Hamburg. Jedes Jahr honoriert die DFL die Nachwuchsausbildung. Dieses Jahr profitieren sieben Hamburger Fußballclubs für Njinmah, Rothe und Co.
Aurel Wagbe wird den 25. August 2023 wahrscheinlich niemals vergessen. Der damals 19 Jahre alte Spieler von Holstein Kiel feierte an jenem Freitagabend in der Schalker Veltins-Arena vor über 60.000 Zuschauern sein Profidebüt in der Zweiten Liga. Eine Minute stand Wagbe auf dem Platz – es ist bis heute seine einzige im Profibereich. Aktuell kommt er ausschließlich in der zweiten Mannschaft der Kieler in der Regionalliga Nord zum Einsatz und ist dort Stammspieler.
So viel Geld zahlt die DFL den Clubs
Die eine Minute hat aber gereicht, um bei drei Hamburger Amateurvereinen für einen warmen Geldregen zu sorgen. Denn Wagbe, der in Reinbek geboren wurde, spielte in seiner Jugend beim USC Paloma, dem SC Eilbek und beim SC Vorwärts-Wacker Billstedt. Und die Deutsche Fußball Liga (DFL) belohnt die Ausbildungsvereine der Profis jedes Jahr im Rahmen ihrer Ausbildungshonorierung.
Diese sieht vor, dass Vereine, die Debütanten in der Bundesliga und Zweiten Liga ab der Saison ihres sechsten bis zur Spielzeit ihres elften Geburtstages ausgebildet haben, 4200 Euro für eine gesamte Saison erhalten. Für die Ausbildung in der Spielzeit seines 12. bis zur Saison seines 21. Geburtstags erhalten die Clubs 5400 Euro pro Jahr. Diese Summe wird künftig um jeweils 25 Prozent steigen.
Fußball: 23.000 Euro für eine Minute
Nach Billstedt und zum USC Paloma, wo Wagbe jeweils eine Saison gespielt hat, fließen so je 5400 Euro. Beim SC Eilbek kickte Wagbe von Mai 2012 bis Juni 2015. Der Verein darf sich also über 12.600 Euro freuen. Die eine Minute Spielzeit auf Schalke entpuppte sich im Nachhinein also als äußert wertvoll.
„Er kam als Kind zu uns und hat hier die ersten Schritte gemacht“, erinnert sich Christian Aschik, Vorstandsvorsitzender beim SC Eilbek, der mit dem ehemaligen St.-Pauli-Spieler Florian Mohr erst einmal einen Profi ausgebildet hat. „Wenn die Arbeit entsprechend honoriert wird, freut uns das als kleiner Stadtteilverein.“ Das Geld komme der Jugendarbeit zugute.
Union-Profi Rothe kickte im Sommer in Hamburg
Eingewechselt wurde Wagbe damals für Tom Rothe, der beim 2:0-Sieg der Kieler beide Treffer vorbereitete, inzwischen beim 1. FC Union Berlin spielt und einen Marktwert von acht Millionen Euro hat. Auch Rothe hat eine Hamburger Vergangenheit. Von 2016 bis 2018 spielte der Blondschopf beim SC Nienstedten. Gemäß den aktuellen DFL-Statuten fließen dafür 8400 Euro zum Verein aus der Landesliga Hammonia.
„Er war diesen Sommer auf Heimatbesuch und stand bei uns auf dem Trainingsgelände“, erzählt Philipp Obloch, Trainer der Nienstedtener, „als wir dann ein Testspiel mit mit der zweiten gegen die erste Mannschaft gemacht haben, hat er mit seinen Kumpels von früher bei der zweiten mitgespielt.“
Njinmah sorgt für 45.000 Euro in Hamburg
Der in Rendsburg geborene Rothe wechselte 2018 von Nienstedten in die Nachwuchsabteilung des FC St. Pauli, wo er drei Jahre blieb und anschließend zu Borussia Dortmund ging. Als BVB-Leihgabe stieg er vergangene Saison mit Holstein Kiel in die Bundesliga auf.
Ebenfalls eine kurze Kieler Vergangenheit hat Justin Njinmah. Ein Jahr spielte der Hamburger an der Förde, bevor es für ihn in zur zweiten Mannschaft von Werder Bremen ging. Dort feierte er in der vergangenen Saison sein Profidebüt, als er beim 4:0-Sieg der Bremer gegen Mainz 05 in der 76. Minute eingewechselt wurde und anschließend noch ein Tor erzielte und ein weiteres vorbereitete.
ETV kassiert in Hamburg am meisten
Ausgebildet wurde Njinmah viele Jahre beim Eimsbütteler TV und bei Altona 93. Der ETV kassierte dafür nun 30.000 Euro, Altona rund die Hälfte. „Das ist ein perfektes Beispiel für unser Konzept“, sagt ETV-Nachwuchskoordinator Jasper Hölscher. „Die jahrelange Arbeit, die wir in die Ausbildung der Spieler gesteckt haben, wird dadurch honoriert.“
In puncto Ausbildungshonorierung ist der ETV, mit rund 20.000 Mitgliedern der größte Breitensportverein der Stadt, ein Großverdiener. Auch für die Ausbildung von Nicolas Oliveira, der vergangene Saison für den HSV debütierte, erhielt der ETV rund 30.000 Euro. Und im kommenden Jahr darf sich der Verein auf Zahlungen für Otto Stange (HSV) und Max Marie (Eintracht Braunschweig) freuen, die in dieser Saison zu Profis geworden sind.
ETV-Nachwuchsarbeit in Abendblatt-Doku
Der ETV schnupperte in der vergangenen Saison selbst am Profibereich, als man mit wenig Geld und jungen Spielern ein Jahr in der Regionalliga Nord in vielen Spielen gut mithalten konnte, aber am Ende dennoch abstieg. Die Saison hat das Abendblatt mit der Kamera begleitet und aus dem Material die siebenteilige Streaming-Doku „Wolfsrudel – Eimsbüttel in der Regionalliga“ produziert.
Auch in der Doku spielt die Nachwuchsarbeit des ETV eine große Rolle. Die bezieht sich aber nicht nur auf die Spieler, wie Hölscher betont: „Mit dem Geld, das wir für Njinmah und Oliveira bekommen haben, finanzieren wir in diesem Jahr die Lizenzen unserer Nachwuchstrainer.“ Die „typische ETV-Lizenz“ sei die B+-Weiterbildung, die rund 3000 Euro kostet. „Mit dem Geld können wir jetzt 20 Trainerinnen und Trainern die Lizenz bezahlen“, sagt Hölscher.
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Über exakt 19.952,87 Euro durfte sich vor wenigen Wochen auch der Wandsbeker Turn- und Sportverein Concordia für die jahrelange Ausbildung von Ex-HSV-Spieler Elijah Krahn, inzwischen in der Dritten Liga beim 1. FC Saarbrücken aktiv, freuen. Damit haben die sieben Hamburger Vereine in diesem Jahr insgesamt rund 125.000 Euro von der DFL erhalten. Aurel Wagbe wird unterdessen daran arbeiten, dass zu seiner ersten Minute als Profispieler noch viele weitere dazukommen.