Hamburg. “Es war unglaublich“, freut sich der ehemalige NFL-Spieler Kasim Edebali. 1586 Zuschauer waren im Stadion an der Hoheluft.

Während Phillip Andersen noch glückselig beide Arme nach oben riss, sprinteten seine Teamkollegen bereits auf ihn zu. Dann brach die pure Ektase über den dänischen Kicker herein. Wenige Sekunden zuvor hatte Andersen die Hamburg Sea Devils beim Saisonauftakt der neuen American-Football-Europaliga ELF mit einem 32-Yards-Fieldgoal vier Sekunden vor Schluss zum 17:15 (0:0, 7:9, 7:0, 3:6)-Sieg gegen die Frankfurt Galaxy geschossen.

„Das war meine erste spielentscheidende Situation überhaupt. Ich habe mich einfach auf die Bewegung konzentriert und meinem Kick vertraut“, grinste der Matchwinner. Zur Belohnung gab es einen Kuss von seiner Verlobten und eine Umarmung seiner Eltern, die extra aus Kopenhagen angereist waren.

Hamburg Sea Devils siegen bei ELF-Premiere

Rund vier Stunden zuvor hatte sich die Schlange vor den Eingangstoren vor Stadionöffnung bereits mehr als 100 Meter entlang des Lokstedter Steindamms gezogen. Während hinter den geschlossenen Toren noch hektisch Tische durch die Gegend getragen wurden, herrschte unter den Fans eine spürbare Vorfreude.

Vor knapp 14 Jahren, am 23. Juni 2007, hatten die Hamburg Sea Devils die Frankfurt Galaxy im World-Bowl-Finale der NFL Europe in deren Arena vor 48.125 Zuschauern mit 37:28 besiegt. Danach war der Europa-Ableger der nordamerikanischen Eliteliga NFL Geschichte, der professionelle American Football verschwand aus der Stadt.

1586 Fans fühlten sich für Kasim Edebali wie 5000 an

Obwohl beim Neustart am Sonntagnachmittag im Stadion Hoheluft nur 1586 Fans erlaubt waren, knisterte die Luft. „Das hat sich angefühlt wie 5000“, freute sich Star-Linebacker Kasim Edebali. Über die Lautsprecher dröhnte feinster US-Rap, während Commissioner Patrick Esume über den Kunstrasen schlenderte.

Ganz so entspannt wie der in Hamburg geborene Ligachef waren jedoch nur die wenigsten. An vielen Stellen war organisatorisch noch gehörig Sand im Getriebe. Zwar wurden die Stehtribünen provisorisch mit Klappstühlen ausgestattet, die Zuordnung der Fans zu ihren Sitzplätzen funktionierte jedoch nur bedingt. Während im Block D zunächst viele Menschen stehen mussten, waren wenige Meter daneben im Block E kurz vor dem Kick-off noch etliche Plätze frei.

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Auch dass manche Zuschauer offenbar Tickets in der letzten Reihe der überdachten Haupttribüne gekauft hatten, die für die Journalisten reserviert war, sorgte für Unmut. „Ich habe 200 Euro für diesen Platz bezahlt“, schimpfte ein Fan. Als sich alles sortiert hatte, liefen die Sea Devils zwischen aufgebauten Flammenwerfern und blau-rotem Pyrotechnikrauch auf das Feld. Spätestens als Ex-NFL-Profi Edebali nach dem Münzwurf den Fans auf der Haupttribüne grinsend zuwinkte, einen Wasserbecher in einem Zug austrank und zum Kick-off zurück auf das Feld joggte, kochte die Stimmung.

Die Sea Devils kamen kaum zu Raumgewinnen

Dass Frankfurt aber nicht als Sparringspartner für eine Party am Sonntagnachmittag angereist war, wurde bereits im ersten Viertel deutlich. Die Sea Devils kamen kaum zu Raumgewinnen, die Defense der Galaxy wirkte wie ein unüberwindbarer Rammbock. Die Hamburger Offense konnte sich bei der Verteidigung um Edebali bedanken, dass die Galaxy bis zum Viertelende nur einen verpassten Fieldgoalversuch zustande brachte.

Im zweiten Viertel setzte sich die Hamburger Angriffsschwäche fort, Quarterback Jadrian Clark warf tief in der eigenen Hälfte eine Interception, die Frankfurt per Fieldgoal für die ersten drei Punkte der Partie nutzte. Wenige Minuten später stand das Stadion Hoheluft dann plötzlich Kopf, als Galaxy-Quarterback Jakeb Sullivan der Ball aus den Händen glitt. Sea-Devils-Linebacker Ambroise Mati nutzte den Fumble, trug den Ball zum ersten Hamburger Touchdown der Saison in die Endzone. Über die Boxen dröhnte „Song 2“ von „Blur“, Kicker Andersen verwandelte den Point after Touchdown (PAT) zur 7:3-Führung.

Dann kam Andersen – und schoss Hamburg ins Glück

Obwohl Frankfurts Runningback Gennadiy Adams die Gäste kurz vor der Pause wieder mit 9:7 in Front brachte, schienen die Sea Devils nun im Spiel angekommen. „Man hat gesehen, dass es unser erstes Spiel war. In der zweiten Halbzeit ist es dann richtig abgegangen“, sagte Edebali. Doch auch zu Beginn der zweiten Hälfte hatte die Hamburger Offense zunächst große Probleme, einzig US-Runningback Xavier Johnson zeigte einige sehenswerte Läufe. Dann demonstrierte Quarterback Clark erstmals seine Passqualitäten, fand zweimal den spanischen Tight End Adria Botella Moreno. Der 1,98 Meter große und 112 Kilogramm schwere Athlet trug den Ball zum Touchdown, die Sea Devils führten nach erfolgreichem PAT mit 14:9.

Im letzten Viertel ging Galaxy nach einem Touchdown von Hendrik Schwarz zwar wieder in Führung, der Versuch, zwei Extrapunkte per Two Point Conversion anstatt einen per PAT zu erzielen, scheiterte aber. „Defense“, schallte es durch das Stadion Hoheluft, als die Sea Devils die Galaxy-Offense vor ihrer Endzone festnagelten und einen Ballbesitzwechsel erzwangen. Dann kam Andersen – und schoss Hamburg ins Glück.

Punkte Hamburg: Mati und Botella Moreno je 6 (Touchdown), Andersen 5 (1 Fieldgoal, 2 PAT). Punkte Frankfurt: Adams, Schwarz je 6 (Touchdown), Ebsen 3 (Fieldgoal).

Die weiteren Partien des Auftaktspieltags: Barcelona Dragons – Stuttgart Surge 17:21, Wroclaw Panthers – Cologne Centurions 55:39, Berlin Thunder – Leipzig Kings 21:37.