Hamburg. Nach dem Abstieg aus der Regionalliga Nord nehmen die Eimsbütteler einen neuen Anlauf zum Aufstieg in die Regionalliga Nord.

Als Jasper Hölscher (26) am vergangenen Dienstagabend im Cinemaxx Dammtor vor der Vorstellung der neuen Abendblatt-Doku über den ETV („Wolfsrudel – Der ETV in der Regionalliga“) sagte, wie groß die Lust seines Teams auf einen Wiederaufstieg in die Regionalliga Nord sei, erntete der Innenverteidiger und Fußball-Abteilungsleiter von den 100 Premierengästen großen Applaus für seine Antwort. „Sehr groß. Wir sind als Mannschaft heute hier und alle Spieler, die hier im Saal sitzen, haben Bock darauf, wieder in die Regionalliga Nord aufzusteigen.“

Hölscher: „Cool zu wissen, dass wir noch was draufpacken können“

Bereits vor dem Kurzinterview im Kino hatte das Abendblatt Hölscher etwas ausgiebiger zu diesem Thema befragt. „Wir sind noch nicht am Limit. Aber oben mit dabei. Es ist ganz cool zu wissen, dass wir noch was draufpacken können“, hatte Hölscher dort gesagt – aber auch die Worte seines Trainers Can Schultz (28) vor Saisonbeginn bestätigt. „Mir ist beim Antritt der Aufgabe sofort mitgeteilt worden, dass der Wiederaufstieg keine Pflicht ist“, hatte der neue Coach klargestellt. Allerdings werde seine Mannschaft sehr enttäuscht von ihm sein, wenn er nicht „oben dabei sein“ als klares Ziel für diese Saison in der Oberliga Hamburg nach dem Abstieg aus der Regionalliga Nord ausgebe.

Aktuell ist der ETV zumindest in Reichweite der Spitze. Als Siebter mit zehn Punkten aus fünf Begegnungen und einem Nachholspiel gegen Tabellenschlusslicht HSV III in der Hinterhand. Um die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur Regionalliga Nord streitet sich der ETV mit dem aktuellen Spitzenreiter Altona 93 und dem Tabellendritten ETSV Hamburg.

Im Dreikampf um den Wiederaufstieg in die Regionalliga Nord ist der ETV Außenseiter

Realistisch betrachtet ist der ETV in diesem Triell der Außenseiter. Altona 93 hat seine Meistermannschaft clever verstärkt und marschiert bislang als eingespieltes Team durch die Liga. Der ETSV Hamburg hat für seine großen Ambitionen, die langfristig sogar auf die Teilnahme an der Dritten Liga zielen, einen immensen Umbruch im Team vorgenommen und dabei gutes Geld investiert.

Und der ETV? Bleibt seinem Weg treu. „Wir wollen der Verein sein, in dem junge Spieler, davon möglichst viele aus der eigenen Jugend, coolen und attraktiven Fußball spielen können. Sie sollen das EV-Gefühl und die ETV-Identität in sich tragen und wir freuen uns, wenn ihnen nach guten Leistungen bei uns der nächste Schritt in ihrer Karriere gelingt“, sagt Hölscher.

Trotz des Abstiegs in die Oberliga Hamburg diente der ETV jungen Spielern als Sprungbrett

Trotz des Abstiegs hat dies erneut geklappt. In diesem Sommer blieben mit Dominik Akyol, Abdul-Malik Yago, Noel Denis (alle FC Teutonia 05), Henok Tewolde (Eintracht Norderstedt), Niklas Bär (SV Drochtersen/Assel) und Henry Koeberer (Chemie Leipzig) sechs Spieler viertklassig und wechselten in eine Regionalliga. Dazu kamen die Auslandswechsel von Lennar Mierow (Fairfield States University in den USA) und Maximilian Baafi (U 21 des FC Twente in den Niederlanden) und vor allem der viel beachtete Sprung von Torjäger Maurice Boakye in die Dritte Liga zum VfB Stuttgart II.

Einmal mehr hat der ETV jungen Spielern als Sprungbrett dienen können. Deshalb sind auch die zehn Neuzugänge allesamt noch Fußballer in jungen Jahren. Fast. Zwei Ausnahmen gibt es. Überraschend verpflichtete der ETV Außenverteidiger Juri Marxen (29) vom Regionalligisten Eintracht Norderstedt und Samuel Hosseini (34) vom TSV Sasel zwei gestandene Akteure als Führungsspieler. Eine Blaupause für künftige Transfers dieses Kalibers ist dies aber nicht, sagt Hölscher. Die Wechsel seien einfach durch gute persönliche Kontakte zustande gekommen.

Hölscher: „Viele Jungs hier haben viele Jahre auf krass viel Geld verzichtet“

Sie kamen zudem auch deshalb zustande, weil Marxen und Hosseini keine Amateur-Altstars sind, die noch mal richtig Geld machen wollen auf ihrer vermutlich letzten Station als Fußballer. „Jeder Vertragsspieler erhält bei uns die vom DFB von 250 auf 350 Euro im Monat erhöhte Mindestvergütung. Für uns passt das gut, weil wir damit auch viele Spieler etwas belohnen können, die über Jahre auf krass viel Geld verzichtet haben, dass sie woanders hätten verdienen können“, sagt Hölscher.

Zur Mindestvergütung kommen ein paar Goodies wie die zum Beispiel die kostenlose Nutzung der ETV-Fitnessstudios. „Es gibt aber auch ein paar Abstufungen“, führt Hölscher weiter aus. „Ein U-19-Spieler, der frisch bei uns dazu kommt, erhält etwas weniger Geld. Es geht uns da auch um das Thema Demut. Ein junger Spieler im Herrenteam muss zunächst einmal durch Leistungen bildlich gesprochen etwas einzahlen.“

Der ETV-Etat ist mit 200.000 Euro für diese Saison fast genauso hoch wie in der Regionalliga

Aktuell gelingt dies Piet Scobel (19) in seinem allerdings schon zweiten Herrenjahr sehr gut. Der von Oberliga-Absteiger Union Tornesch gekommene Mittelstürmer netzte in fünf Partien fünfmal ein. Der Trainingsaufwand ist mit drei Einheiten und einer optionalen Einheit zusätzlich fast gleichgeblieben, der Etat von circa 200.000 Euro ebenfalls.

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Aber ob dieser ETV erneut die Klasse hat, in die Regionalliga Nord aufzusteigen, muss sich noch zeigen. „Wir haben auch in dieser Saison immer wieder schon unsere Klasse aufblitzen lassen“, sagt Hölscher. So rang das Team im Spitzenspiel nach zuvor drei Siegen in Folge auch der TuS Dassendorf daheim ein 0:0 ab. Zuletzt allerdings setzte es ein 1:2 in Halstenbek. Hölscher aber ist zuversichtlich: „Die Niederlage war zwar bitter, aber ich glaube an die Qualität, die in unserem Team steckt. Bringen wir die zur Entfaltung, können wir oben mitspielen. Ob die Saison ein Erfolg war, entscheidet aber nicht der Wiederaufstieg. Sondern ob wir aus unseren Möglichkeiten das Optimale gemacht haben, damit unsere Spieler noch bessere Fußballer geworden sind.“