Ein Kommentar von Alexander Laux
Bis vier Stunden vor dem Ende der Nominierungsfrist ließ sich Joachim Löw Zeit. Es war eine äußerst knappe Entscheidung zwischen dem Hoffenheimer Andreas Beck und dem Leverkusener Stefan Kießling, der bis zum Abend ebenfalls als Streichkandidat galt, schließlich hat der Bundestrainer im Angriff ein Überangebot.
Die Entscheidung gegen Beck spricht dafür, dass er Philipp Lahm in erster Linie auf der rechten Abwehrseite einzusetzen gedenkt, was schlecht ist für HSV-Profi Jerome Boateng, der nun voraussichtlich nur der Ersatz für den DFB-Kapitän sein wird.
Letztlich bleibt die Beck-Personalie aber nur eine kleine Episode angesichts der Entscheidungen, die Löw bald noch treffen muss - davon viele kurzfristig. Wohl noch nie in der glorreichen deutschen WM-Geschichte geht ein Trainer mit so vielen Fragezeichen und Unwägbarkeiten in ein Turnier. Um den maximal möglichen Erfolg zu erreichen, muss er täglich wie ein Seismograf die Erschütterungen seiner Mannschaft aufnehmen, interpretieren und Entscheidungen treffen. Die elf Spieler, die am 13. Juni gegen Australien antreten dürfen, sind nur in Besitz einer Kurzzeit-Einsatzgarantie.
Nicht nur die Spieler stehen deshalb unter Erfolgsdruck, sondern besonders auch Löw. Er kann sein Team nicht wie einige Vorgänger einfach spielen lassen, er muss als "mitspielender Coach" permanent eingreifen. Seine schwierigsten Prüfungen stehen ihm deshalb erst noch bevor.