Hamburg. Viele Sportarten sind durch Innovationen attraktiver geworden. Lange hatte der Marktführer dies nicht nötig. Jetzt gibt es Konkurrenz

Seit vier Tagen sind die Olympischen Spiele in Paris Geschichte, König Fußball übernimmt hierzulande wieder das alleinige Kommando, jetzt mit dem DFB-Pokal, eine Woche später mit der Bundesliga, in der diesmal auch Hamburg einmal wieder vertreten ist.

Endlich also steht wieder die Sportart im Mittelpunkt, mit der wir alle uns so überaus gut auskennen, bei der wir mitreden, Taktiken der Trainer kritisieren und Schiedsrichterentscheidungen voller Überzeugung missbilligen. Im Fußball, ja, da können wir eigentlich alles besser als die da unten auf dem Rasen – wenn man uns nur mal ranließe.

König Fußball ist populär, aber andere Sportarten sind attraktiver

Als wir neulich bei Olympia mitgefiebert haben, war das überwiegend noch etwas anders. Wie würde unsereins beim Hockey eigentlich einen Torschuss mit der „argentinische Rückhand“ abfeuern, ohne sich dabei den Arm zu brechen? Oder wer vermag es beim Hand- und Basketball schon, sicher zu erkennen, ob ein Spieler einen Schritt zu viel mit Ball in der Hand gemacht hat? Und wie sind noch einmal ganz genau die Regelverstöße beim Volleyball am Netz definiert?

Und doch sind wir von dem, was wir dort sahen, begeistert gewesen. So manches Spiel ist nicht nur subjektiv viel kurzweiliger und spektakulärer als unser ach so geliebter Fußball, bei dem die Verteilung der Tore oft nicht die Kräfteverhältnisse auf dem Platz wiedergibt.

Welche innovativen Regeln dem Fußball guttun könnten

Sollte der Fußball also Elemente anderer Teamsportarten übernehmen, um attraktiver zu werden und auch für junge Zielgruppen interessant zu bleiben? „Ein anderer Fußball ist möglich“, propagiert mit dem FC St. Pauli sogar ein Club, der sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen kann. Zugegeben: Diese Forderung zielt mehr auf einen ausgeglicheneren Wettbewerb im Profifußball als auf eine Regelrevolution.

Wie direkt auf dem Spielfeld ein anderer, interessanterer Fußball aussehen könnte, haben wir uns jetzt in unserer Sportredaktion gefragt. Antworten kamen schnell und in großer Zahl. Die meisten Vorschläge waren Anleihen aus dem Handball, Basketball, Hockey, aber auch Eishockey und Football.

Sollen statt Elfmeterschießen künftig Penaltys ein Spiel entscheiden

Die Ideen reichten von unbegrenzten Aus- und Wiedereinwechselungen, dem Stoppen der Spielzeit bei Unterbrechungen und Zeitstrafen über das Abschaffen von Abseits, die Möglichkeit für die Teams, eine Videoüberprüfung durchzusetzen, und die Forderung, die Schiedsrichter sollten am Bildschirm getroffene Entscheidungen öffentlich erklären, bis hin zur Ahndung eines Handspiels im Strafraum mit einem indirekten Freistoß statt eines Elfmeters.

Apropos Elfmeter – ist nicht ein Penalty, also ein Alleingang auf den Torwart, viel spannender? Im Gegensatz zu den meisten anderen Ballsportarten und abgesehen vom VAR hat der Fußball in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten auf revolutionäre Neuerungen, die der Kurzweiligkeit dienen, weitgehend verzichtet. Das konnte er sich angesichts seiner marktbeherrschenden Stellung ja auch leisten.

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Doch wird dies noch lange so bleiben? Einige Sport- und Medienwissenschaftler sagen dem klassischen Fußball einen Abwärtstrend vorher, vor allem bei der jüngeren Generation. Sie haben als potenten Konkurrenten die erst Anfang des Jahres von Lukas Podolski und Mats Hummels gegründete Baller League ausgemacht. Der Erfolg dieser Hallenfußball-Liga mit abgewandelten, zum Teil kurios erscheinenden Regeln hat sich auch bei Sponsoren herumgesprochen. So verlängerte gerade das Business-Portal Xing sein Engagement in der Baller League und verwies darauf, dass hier – im Gegensatz zur Bundesliga mit ihrem „traditionellen Fußball“ und den „etablierten Regeln“ – „ein innovatives Format für eine zeitgemäße Art des Fußballs“ entstanden ist.

Der klassische Fußball bekommt Konkurrenz durch die Baller League

Dass dabei ein virtuelles Glücksrad für die Schlussphase jeder Halbzeit eine neue Regel bestimmt, wie etwa die Vorgabe, dass Tore nur volley erzielt werden dürfen, treibt die Innovation auf die Spitze und wäre im „richtigen“ Fußball kaum durchsetzbar. Aber sich ein bisschen davon abschauen, was uns bei Olympia bei deren Sportarten so gut unterhalten und begeistert hat, sollte der Fußball im eigenen Interesse schon.

Übrigens: Bei unserer internen Umfrage sagte keiner, im Fußball solle bloß alles so bleiben, wie es ist.