Hamburg. Casey spricht im Abendblatt über seine geplante Titelverteidigung in Winsen, seine sportlichen Träume und seine zweite Leidenschaft.

Der Engländer Paul Casey (43) ist seit Jahren einer der konstantesten Golfspieler der Welt. Anfang Mai belegte er Platz 20 der Weltrangliste, 21 Turniersiege hat er erreicht, dreimal gehörte er dem erfolgreichen europäischen Ryder-Cup-Team an. Mit seinem Sieg bei den Porsche European Open 2019 auf den Green Eagle Golf Courses in Winsen erfüllte er sich einen Jugendtraum. In diesem Jahr (3. bis 6. Juni) möchte er seinen Titel verteidigen.

Hamburger Abendblatt: Herr Casey, Ihre Erfolge als Golfer kennen wir, verraten Sie uns doch mal Ihren liebsten Fußballclub.

Paul Casey: Oh, das kommt überraschend. Das ist auch nicht so einfach. Also früher, in meiner Jugend war es AFC Wimbledon. Die sind aber leider nach Milton Keynes von einem Investor versetzt worden. Und Anhänger der MK Dons kann ich nicht sein. Also verfolge ich den FC Reading. Die Süd-Londoner Clubs FC Chelsea und Fulham haben mich nie so interessiert.

Ihre Lieblingsstadt?

Casey: Nur eine? Natürlich London. Was soll ich als Engländer sagen?

Band oder Sänger?

Casey: Oh, ich höre eigentlich alles. Aber wenn ich mich entscheiden muss, dann wohl „Muse“, eine britische Rockband.

Essen?

Casey: Hmm – italienische Küche.

Und Ihr Lieblingsgolfplatz?

Casey: Cypress Point in Kalifornien. Ein fantastischer Platz mit dramatischen Löchern am Pazifik auf der Monterrey Halbinsel.

Wir dachten, Sie sagen Green Eagle, Porsche Nord-Kurs?

Casey: Das ist tatsächlich ein Platz, der mir sehr gut gefällt. Es soll ja auch noch weitere Umbauten geben. Ich bin sehr gespannt. Dieser Club hat alles, was man braucht. Viel Fläche, das ist wichtig für Zuschauer und Parkplätze. In Hamburg ist eine fantastische Stadt sehr nah. Ich kann mir sogar vorstellen, dass man dort einen Ryder Cup austragen kann. Der Porsche Nord-Kurs kann zu einer echten Größe im globalen Golf werden – ist er ja schon mit den Porsche European Open.

Sie haben sich bei Ihrem Titelgewinn sehr gefreut 2019, was hatte es damit auf sich?

Casey: Die European Open sind Teil meiner privaten Geschichte. Ich habe als Junge, als das Turnier noch in England stattfand, dort die Ergebnistafeln über den Platz getragen. Mit meinem Sieg hat sich ein Kreis geschlossen, das war fantastisch. Ich freue mich deshalb sehr darauf, zurückzukommen. Auch weil ich aus offensichtlichen Gründen anderthalb Jahre nicht in Europa war.

Der Nord-Kurs ist sehr lang.

Casey: Das stimmt, aber das ist längst nicht alles. Durch die Länge hat man auch die Chance zu Variationen. Das machen sie dort sehr gut. Die einzelnen Spielbahnen sind abwechslungsreich, man muss auch klug spielen und nicht nur lang schlagen. Es sind großartige Grüns dabei wie auf der 17. Das mit zwei Schlägen erreichbare Par 5 der Bahn 15 ist spektakulär.

Apropos Länge, die Spieler schlagen immer weiter, gefällt Ihnen diese Entwicklung?

Casey: Wenn ich mit Kumpels aus Spaß spiele, dann nicht. Aber ich mache die Regeln nicht. Als Profi muss ich mich also darauf einstellen. Die Technik hat sich zuletzt sehr entwickelt.

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Was sagen Sie denn zu der körperlichen Veränderung von Bryson de Chambeau?

Casey: Ich ziehe meinen Hut vor ihm. Er hat für sich einen Bereich gefunden, in dem er sich verbessern kann. Er hat konsequent dafür gearbeitet und es geschafft. Das ist einfach so. Aber er ist ja nicht der Einzige, der extrem lang ist. Schon früher gab es fantastische „Ballstriker“ wie Jack Nicklaus oder Greg Norman. Heute sind das auch Dustin Johnson oder Rory McIlroy. Mein Golfstil ist eben anders.

