Während des traditionellen Banketts im Anschluss an das Spiel in Pilsen diskutierte der Bayern-Präsident eifrig mit dem Trainer des Champions-League-Siegers. Im Mittelpunkt: Mario Mandzukic und die Stürmerfrage.
Pilsen. Präsident Uli Hoeneß verspürt bei Trainer Pep Guardiola ein Umdenken bei der taktischen Ausrichtung des FC Bayern München. „Er war zuerst vielleicht der Meinung, man kann auch ohne Mittelstürmer spielen. Aber er respektiert es sehr wohl, dass es diesen Plan B mit einem Mario Mandzukic gibt“, berichtete Hoeneß, der nach dem 1:0 (0:0) des Titelverteidigers am Dienstag in der Fußball-Champions-League bei Viktoria Pilsen lange und angeregt mit Guardiola beim Bankett diskutiert hatte.
Mandzukic war nach einer Stunde für Thomas Müller als echte Spitze eingewechselt worden und erzielte prompt mit dem Kopf das Siegtor. „Das ist, glaube ich, der große Unterschied zwischen unserem Spiel und dem vom FC Barcelona. Barcelona hat einen Plan A, der ist perfekt, aber einen Plan B haben sie weniger. Wenn wir einen Mann für die Bälle mit der Brechstange brauchen, dann haben wir den mit Mario Mandzukic. Ich möchte ihn nicht missen“, sagte Hoeneß.
Guardiola, der in seiner Zeit beim FC Barcelona oft ohne klassischen Stürmer spielen ließ, sei als Trainer „nicht stur“, sondern passe seine Vorstellungen den Gegebenheiten an, betonte Hoeneß. Er sei „längst ein Verfechter von Mario Mandzukic“ geworden.
Stolz zeigte sich Hoeneß über den Expresseinzug der Bayern ins Champions-League-Achtelfinale: „Wir können total zufrieden sein. Wir sind der einzige Club, der nach vier Spielen zwölf Punkte hat.“
Für die eher mäßige Vorstellung in Pilsen nahm er die Mannschaft in Schutz: „Du kannst nicht von den Jungs erwarten, dass sie acht oder neun Monate im Jahr Topleistungen bringen. Man muss auch mal so Spiele mit 80, 90 Prozent gewinnen können“, sagte der Präsident.
Rummenigge hält Rede nach Vorschrift
Im Gegensatz zu Hoeneß kam Karl-Heinz Rummenigge beim traditionellen Bayern-Bankett nicht so recht in Schwung. Die Rede des Vorstandsvorsitzenden hätte Vorstandskollege Matthias Sammer als „Dienst nach Vorschrift“ kritisieren können.
Rummenigge jedoch passte sich in der „Big Hall“ des recht schmucklosen Parkhotels in Pilsen nur der Gesamtsituation an, denn: Auch der FC Bayern hat schon schwungvoller gespielt als bei seinem mühseligen und unspektakulären Sieg beim tschechischen Meister. „Früher hätte man zu so einem Spiel wahrscheinlich Arbeitssieg gesagt“, sagte Rummenigge.
Es herrscht ein bisschen verkehrte Welt beim FC Bayern. Vierter Sieg im vierten Spiel in der Champions League, der Titelverteidiger steht vorzeitig im Achtelfinale, kämpft gegen das ebenfalls bereits qualifizierte Manchester City nur noch um den Gruppensieg.
Außerdem gibt es einen weiteren Rekord für die Münchner: neun Siege nacheinander in der europäischen Königsklasse, das ist bislang nur dem FC Barcelona gelungen – vor der Ära Guardiola. Zu all dem „möchte ich Mannschaft und Trainer herzlich gratulieren“, sagte Rummenigge.
Bayern wirken ein wenig besorgt
Richtig freuen mochte sich über die ganzen Rekorde, zu denen am Sonnabend womöglich die neue Bestmarke von 37 Bundesliga-Spielen ohne Niederlage kommt, aber niemand beim FC Bayern.
Eher wirkten sie alle ein wenig besorgt. Denn das Spiel in Pilsen, das war weit, weit weg vom Glanz der berauschenden Spiele gegen Manchester City oder Bayer Leverkusen. „Das war“, sagte Rummenigge, „normalerweise kein Spiel für die Geschichtsbücher der Champions League“, auch wenn er nachschob, dass es das wegen jener Bestmarke, die am Dienstagabend erreicht wurde, „dann trotzdem war“.
Auch wenn Hoeneß „total zufrieden“ war – glücklich sahen die Münchner eben nicht aus. Vielmehr sind sie ein bisschen verstört, weil sie sich schwer tun, Leistungen wie jene gegen Manchester City konstant abzurufen. Das aber, versichert Guardiola, sei doch normal.
„In meinem ersten Jahr in Barcelona war es auch immer ein Auf und Ab“, berichtete er, Konstanz aber brauche Zeit, und er sei ja erst seit vier Monaten in München. Sportvorstand Sammer sieht dies ähnlich. „Wir befinden uns“, betonte er, „noch in einem Entwicklungsprozess.“ Und ja, „so ein Prozess ist nicht immer von totaler Stabilität begleitet“.
Selbst am Büffet nur Hausmannskost
Thomas Müller sagte nach dem Spiel in Pilsen treffend: „Uns hat die Leichtigkeit gefehlt.“ Das mag dann vielleicht auch am Ambiente gelegen haben: Das Hotel in einer hässlichen Wohngegend wirkte sehr bieder, das Wetter war trostlos, das kleine Stadion sah so gar nicht nach Champions League aus – und selbst das Büffet nach dem Spiel bot im Vergleich zu anderen Dienstreisen Hausmannskost.
Und dann war da auch noch das 5:0 im Hinspiel, in dem Pilsen keinen einzigen Torschuss abgab. „Wenn man das erste Spiel 5:0 gewinnt“, sagte Kapitän Philipp Lahm, „glaubt man ein bisschen, dass es von alleine geht.“
Guardiola wird das alles sehr wohl registriert haben. Doch zum jetzigen Zeitpunkt der Saison, betonte er, sei er zufrieden. Von der fehlenden Konstanz abgesehen: Das Achtelfinale der Champions League sei erreicht, der FC Bayern werde „zur Winterpause in der Bundesliga Erster oder Zweiter sein“ – und das trotz der „vielen Probleme“ mit verletzten Spielern.
Auch Sportvorstand Sammer, der ewige Mahner, sieht keinen Grund zu großer Schelte. „Die Ergebnisse sind top, über die Art und Weise kann man reden.“ Aber zu viel Kritik sei nun auch nicht angebracht: „Man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen.“ Und Hoeneß fügte bei kicker.de an: „Wir müssen aufhören, uns von außen immer unter Druck setzen zu lassen.“