Christian Seifert wirft dem Uefa-Präsidenten Überheblichkeit vor. Michel Platini hatte zuvor Kritik von Bundestrainer Joachim Löw und DFB-Manager Oliver Bierhoff am EM-Modus süffisant zurückgewiesen.
München. DFL-Chef Christian Seifert (44) hat dem Uefa-Präsidenten Michel Platini Überheblichkeit im Zusammenhang mit der Diskussion über die Fußball-EM 2016 vorgeworfen. Platini (58) hatte Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff für deren Kritik am neuen EM-Format mit 24 Teilnehmern gerüffelt („Wem das nicht gefällt, der muss ja nicht mitspielen“).
„Ich finde es etwas überheblich für einen Uefa-Präsidenten, und vielleicht sollten wir einfach nicht spielen. Dann schauen wir mal, was die Europameisterschaft noch wert ist“, sagte Seifert, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Deutschen Fußball Liga (DFL), in der Fernsehsendung Sky90.
Vor einer EM-Endrunde mit 24 von 54 Uefa-Mitgliedsverbänden müsse man „ehrlicherweise nicht noch einmal sehr lange eine Qualifikation“ spielen. Gibraltar sei kürzlich hinzugekommen, „prompt haben wir diesen Riesenkracher dann auch bekommen“, sagte Seifert bissig. Gibraltar ist neben Irland, Polen, Schottland und Georgien der fünfte Qualifikationsgegner der deutschen Nationalmannschaft auf dem Weg nach Frankreich.
Die Uefa neigt laut Seifert dazu, nicht mehr viel Rücksicht auf die Ligen zu nehmen: „Dort ist das Tagesgeschäft. Als Uefa ist man auf keinem guten Weg, ein Eigenleben zu organisieren, das die Belange und Bedürfnisse der Ligen nicht mehr berücksichtigt und respektiert.“
Das Financial Fair Play sei ein wichtiger Baustein, um den europäischen Fußball gesund zu erhalten, betonte Seifert. „Ich habe nichts gegen Paris St. Germain. Es ist aber nachdenkenswert, wenn ein Klub innerhalb von vier Jahren von 80 auf 400 Millionen Euro Umsatz steigt. Dann ist das in einer Welt des Fußballs eben sehr unrealistisch“, sagte der DFL-Boss.
„Fußball ist nicht nur Industrie“
Wenn man Sponsoringverträge abschließe, die mehr Wert sind als die von Bayern, Barca, Real und ManU zusammen, „dann darf man sich nicht wundern, wenn es Fragen aufwirft“, äußerte er. Die Uefa werde sich an ihren eigenen Vorgaben messen lassen müssen. Seifert: „Den Fußball kann man nicht auf seine reine Funktion als Industrie verkürzen. Dazu bedeutet der Fußball vielen Menschen viel zu viel. In dem Moment, wo sich jemand mit seinem privaten Geld für drei oder vier Jahre engagiert, greift er in den Wettbewerb ein.“
Aus Sicht der DFL sei es besser, „den Markt zu regulieren. Wenn jemand 20 Jahre dabei ist – wie Herr Kind in Hannover oder Herr Hopp in Hoffenheim – dann haben sie 20 Jahre der Liga,den Konkurrenten, den Fans, gezeigt, dass sie es wirklich ernst meinen mit einem Engagement in Deutschland“, so Seifert beim Pay-TV-Sender Sky.
Wenn aber jemand komme, drei Jahre in einen Klub investiere, sich dann wieder zurückzieht, „sind womöglich Klubs abgestiegen, die unter realen Marktbedingungen möglicherweise nicht abgestiegen wären. Deswegen sprechen wir in diesem Zusammenhang von Finanzdoping“, sagte Seifert.
Seifert zweifelt an der Uefa
Er hegt Zweifel an der Europäischen Fußball-Union. Die großen Knackpunkte würden kommen, „wenn es Klubs sind, die aus den fünf großen europäischen Fernsehmärkten kommen“ Er möchte der Uefa nicht unterstellen, „dass sie das nicht ernst meint. Noch hat sie keine Entscheidung getroffen, die zu dem Schluss führt, dass sie da ein Auge zudrückt. Ich glaube auch, dass sie es nicht leisten kann.“
Seifert äußerte sich über die Langeweile in der Bundesliga: „In der Bundesliga kann jeder jeden schlagen, nur zurzeit keiner die Bayern. Man darf die Fans aber nicht unterschätzen. Die Bundesliga lebt von sehr vielen sportlichen Entscheidungen, von überraschenden Niederlagen, von überraschenden Siegen, von ganz eigenen Geschichten. Zurzeit laufen die Bayern vorneweg. Manchmal passt eben alles, das wird aber nicht die nächsten Jahre so weiter gehen.“