Sie waren vor 20 Jahren bereits Rookie des Jahres auf der Europäischen Tour. Wie haben Sie es geschafft, so lange Weltklasse zu bleiben?

Casey: Ja, die Zeit vergeht... Ich liebe, was ich tue. Und ich arbeite hart dafür. Jedes Jahr. Im Golf ist man nie fertig, nie perfekt. Es gibt immer was zu verbessern. Ich nehme mir für jedes Jahr einen Bereich vor, in dem ich besser werden will. Das können hohe Lob-Shots sein oder flache Stinger mit dem Eisen drei. Oder die Art, auf dem Platz mit Frustration fertig zu werden. So habe ich mich über die Jahre in 20 Bereichen verbessert.

Sie gehören zu den sehr guten Golfern, die noch nie ein Major-Turnier gewinnen konnten. Wenn jetzt die gute Fee käme und Sie dürften sich eines aussuchen ...

Casey: Natürlich die Open. Also die British Open. Ich bin Europäer, Engländer. Dabei kommen Linkskurse meinem Spiel gar nicht so entgegen. Du bist abhängig vom Wind oder wie der Ball aufspringt. Augusta, das Masters, ist fantastisch, mit dem grünen Jackett, den Azaleen. Aber die Open sind schon von der Tradition her unvergleichlich.

Es ist noch nicht sicher, ob in Winsen Zuschauer zugelassen sein werden. Wie haben Sie die Situation ohne Fans erlebt?

Casey: Zunächst muss man sagen, dass wir Golfer sehr glücklich und privilegiert sind, dass wir unseren Beruf überhaupt ausüben konnten. Ich habe festgestellt, dass ich mit Zuschauern besser spiele. Mir fehlen die Emotionen, wenn man in lächelnde Gesichter schaut, die Anfeuerungen hört, auch mal Buhrufe. Seit wieder, wenn auch weniger, Zuschauer zugelassen waren, waren auch meine Resultate wieder besser. Also, ich hoffe sehr, dass bei den European Open wenigstens ein paar Zuschauer wieder dabei sein können.

Sie starten als Titelverteidiger, aber auch weil Sie einen Werbevertrag mit Porsche haben.

Casey: Das ist perfekt für mich. Ich bin ein großer Fan von Motorsport. Wenn Sie in mein Büro schauen, liegen auf der einen Seite Golfdinge und auf der anderen Autoteile und Bücher über Sportwagen. Motorsport hat mich immer interessiert. Ich war als Kind bei den Rennen in Brands Hatch.

Wäre es denkbar gewesen, dass Sie statt Golfer Rennfahrer werden?

Casey: Absolut, das hätte ich mir vorstellen können. Aber die Chance gab es nicht. Und ich hätte das auch nicht gekonnt. Ich kenne ein paar Fahrer, was die leisten ist unglaublich.

Ist es eigentlich möglich, als Golfprofi echte Freunde auf der Tour zu haben?

Casey: O ja, im Golf ist das möglich. Wir spielen gegen den Platz und nicht gegen den anderen. Da sind einige Jungs, die kenne ich seit 25 Jahren sehr gut. Ian Poulter zum Beispiel, Justin Rose oder Lee Westwood. Wir sehen uns aber leider nicht so oft, weil ich hauptsächlich in den USA spiele. Ein sehr guter Freund von mir ist Chez Reavie, der wohnt auch hier in Scottsdale.

Was sind Ihre sportlichen Ziele für 2021?

Casey: Meinen Titel in Winsen verteidigen, das ist mir noch nie gelungen. Und ein Majorsieg steht natürlich ganz oben auf der Liste. Aber es gibt so viele andere großartige Ziele: der Ryder Cup, die Olympischen Spiele, das europäische Jahresfinale in Dubai. Oder Turniere, die Vorbilder von mir gewonnen haben wie Severiano Ballesteros. Dabei geht es gar nicht um Geld. Mit solchen Spielern auf einer Siegerliste zu stehen, das wäre großartig.