Hamburg. Der 23 Jahre alte Bergstedter ist Wide Receiver bei den Hamburg Sea Devils – und forscht außerdem zu Krebs.

Auf die Frage, wie American Football und Gesundheit überhaupt zusammenpassen, antwortet Leon Kusterer nur trocken: „Gut.“ Es ist eine Antwort, die angesichts einer Sportart, bei der Spieler regelmäßig im Vollsprint mit Helm und Schutzkleidung kollidieren, zunächst überrascht, bei genauer Erklärung aber Sinn ergibt.

 „Man kann sich beim Football wie bei jeder anderen Sportart auch verletzen“, sagt Kusterer, der für die Hamburg Sea Devils als Wide Receiver in der Europaliga ELF aufläuft. „Wenn man sich Statistiken anschaut, wie viele Verletzungen pro 1000 Stunden Sport passieren, ist Football gar nicht so weit entfernt vom Fußball.“

Doktorarbeit in Medizin am UKE

Kusterer muss es wissen, schließlich schreibt der 23 Jahre alte Bergstedter seine Doktorarbeit in Medizin am UKE. Insbesondere CTE-Kopfverletzungen (Chronische traumatische Enzephalopathie), also durch wiederholte Kopftraumata ausgelöste Gehirnerkrankungen, wurden im Sport lange stiefmütterlich behandelt, Spieler trotz Gehirnerschütterungen zurück aufs Feld geschickt.

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Mittlerweile achtet kaum eine Sportart derart penibel auf CTE-Verletzungen wie der American Football mit der US-Eliteliga NFL. „Inzwischen macht die NFL als führende Organisation eine gute Arbeit, was Kopfverletzungen betrifft. Es gibt keine Diskussion, wenn jemand auch nur eine leichte Gehirnerschütterung hat“, weiß Kusterer.

Leon Kusterer möchte unbedingt Chirurg werden

Seine Doktorarbeit hat zwar keine CTE-Erkrankungen zum Schwerpunkt, ist mit der Erforschung von Speiseröhren- und Dickdarmkrebs aber nicht weniger anspruchsvoll. „Ich möchte unbedingt Chirurg werden. Die inneren Bauchorgane interessieren mich am meisten.

Meine Doktorarbeit schreibe ich jetzt über die chirurgische Krebsforschung“, sagt Kusterer, dessen Abiturschnitt von 1,8 eigentlich nicht medizintauglich war. Über einen Aufnahmetest und einen psychosozialen Kompetenztest ergatterte er im Wintersemester 2017 doch noch einen Platz am UKE. „Ich werde oft gefragt, wie ich das alles unter einen Hut bekomme.

Die richtigen Prioritäten setzen

Es geht einfach darum, die richtigen Prioritäten zu setzen und ein gutes Zeitmanagement zu haben“, erklärt Kusterer, der die Liebe für American Football in den sechswöchigen Sommerferien bei seinem in Boston (US-Bundesstaat Massachusetts) lebenden Großonkel entwickelte und danach die Jugend der Hamburg Huskies durchlief. Meistens ist Kusterer von früh morgens bis 18 Uhr im Labor, ehe hinter dem UKE ein Coach vorbeifährt, um ihn für das Training einzusammeln.

Inwieweit der 1,80 m große Passempfänger beim Heimspiel gegen Berlin Thunder (So., 18 Uhr, Stadion Hoheluft) von der Entlassung von US-Headcoach Ted Daisher profitieren kann, bleibt abzuwarten. Mit Ex-Huskies-Trainer Kendral Ellison hat er bei den Sea Devils bereits eine enge Bezugsperson.

 „Coach Kendral ist ein guter, ehrlicher Typ, sagt einem direkt, was man gut und schlecht macht“, sagt Kusterer, für den nur die Meisterschaft zählt. „Ich möchte einen Ring gewinnen. Ich war noch nie so nah dran wie in dieser Saison.“

Ein Video zu Leon Kusterer sehen Sie auf abendblatt.de/hamburg-sea-devils