Hamburg/Paris. An diesem Freitag hätten die Spiele in Hamburg anstatt in Paris beginnen können. Weswegen ein neuer Anlauf gut wäre. Ein Kommentar.

An diesem Freitagabend beginnen nun also die Olympischen Spiele mit Hamburg als Gastgeber. S’il vous plaît, pardonne – mit einer Hamburger Idee in der Gastgeberstadt Paris.

Die Eröffnungsfeier der bedeutsamsten Sportveranstaltung der Welt wird erstmals nicht ausschließlich in einem Stadion ausgetragen. Stattdessen werden die Athleten auf Booten über die Seine über mehr als sechs Kilometer an rund einer Viertelmillion Menschen vorbeischippern.

Warum eine deutsche Olympia-Bewerbung richtig wäre

Gedacht war die Paradefahrt ursprünglich auf der Elbe für die Olympischen Spiele 2012, als Hamburg bereits im nationalen Vorentscheid gegen das in der internationalen Konkurrenz von vornherein chancenlose Leipzig den Kürzeren zog. Zumindest minimal lebte die nette Überlegung auf, als die deutschen Olympioniken nach den Spielen von London 2012 per Schiff am Hafen empfangen wurden. Mehr wurde nicht daraus, da Hamburgs Bewerbung für die morgen nun in Paris startende Großveranstaltung von der Bevölkerung 2015 abgelehnt worden war.

Das größte Argument der einstigen Olympia-Gegner war die ausgebliebene Zusicherung der Bundesregierung, der Stadt finanziell unter die Arme zu greifen. Hintergründe waren, dass der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sein Dogma der „schwarzen Null“ nicht verwerfen wollte und zudem nicht abzusehen war, wie teuer die in diesem Jahr eingesetzte Flüchtlingskrise werden würde – wohl aber auch, dass der amtierende Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nicht unnötig gestärkt werden sollte. Ging trotzdem schief.

Hat Deutschland beim IOC überhaupt eine Chance?

So wie auch eine künftige deutsche Bewerbung für Olympische Spiele? Immerhin hat die aktuelle Bundesregierung, ironischerweise unter Scholz’ Führung, am Mittwoch beschlossen, einen neuen Anlauf des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) zu befürworten. Ein möglicher Regierungswechsel im kommenden Jahr würde daran nichts ändern, da auch die Union pro Olympia und Paralympics eingestellt ist.

Aus meiner Sicht die absolut korrekte und überfällige Entscheidung. Allein schon deshalb, weil dem Nachwuchs-, Breiten- und Leistungssport somit eine wesentlich größere Aufmerksamkeit und zumindest partiell auch Förderung zuteilwerden dürfte.

Sport hat durchweg positive Effekte für die Gesellschaft

Die positiven Effekte des Sports für die Gesellschaft sind hinlänglich bekannt. Von der Vermittlung von Werten über eine bessere Integration und Inklusion bis hin zur Volksgesundheit. Die Kernbotschaft: Für ein Miteinander braucht es ein respektierendes Gegeneinander. Selbst wirtschaftlicher Nutzen lässt sich für Vereine, Städte und Sponsoren ziehen, stellt man sich clever an.

Wie gesagt, alles bekannt, kommt aber bei Teilen der Bevölkerung und Politik nicht an. Vor allem den Spitzensportlern, die nur alle vier Jahre bei Olympia sichtbar werden und schlecht oder nicht bezahlt sind, kommt eine zu geringe Wertschätzung zu.

Indien und Saudi-Arabien sind die Favoriten für 2040

Womit wir bei den Chancen einer deutschen Bewerbung angelangt wären. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) schätzt den DOSB, gelinde gesagt, auch nicht sonderlich. Zumindest unter dem derzeitigen, deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach erscheint ein Zuschlag unwahrscheinlich. Zu oft kam aus dessen Heimatland häufig berechtigte, mitunter aber auch moraltrunkene Kritik.

Das DOSB-Argument, 2040 wäre 50 Jahre nach der Wiedervereinigung ein perfekter Zeitpunkt, spielt international überhaupt keine Rolle. Da sind die finanz-, aber bei aller Beanstandung auch konzeptstarken Ideen aus Indien und Saudi-Arabien weitaus gewichtiger.

Sport in Deutschland? Wir können es!

Wie könnte also Deutschland dennoch punkten? Gerade erst haben wir als Gastgeber der Fußball-EM bewiesen, dass wir Sportevents von einem Bahnchaos abgesehen sehr gut organisieren können; dass die Welt noch immer gern zu Gast bei Freunden ist; vor allem aber uns selbst, wie mitreißend und vereinigend Sport und seine entfesselnden Kräfte sind.

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Die Idee einer Co-Bewerbung von Hamburg und Berlin ist charmant. Es müssten kaum neue Wettkampfstätten gebaut werden. Kinder jeglicher Herkunft würden sich vor ihrer Haustür Idole zur Inspiration präsentieren. Letztlich muss der DOSB die Bevölkerung argumentativ überzeugen. Dann darf die Eröffnungsfeier von mir aus auch gern auf der Spree statt der Elbe stattfinden.