Ex-Nationalspieler Thomas Helmer, 45, Europameister 1996, arbeitet jetzt als Moderator für Sport 1.
1. Hamburger Abendblatt:
Mit Dennis Aogo, Piotr Trochowski, Marcell Jansen und Jerome Boateng hat Bundestrainer Joachim Löw vier HSV-Profis für den vorläufigen WM-Kader nominiert. Hat Sie das überrascht?
Thomas Helmer:
Nein. Mit Boateng war ohnehin zu rechnen. Trochowski gehörte zwar unter dem ehemaligen HSV-Trainer Bruno Labbadia nicht zum Stamm, hat seine Klasse aber schon in der Nationalmannschaft bewiesen. Jansen quält sich für sein Comeback nach seiner Verletzung; er hat gute Chancen, rechtzeitig fit zu werden. Aogo hat mir imponiert, zumal er auf verschiedenen Positionen einsetzbar ist.
2. Vier der nominierten 27 Spieler muss Löw bis zum 1. Juni wieder streichen. Drückt dies nicht die Stimmung in der Vorbereitung?
Diese Entscheidung ist extrem schwierig - für Löw wie für jeden betroffenen Spieler. Es ist dennoch richtig, dass 27 Spieler nominiert wurden. Niemand kann wissen, ob Marcell Jansen es wirklich schafft. Zudem sind Verletzungen im Saison-Endspurt noch möglich.
3. Wieso zählen Klose und Podolski zum Kader? Beide haben in ihren Klubs enttäuscht.
Auch schon zu meiner aktiven Zeit gab es einen Bonus für Stammspieler der Nationalmannschaft vor großen Turnieren. Das ist auch in Ordnung. Dennoch darf das Leistungsprinzip nicht außer Acht gelassen werden. Podolski steht extrem auf dem Prüfstand. Er hat sich nicht weiterentwickelt. Im Gegensatz zu Bastian Schweinsteiger, der eine überragende Saison spielt.
4. Wer wird die neue Nummer eins im Tor nach der Verletzung von René Adler?
Eigentlich gilt Manuel Neuer jetzt als gesetzt. Aber auch Hans-Jörg Butt hat Chancen. Er spielt eine starke Saison beim FC Bayern. Es ist möglich, dass er mit drei gewonnenen Titeln - Meisterschaft, DFB-Pokal-Sieg, Champions-League-Sieg - zur Nationalmannschaft stoßen wird. Das gibt Rückenwind. Zudem wird es einen starken Bayern-Block im Team geben. Entsprechend eingespielt wäre das Team mit Butt.
5 Was ist Löws größtes Problem?
Es ist noch kein Gerüst im Team erkennbar. Als wir 1996 Europameister wurden, waren fast alle wichtigen Positionen verteilt. Dieses Gerüst in der Vorbereitung zu finden wird Löws größte Herausforderung.