Die Konstanz ist weg, der Speed ist weg - und der dritte WM-Titel nacheinander für Sebastian Vettel und Red Bull aller Voraussicht nach auch. Spitzenreiter Fernando Alonso und Ferrari sind derzeit eine Klasse besser.
Monza. Wann denn der Ärger verfliegen werde, wurde ein zerknirschter Sebastian Vettel nach seinem vorzeitigen Aus beim Großen Preis von Italien gefragt. „Schon vorbei“, antwortete der Weltmeister knapp - seine Miene verriet etwas anderes. Das Rennen in Monza sollte der nächste Schritt werden bei der Jagd auf WM-Spitzenreiter Fernando Alonso im Ferrari. Stattdessen ging für Red Bull alles schief, was schiefgehen konnte. Auf der Strecke deutlich geschlagen von Ferrari und McLaren, von den Rennkommissaren hart bestraft und letztendlich von der eigenen Technik besiegt.
Für Vettel ernüchternd und ein herber Rückschlag im Kampf um den dritten WM-Titel, der nach Monza in weite Ferne rückt. „Es geht ja weiter, wir glauben weiter dran“, sagt der Hesse zwar. Doch 39 Punkte Rückstand (140:179) auf Alonso, der fulminant von Startplatz zehn auf Rang drei fuhr, sind eine große Hypothek. Gerade angesichts der konstanten Stärke, die der Spanier und sein Auto demonstrieren. Zudem verlor Vettel die Rolle des ersten Verfolgers an Lewis Hamilton (142 Punkte). Der Brite holte den dritten Sieg in Folge für die momentan extrem schnellen McLaren.
Dass der Hochgeschwindigkeits-Kurs in Monza mit seinen langen Geraden nicht das ideale Pflaster für Vettels RB8 ist, das war vorher klar. Doch das Rennen offenbarte ein weiteres großes Problem. „Aufgrund der fehlenden Zuverlässigkeit“, sagt Vettel, „ist es uns nicht gelungen, wenigstens ein paar Punkte zu holen.“ Schon wegen der Durchfahrtstrafe für eine Aktion gegen Alonso zurückgeworfen, scheiterte Vettel beim Versuch der Schadensbegrenzung fünf Runden vor Schluss an der streikenden Lichtmaschine.
Besonders ärgerlich, zumal es nicht das erste Mal war: Schon im freien Training am Samstag hatte derselbe Defekt die Elektronik lahmgelegt, beim Großen Preis von Europa in Valencia hatte die Lichtmaschine Vettel den sicheren Sieg gekostet. „Dass der Red Bull auf einmal Lichtmaschinen frisst, ist bemerkenswert“, sagt RTL-Experte Christian Danner dem SID: „In Spanien wurde das ja noch unter der Kategorie 'Pech gehabt' abgehakt. Aber jetzt gleich zweimal an einem Wochenende, das muss man wirklich abstellen.“
Gerade im Duell mit Alonso scheinen solche Fehler unverzeihlich. Der momentan wohl beste Pilot im Feld sitzt in einem Auto, das ihn nie im Stich lässt. Nur einmal beendete Alonso mit seinem F2012 in der laufenden Saison ein Rennen nicht: In Spa bedeutete der Massencrash in der ersten Kurve das unverschuldete Aus.
Auf Topspeed-Strecken, das wurde zudem wieder klar, ist der Red Bull zurzeit kein Weltmeister-Auto. Für Danner das zweite Problem des Weltmeisterteams - exemplarisch erklärt am Zweitplatzierten von Monza: „Wenn ein Sergio Perez es in einem Sauber schafft, Kreise um Alonso zu fahren, dann muss Red Bull das auch mal wieder auf die Strecke zaubern“, sagt der frühere Formel-1-Pilot: „Da muss man keine Wunderdinge erwarten, sondern einfach ein konkurrenzfähiges Auto.“
Hoffnung, so Danner, kann Red Bull aus dem verbleibenden Rennkalender schöpfen. Nach dem letzten Europa-Grand-Prix warten Kurse, die Vettels Auto besser liegen sollten. „Auf den kommenden Strecken gibt es nicht so viele lange Geraden“, sagt Vettel: „Da können wir hoffentlich wieder angreifen.“ Am 23. September geht es zunächst in Singapur weiter, danach stehen die Rennen in Japan, Südkorea, Indien, Abu Dhabi und den USA auf dem Programm. Zum Abschluss wartet Brasilien.