Paris. Die Olympia-Gastgeber feiern in Paris ein Fest aus Gold, Silber und Bronze. Die Sportförderung in Frankreich bekam einen großen Schub.
Die Feier begann mit einem Tänzchen auf dem Rasen des Stade de France und endete mit einer bühnenreifen Show im Club France. „Wir arbeiten an der Kontrolle des Tempos, an der Koordination und Synchronisation“, erklärte Rugby-Star Antoine Dupont, mit Hasenohren verziert, die Inspiration zu der ausschweifenden Darbietung, „also haben wir eine Choreografie mit einer ehemaligen Tänzerin des Moulin Rouge einstudiert.“ Oh, là, là! Frankreich weiß zu feiern. Frankreich hat aber auch viel zu feiern bei diesen Olympischen Spielen in Paris.
Olympia: Nur die USA haben mehr Edelmetall gesammelt als Frankreich
Seitdem die Siebener-Rugby-Kerle am Auftaktwochenende den siegesgewohnten Fidschis die Goldmedaille vor der Nase wegschnappten, ist der blauweißrote Ausnahmezustand im Club France Normalität. In der Grande Halle de la Villette, an einem Park im Nordosten der Stadt gelegen, feiert sich die Grande Nation bei jedem neuen Olympiasieg in einen Rausch aus Medaillenbesoffenheit und Freudentränen. Nur die USA haben bisher insgesamt mehr Edelmetall einfahren, nur Team Stars & Stripes hat wie auch China häufiger ganz oben auf dem Siegerpodest gestanden. „Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass wir einen so beeindruckenden Start haben würden“, erklärt Fabien Canu, seit drei Jahren Generaldirektor des Institut national du sport, de l‘expertise et de la performance (Insep), der französischen Kaderschmiede. „Wir sind auf einem guten Weg, 50 bis 55 Medaillen zu holen.“ 18 davon sollen am Ende golden glänzen, um im Medaillenspiegel unter den Top Fünf der Welt zu rangieren.
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Der Olympia-Gastgeber ist seit jeher eine große Sportnation, holte in Tokio vor drei Jahren genau wie Deutschland zehnmal Gold. Die Zahl ist beinahe schon wieder erreicht, während die schwarzrotgoldenen Athleten nach sechs Wettkampftagen gerade mal zwei Olympiasiege gefeiert haben. Um den erwartbaren Aufschwung der Franzosen zu verstehen, muss man die Seine südöstlich hinabfahren ins zwölfte Arrondissement. Im Bois de Vicennes befindet sich das Herzstück des Sportinstituts Insep, Frankreichs Fabrik der Champions.
Berühmte Insep-Absolventen: Tony Parker, Marie-José Pérec und Tony Estanguet
Seit 1975 ist das Institut, das unter Aufsicht der Regierung steht, ein zentraler Akteur in der französischen Spitzensportpolitik und das führende nationale Trainingszentrum. Mit berühmten Absolventen. Basketball-NBA-Champion Tony Parker zum Beispiel. Die dreimalige Olympiasiegerin über 200 und 400 Meter, Marie-José Pérec. Judo-Legende Teddy Riner, der an diesem Freitag seinen vierten Olympiasieg anstrebt. Tony Estanguet, Chef des Organisationskomitees der aktuellen Spiele, mit Doppel-Gold als Wildwasserkanute.
Der Staat lässt es sich jährlich 38 Millionen Euro kosten, dass allein auf diesem 28 Hektar großen Campus bis zu 800 Spitzensportler in 28 olympischen und paralympischen Sportarten – von der Leichtathletik über jeglichen Wassersport hin zu Tennis, Judo und Fechten – trainieren können, dabei von 280 Bundestrainern und 300 festangestellten Mitarbeitern betreut werden. Die Trainingsakademie ist eine Stadt in der Stadt, hier haben Athleten alles, was sie über die Trainingsstätten hinaus benötigen: eine medizinisches Gesundheitszentrum, Labore für optimale wissenschaftlich fundierte Begleitung, Raum für Regeneration. Die Athleten lernen hier die Liebe zur Équipe Tricolore, für die sie nun die Ernte einfahren: Mehr als die Hälfte aller französischen Medaillen in Paris gingen an Insep-Athleten.
