Hamburg. Wahlhamburgerin Natalie Zimmermann hält den Panikrocker fit – und will mit 42 vor Tausenden Fans kämpfen. WM-Kampf Ende September.

Wenn jemand zum (familiären) Umfeld eines prominenten Menschen gehört, heißt es oft: „Das ist die Frau des Profifußballers XY“ oder auch „das ist der Cousin des Rocksängers ...“. Bei Natalie Zimmermann ist man schnell bei Udo Lindenberg. Seit etlichen Jahren macht sie den Panikrocker als Personal Trainerin vor den extrem kräfteraubenden Konzerten fit. Dabei ist die in Neustadt (Ostholstein) geborene Wahlhamburgerin viel mehr als „nur“ der Fitnesscoach des berühmten 78-Jährigen. Obwohl sie sich in vielen Punkten sehr ähneln. Aber dazu später.

In ein paar Tagen feiert Zimmermann ihren 42. Geburtstag. In Hamburg betreibt sie an der Rothenbaumchaussee das Studio Body Mind, genauer: eine Physiotherapiepraxis und Personal Training mit mehreren (freiberuflichen) Trainern und Betreuern. Dort soll Menschen jedes Alters geholfen werden, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu verbessern, so die Eigenbeschreibung.

Natalie Zimmermann sorgt sich seit acht Jahren um die Fitness von Udo Lindenberg.
Natalie Zimmermann sorgt sich seit acht Jahren um die Fitness von Udo Lindenberg. © Tine Acke | Tine Acke

Das ist das eine Leben von Zimmermann. Ihr zweites besteht aus Boxen, professionellem Boxen. Vor gut einem Jahr gewann sie einen WM-Titel im Superleichtgewicht, am 27. September verteidigt sie nun im spanischen Valencia gegen die Tschechin Katerina Dvorakova im Leichtgewicht (bis 61 kg) die Weltmeisterschaftskrone des Verbands WIBF und kämpft gleichzeitig um einen Interkontinental-Titel. Zu gern hätte sie in Hamburg geboxt, dies war jedoch nicht realisierbar. Doch dieser Kampf ist für sie nur ein Etappenziel auf dem Weg zum erträumten großen Finale.

Zimmermanns Traum: Ein großer Kampf in den USA

„Meine Vision ist es, noch einmal im Ausland, zum Beispiel in England oder in den USA, in einem Hauptkampf anzutreten, vor vielen Tausend Zuschauern“, sagt sie. Deshalb wird sie versuchen, im kommenden Dreivierteljahr noch weitere Titel anderer Verbände zu erobern, um dann mit diesem einen, letzten großen Kampf abzutreten, mit fast 43.

Der sportliche Weg von Natalie Zimmermann ist äußerst ungewöhnlich. Erst mit 37 Jahren stieg sie vom Kickboxen, wo sie 2019 die Vize-Weltmeisterschaft feiern durfte, aufs Boxen um, unter Mithilfe des Sportmanagers Bernd Bönte. Derzeit kämpft sie sich alleine, ohne Promoter, durch die Boxwelt. „Ich komme aus einer selbstständigen Familie“, sagt sie, „mir liegt das, so fühle ich mich frei, kann mir die Zeit selbst einteilen.“ Eine Handvoll Sponsoren unterstützen sie, sodass sie sich einige Monate in Benidorm (Spanien) ausschließlich auf das Boxen konzentrieren konnte. Aber private Ereignisse (eine Schwester bekam Zwillinge) und Berufliches („mein Studio benötigt meine Energie“) ließen sie wieder zurück nach Hamburg ziehen.

Zimmermann über Udo: sehr diszipliniert, sehr ehrgeizig

In der Hansestadt lernte sie schon 2016 eher zufällig Udo Lindenberg kennen und schätzen. „Wir sind sehr ähnlich in dem Sinne, dass wir beide Bock auf Erfolg haben, etwas erreichen wollen“, sagt Zimmermann, „und müssen performen, auch wenn es uns körperlich oder mental einmal nicht so gut geht.“

Während der jahrelangen Zusammenarbeit ist auch eine Freundschaft entstanden. Was ihr an Lindenberg imponiert: „Er ist nicht nur sehr ehrgeizig, sondern lebt auch sehr diszipliniert.“ Wer im kommenden Jahr wieder drei Stunden auf der Bühne stehen will, braucht eben absolute Fitness trotz des fortgeschrittenen Alters, genau wie Zimmermann, die auf Boxerinnen trifft, die 15 Jahre jünger sind.

Boxerin will Vorbild sein für andere Frauen

„Ich lebe so ein bisschen nach dem Motto von Udo, stärker als die Zeit zu sein, sein Ding zu machen. Es ist nie zu spät, erfolgreich zu sein“, sagt Zimmermann, die sich auch darüber freut, wenn es ihr gelingt, andere Frauen um die 40 zu motivieren, sich neuen Projekten zuzuwenden, die Lust am Erfolg zu wecken, ob im Sport oder in anderen Bereichen des Lebens.

Natalie Zimmermann hingegen benötigt keine Motivatoren, sie brennt von innen. „Ich bin eben ein verrückter Mensch im positiven Sinne und stelle mich mit fast 42 noch in den Ring. Aber es ist eben so: Seit mehr als 20 Jahren bin ich Kämpferin, ich liebe es, mich dort zu messen, mich zu entwickeln. Es ist ja nicht nur der Wettbewerb, sondern betrifft auch Ernährung, Training, Taktik, Regeneration, eben viele Puzzleteile, die zusammenpassen müssen.“

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Zimmermann weiß: Um sich ihren sportlichen Traum zu erfüllen, darf sie sich keine einzige Niederlage erlauben. Deshalb ordnet sie alles diesem Ziel unter: „Das Boxen hat absolute Priorität. Danach kommt lange nichts, dann die Arbeit, dann die Familie mit den vier Schwestern und drei Halbgeschwistern, die alle an der Ostsee leben.“ Was nach der Profikarriere die Leidenschaft der Schäferstochter entfachen wird? Offen. Aber sie wird etwas finden. Ganz sicher. Zur Not auch ohne Udo. Und das dann voller Energie verfolgen.