Hamburg. Die Volleyball Bundesliga sieht in der Lizenzierung von Datenscouts kein Problem. Thomas Melchior hält dagegen und erstattet Anzeige.

Die Volleyball Bundesliga (VBL) hat ihr Geschäftsmodell bezüglich der Zulassung von Datenscouts in den Hallen bei Partien der 1. und 2. Bundesliga bei den Frauen und Männern verteidigt. „Der Vorwurf der Beihilfe zu illegalem Glücksspiel ist völlig abwegig, und die VBL weist diesen in aller Entschiedenheit zurück“, sagte VBL-Geschäftsführer Daniel Sattler. 

Genius Sports ermöglicht Live-Wetten

Am 18. Oktober hatte das Abendblatt über den Vertrag der VBL mit dem Unternehmen Genius Sports berichtet. Genius Sports schickt aufgrund dieses Vertrages von der VBL lizenzierte Datenscouts zu den Partien der Frauen und Männer in den beiden höchsten Volleyball-Ligen. Diese erfassen die Geschehnisse in Echtzeit und verkaufen die Daten auch an von ihnen sublizenzierte internationale Wettanbieter weiter. Auf diesem Wege werden Live-Wetten auf die Spiele möglich.

Dass solche Live-Wetten möglich sind, sei der VBL bewusst, sagt Sattler. Nur: Er sieht darin kein Problem, sondern einen Beitrag zur Lösung durch Regulierung. „Genius Sports darf die Spieldaten und Streamingsignale nur an lizenzierte Wettanbieter in lizenzierten Wettmärkten weitergeben“, erklärt er. Außerdem habe ein Screening der Volleyballpartien in den vergangenen fünf Jahren in der VBL keine Auffälligkeiten bei den Partien ergeben.

Geschäftsführer: „Volleyball Bundesliga“ nicht anfällig

Durchgeführt wurde dieses Screening ebenfalls von Genius. Auch dies ist für Sattler unproblematisch. „Die Wettanbieter haben ja ein Interesse daran, dass es nicht zu Spielmanipulationen kommt. Wir vertrauen hier der Expertise von Genius“, so Sattler. Aufgrund des Screenings von Genius bewertet Sattler die Partien der VBL als „nicht anfällig“ für Spielmanipulationen. Die VBL arbeite aber am Angebot einer präventiven Schulung für die Spielerinnen und Spieler bezüglich ihres Verhaltens, wenn sie Angebote zu Spielmanipulationen erhalten würden.

Der Vertrag der VBL mit Genius laufe seit der Saison 2021/22 und sei in diesem Umfang noch gültig bis zur Spielzeit 2029/30. Über die Höhe der Zahlungen von Genius an die VBL wollte Sattler keine Angaben machen. Über den Vertrag und die Inhalte des Vertrages seien die Vereine jedoch vollumfänglich informiert worden. Diesen zu kündigen stehe nicht zur Debatte.

„Kein juristischer Verstoß der VBL“

„Sollte es dennoch zu Verstößen von Wettanbietern im Wettmarkt kommen“, so Sattler, „so ist es das gemeinsame Verständnis der VBL und von Genius, dass dagegen vorgegangen werden sollte. In erster Linie ist das natürlich eine Sache der Staatsanwaltschaften und der Gerichte. Ich betone aber noch einmal, dass die VBL keinen juristischen Verstoß begangen hat.“

Die Debatte um die Live-Wetten auf die Partien der VBL, die auf eine Zulassung von Wetten auf ihre Spiele bei der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) hofft und innerhalb der nächsten 14 Tagen laut eigenen Angaben mit einer Zusage der GGL rechnet, wird Sattler allerdings so schnell nicht loswerden.

Eimsbütteler TV ist gegen die Live-Wetten

Der Eimsbütteler TV, dessen Frauen und Männer in der 2. Bundesliga spielen und dafür kein Geld erhalten, hat sich bereits kritisch zu den möglichen Live-Wetten auf die Partien seiner Teams geäußert. „Für unsere Spielerinnen und Spieler lege ich die Hand ins Feuer. Die machen nicht für ein paar Kröten irgendwelche dummen Sachen im Spiel. Aber ich sehe diese Live-Wetten trotzdem kritisch, da ja auch die Gefahr der Spielsucht für die Wettenden besteht“, erklärte kürzliche ETV-Volleyball-Koordinator Ulrich Kahl.

Zudem hat der frühere spielsüchtige Thomas Melchior, als Kämpfer gegen die Datenscouts und die Live-Wetten bundesweit bekannt, mittlerweile die Polizei über seine Erkenntnisse bezüglich des Vorgehens der VBL und von Genius Sports informiert – und Anzeige sowohl gegen die Datenscouts als auch gegenüber Daniel Sattler als Geschäftsführer der Volleyball Bundesliga GmbH erstattet.

Thomas Melchior erstattet Anzeige gegen VBL und Datenscouts

„Was hier passiert, sind ganz klar Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag. Auf Volleyballspiele darf in Deutschland nicht gewettet werden. Durch die Lizenzierung der Datenscouts passiert dies aber“, sagt Melchior.

„Man kann sich auf diversen Wettseiten aus Deutschland heraus anmelden und unerlaubterweise auf die VBL-Partien wetten. Sogar mit Kryptowährung, bei der kein Wettradar anschlägt und die oft für kriminellen Zahlungsverkehr genutzt wird. Ebenfalls nicht zulässig ist, dass auf jeden einzelnen Punkt gewettet werden kann. Deshalb erhebe ich den Vorwurf der Beihilfe zu illegalem Glücksspiel sowohl gegenüber der VBL als auch gegenüber den Datenscouts, die im Auftrag von Genius Sports tätig sind.“

Genius schweigt zu Anfrage des Abendblatts

Eine Anfrage des Abendblatts, wie Genius Sports die Einhaltung des Glücksspielstaatsvertrags durch die Wettanbieter sicherstellt, denen das Unternehmen die Live-Daten für Live-Wetten zur Verfügung stellt, hatte Genius erst kürzlich unkommentiert gelassen.

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Melchior abschließend: „Mich schockiert das mangelnde Problembewusstsein der VBL. Genius schafft mit von der VBL lizenzierten Datenscouts zuerst die Gefahr der Spielmanipulationen durch die Ermöglichung von Live-Wetten – und will dann die Wettmärkte für die VBL kontrollieren. Hier liegt ein klarer Interessenkonflikt vor. Und über die Aussage, Volleyball sei nicht anfällig für Spielmanipulationen, kann ich wirklich nur lachen.“