Olympia: So ist die Sportförderung in Deutschland
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Es ist kein Phänomen, dass Gastgeber Olympischer Spiele von Tag eins der Wettbewerbe an ein gehöriges Wörtchen mitreden um die Vergabe der Medaillen, Japaner (Tokio 2021) und Briten (2012 London) sind im Medaillenspiegel ebenfalls ganz vorne zu finden. „Es trägt ganz sicher Früchte, dass sie sich bereits mit der Olympia-Bewerbung und nicht erst mit dem -Zuschlag sehr intensiv um das Thema Erfolg und die notwendigen Grundlagen dafür gekümmert haben“, sagt Olaf Tabor, Chef de Mission des deutschen Teams in Paris. Förderung der Infrastruktur, der Spitzensportler, der Trainer. „Da sind sie sehr strategisch rangegangen – und haben offensichtlich viel richtig gemacht.“
In Frankreich, den Niederlanden oder Norwegen ist die Sportförderung zentralisiert, in Deutschland nicht. Macht sie das so erfolgreich? „Es gibt nicht den Königsweg“, so Tabor, „sonst hätten wir den schon kopiert und wären in allen Bereichen gleich erfolgreich.“ Das deutsche Sportförderkonzept wird laufend bearbeitet, die Bundesregierung lässt dem Sport laut Haushaltsentwurf 2025 49 Millionen Euro mehr, also 331 Millionen Euro insgesamt, zukommen. „Das heißt aber nur, dass wir mit dem weitermachen können, was wir bisher ermöglicht haben“, sagt Tabor. „Reiseaktivitäten, Unterkünfte, Lehrgangsmaßnahmen – alles ist viel teurer geworden.“
Trainingsbedingungen sind ein Ansporn, finanzielle Absicherung während der Karriere und Prämien für Erfolge andere Anreize für Höchstleistungen. Seinen Olympiasiegern zahlt Frankreich in Paris 80.000 Euro, Schwimmer Lukas Märtens und Vielseitigkeitsreiter Michael Jung bekommen von der Sporthilfe, die jährlich 22,9 Millionen Euro an ihre Athleten ausschüttet, 20.000 Euro. In Frankreich wurde 2019 die Agence Nationale du Sport (ANS) gegründet, um den Sport zu reformieren und ihn weiterzuentwickeln. Die Mitglieder der Agentur entwarfen eine Strategie zur Höchstleistung für die Paris-Spiele und fanden neue Wege für die finanzielle Unterstützung der Athleten.
Frankreich: Agentur ANS stellt 460 Millionen Euro bereit
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Der frühere Handball-Nationaltrainer Claude Onesta ist verantwortlich für die sogenannte Strategie „Ambition Bleue“. Er überwacht die Wirksamkeit der Hochleistungsstrategien sowie die Verteilung der finanziellen Mittel an die Sportverbände und entwickelt Konzepte für Athleten, Trainer und Verbände. Albert Einstein sinnierte: „Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Der 67-Jährige wollte darauf nicht warten, sondern führte Veränderungen herbei. 460 Millionen Euro beträgt das Budget der ANS. Es zahlt sich aus, wie man dieser Tage im Club France immer wieder sieht.
Ob ein sportlicher Aufschwung, mehr olympische Medaillen auch für Deutschland möglich sind in Zukunft? „Ja“, sagt Olaf Tabor. Sofern sich Politik und Gesellschaft einig seien, was ihnen der Sport wert sei, und sie gewillt wären, Olympische Spiele nach Deutschland zu holen. „Es gäbe aus meiner Sicht keine andere Maßnahme, die einen solchen Effekt erzielen würde.“ An diesem Freitag kommt Nancy Faeser nach Paris. Die Bundesinnenministerin unterzeichnet dann eine Willenserklärung, sich um die Spiele 2036 oder 2040 zu bewerben.
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