Nach dem 0:1 gegen Serbien kommt es zum Endspiel gegen Ghana. Der Nationalmannschaft droht das erste Ausscheiden in der Gruppenphase.
Port Elisabeth. Die 0:1-Niederlage gegen Serbien stand gerade einmal zwei Minuten fest. Mit wild fuchtelnden Armen hatte sich Joachim Löw, der das ganze Spiel so emotional wie wohl noch nie an der Seitenlinie gecoacht und einmal sogar eine Wasserflasche auf den Boden geschleudert hatte, in Richtung Kabine verabschiedet. Da suchte DFB-Präsident Theo Zwanziger, im Schlepptau mit Generalsekretär Wolfgang Niersbach und Liga-Präsident Reinhard Rauball, die Nähe zur Mannschaft. Mitten in die niedergeschlagene Stimmungrichtete Zwanziger ein paar kurze Worte an die enttäuschten Nationalspieler: "Ihr dürft jetzt fünf Minuten traurig sein, aber jetzt geht es erst richtig los. Wir hatten 2008 bei der EM die gleiche Konstellation und standen am Ende im Finale." Die Parallele bot sich auf den ersten Blick wirklich an: Damals verlor die deutsche Mannschaft ebenfalls ihr zweites Gruppenspiel gegen ein Team vom Balkan (1:2 gegen Kroatien) und musste gegen Österreich gewinnen - was mit 1:0 auch gelang. Dieses Mal lautet am Mittwoch in Johannesburg (20.30 Uhr) der Endspielgegner um den Einzug in die K.-o.-Runde Ghana, das am Sonnabend erst noch auf Australien trifft. Nur mit einem Sieg ist das Weiterkommen wohl garantiert, obwohl mit Deutschland, Serbien und Ghana theoretisch drei Teams die Gruppe D mit sechs Punkten abschließen könnten. Doch zunächst zählt die Tordifferenz. Und da hält die Nationalmannschaft den Trumpf der vier Tore aus dem Australien-Spiel in den Händen.
Klose und Podolski wurden rasch von Helden zu Deppen
Doch die Euphoriewelle ist erst mal gestoppt, die WM in Südafrika entwickelt sich zum "Cup der Angst", weil das erstmalige Ausscheiden einer deutschen Mannschaft in der Gruppenphase droht. Nachdem sich die DFB-Auswahl nach der glänzenden Partie gegen Australien schon im WM-Paradies wähnte, wurde sie aus selbigem nur fünf Tage später unsanft vertrieben. Wie schnelllebig der Fußball ist, zeigte sich besonders an Miroslav Klose und Lukas Podolski. Gegen Australien noch gefeierte Torschützen, gingen sie gestern als tragische Figuren in die Geschichte ein. Klose musste mit Gelb-Rot schon nach 37 Minuten vom Platz, nur eine Minute später fiel das 0:1. Podolski vergab in Unterzahl mit seinem nicht verwandelten Handelfmeter den Ausgleich. Logisch, dass diese beiden Spielszenen zusammen mit der unfassbaren Gelb-Sucht des spanischen Schiedsrichters Alberto Undiano heftig diskutiert wurden.
Doch schon vor der Hinausstellung Kloses lief im deutschen Spiel bei Weitem nicht so viel zusammen, wie es sich Bundestrainer Joachim Löw vorgestellt hatte. Von der Leichtigkeit, die das Team gegen die schwachen Australier gezeigt hatte, war in der ersten Halbzeit wenig zu sehen, weil die Serben im 4-1-4-1-System dem deutschen Sturm und Drang so gut wie keinen Raum zur Entfaltung boten. Weil sich beide Teams heftige Positionskämpfe lieferten, fehlte es dem Spiel an Tempo.
Die Defensive um Mertesacker, Friedrich und Badstuber fiel durch
Schon früh deutete sich an, dass die linke Seite an diesem Tag die Problemzone sein würde. Holger Badstuber, der sich als Innenverteidiger sieht, wurde von Milos Krasic mehr als einmal vorgeführt und entpuppte sich als größte Schwachstelle. Kein Zufall, dass das Tor nach einem Stellungsfehler des Bayern-Profis über dessen Seite eingeleitet wurde. Weil in der Mitte weder Per Mertesacker noch Arne Friedrich retten konnten, muss konstatiert werden, dass die Defensive bei ihrer ersten Prüfung durchgefallen ist.
Im Grunde hätte Joachim Löw seinen Jung-Nationalspieler Badstuber zur Pause auswechseln müssen - zum Beispiel gegen Jerome Boateng oder Marcell Jansen -, doch der Bundestrainer wollte sich nicht die Chance verbauen, seine offensiven Joker Cacau, Marin und Gomez bringen zu können. Eine Rechnung, die jedoch nicht aufging. Alle drei Einwechselspieler blieben blass.
Natürlich, diese junge deutsche Mannschaft zeigte nach dem Platzverweis eine positive Reaktion und stemmte sich vehement gegen die Niederlage. "Die Spieler haben gut reagiert, sich Chancen herausgearbeitet", lobt Manager Oliver Bierhoff. "Nur die Tore haben gefehlt." Zu der Wahrheit dieses Spiels gehört aber auch, dass die Serben noch Pfosten und Latte trafen und die Niederlage noch empfindlicher hätte ausfallen können.
Löw muss sich überlegen, wie stark er für das Ghana-Spiel umbaut. Als Ersatz für Klose dürfte er Cacau nominieren. Ob Badstuber erneut sein Vertrauen genießt, ist fraglich. Womöglich erinnert sich der Bundestrainer ja an das Kroatien-Spiel, obwohl er keine Vergleiche anstellen wollte: "Diesmal haben wir viel besser gespielt als damals." Aber zumindest an eine Sache sollte er sich erinnern: Vor zwei Jahren beorderte er zur Halbzeit gegen Kroatien mit Marcell Jansen seinen linken Verteidiger auf die Bank und stellte die Abwehr auch im nächsten Spiel um ...
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, Badstuber (77. Gomez) - Schweinsteiger, Khedira - Müller (70. Marin), Özil (70. Cacau), Podolski - Klose.
Serbien: Stojkovic - Ivanovic, Vidic, Subotic, Kolarov - Kuzmanovic (75. Petrovic) - Krasic, Ninkovic (70. Kacar), Stankovic, Jovanovic (79. Lazovic) - Zigic. Tor: 0:1 Jovanovic (38.). Zuschauer: 42 000. Schiedsrichter: Alberto Undiano (Spanien). Gelb: Schweinsteiger, Lahm, Khedira - Kolarov, Vidic, Subotic, Ivanovic. Gelb-Rot: Klose (37.). Bes. Vorkommnis: Stojkovic hält Handelfmeter von Podolski (60.)