Allerdings habe Götze „in Dortmund bewiesen, was er kann. Dass er ein großartiges Talent ist, das wissen wir auch. In der Umsetzung fehlt es noch ein bisschen“, befand der „Kaiser“.

Bayerns Sportchef Matthias Sammer wollte auf Beckenbauers Götze-Kritik nach dem Spiel nicht eingehen. "Da möchte ich jetzt nichts zu sagen, man muss nicht alles kommentieren", sagte Sammer bei "Sport1".

Götze lässt seine Seite diesmal online

Im Netz wird der Fall Götze dagegen weiter diskutiert - und durchaus kontrovers. Denn es gibt auch Fürsprecher, die den feinen Techniker in Schutz nehmen. "Der Junge hat uns zum Weltmeister gemacht!!! Seine Zukunft ist der FC Bayern ohne unsere Ü30 Helden", schrieb ein Fan auf Facebook.

Seine Seite hat Mario Götze Stand Freitagvormittag übrigens noch nicht vom Netz genommen. Das war schon einmal anders, als er sich nach einem Shitstorm wegen seines Wechsels vom BVB zu den Bayern nicht mehr anders zu helfen wusste, als seinen Facebook-Auftritt vorübergehend zu deaktivieren.

Mario Götze wurde bei Bayern erst nach dem 0:1 eingewechselt
Mario Götze wurde bei Bayern erst nach dem 0:1 eingewechselt © Witters

In weiten Teilen der Dortmunder Anhängerschaft wurde Götze nach seinem Abgang zur Persona non grata erklärt. Und auch bei vielen anderen Fußballfans sowie einigen Medienvertretern ist das Riesentalent nicht ausnahmslos gut gelitten. Als Grund werden immer wieder eine vermeintliche Unnahbarkeit und emotionale Reserviertheit des gebürtigen Memmingers angeführt. Zuletzt hatte sich das Fachmagazin "11Freunde" sogar in einer Titelstory des Phänomens Götze angenommen. Doch richtig schlau scheinen die Beobachter weder aus dem Fußballer noch dem Menschen Götze zu werden. (jd)