Kiel. Die Diagnose für Kiels Spielmacher Sandor Sagosen nach dem Nord-Derby ist beunruhigend. Auch einem Hamburger droht der Ausfall.

Sie waren mit geringen Erwartungen am Pfingstsonntag die 90 Kilometer nach Kiel gefahren. Doch die 22:29 (8:16)-Niederlage des Handball Sport Vereins Hamburg (HSVH) beim deutschen Rekordmeister THW Kiel fiel am Ende dann doch erträglicher  aus, als die mitgereisten 50 Fans der Mannschaft zwischenzeitlich befürchteten.

Die Kieler festigten mit jetzt 54:10 Punkten Champions-League-Platz zwei in der Bundesliga, die Hamburger bleiben mit 26:38 Punkten vorerst Tabellenelfter, beklagen aber die erneute Verletzung von Dominik Axmann (22), der in der neunten Minute mit dem rechten Fuß umknickte und sich nach erster Diagnose eine Bänderverletzung zuzog.  

Handball: Schock für THW Kiels Spielmacher Sagosen

Noch schwerer erwischte es Kiels Spielmacher Sandor Sagosen (26). Der Norweger war in der achten Minute beim Stand von 3:1 vor dem Hamburger Kreis bei einem Zweikampf weggerutscht und liegen geblieben. Nach kurzer Behandlung auf dem Feld versuchte er aus der Halle zu humpeln, die Schmerzen waren jedoch offensichtlich so groß, dass ihn die Betreuer schließlich in die Kabine tragen mussten.

Wie der THW später mitteilte, zog sich der Norweger eine Fraktur im linken Sprunggelenk und einen Riss des Syndesmosebandes zu. „Mit dieser Art der Verletzung wird Sander zwischen sechs und acht Monaten ausfallen“, sagte Mannschaftsarzt Frank Pries. Der Fuß sei zur vorübergehenden Ruhigstellung in Gips gelegt worden. "Das ist ein schwerer Schlag für uns. Wir müssen als Team jetzt noch enger zusammenrücken", sagt Kiels Trainer Filip Jicha.

"Verletzungen trüben Eindrücke des Spiels erheblich"

Nach Abwehrchef Hendrik Pekeler (30), der sich im Champions-League-Viertelfinalrückspiel gegen Paris Saint-German (33:32) am 20. Mai die Achillessehne riss, fällt damit eine weitere zentrale Figur des Kieler Spiels für das Final4 der Champions League in zwei Wochen in Köln aus. Die Pflichtaufgabe gegen den Bundesliga-Aufsteiger bewältigen die Kieler dennoch mit der gewohnten Professionalität. 

"Die beiden Verletzungen trüben die Eindrücke des Spiels doch erheblich", meinte HSVH-Trainer Torsten Jansen hinterher. "Wir haben viel versucht, aber nach einigen Fehlwürfen bei den folgenden Tempogegenstößen vier, fünf schnelle Gegentore kassiert. Das passiert gegen einen Gegner dieses Formats."

HSV Hamburg: Gewinnwarnung schon im Voraus

Die Kommunikations-Abteilung des HSV Hamburg hatte schon vor dem Spiel eine Gewinnwarnung herausgegeben: Zwischen dem THW und dem HSVH lägen sportlich Welten, hieß es in der Vorschau. Das stimmt zumindest für die vergangenen Jahre. Den bisher letzten Sieg in Kiel (31:30) erzielten die Hamburger am 6. November 2007, der bisher letzte Erfolg überhaupt gegen den THW  (39:33) resultiert vom 1. Juni 2013 aus dem Champions-Legaue-Habfinale in Köln. Das Endspiel am Tag danach gewann der HSV dann gegen den FC Barcelona mit 30:29 nach Verlängerung. 

So viel zur Vergangenheitsbewältigung. Im Hier und Jetzt gehörten dem HSVH wenigstens die ersten 3:27 Minuten. Mortensen überwand seinen Landsmann Niklas Landin im Kieler Tor nach 41 Sekunden zum 1:0, auf der Gegenseite parierte Johannes Bitter den Wurf Sagosens. Damit endete allerdings die Hamburger Herrlichkeit. Kiels Kreisläufer Patrick Wienczek gelang nach ebenjenen 3:27 Minuten  der Ausgleich zum 1:1, Rechtsaußen Sven Ehrig warf den Turnverein Hassee-Winterbek anschließend mit 3:1 in Führung (8.). 

THW Kiel demonstriert Überlegenheit auf allen Ebenen

Das Spiel entwickelte sich trotz des Ausscheidens Sagosens fortan in den gemutmaßten Bahnen, die Kieler demonstrierten ihre Klasse, die Hamburger wehrten sich nach Kräften gegen die spielerische und körperliche Übermacht des Rekordmeisters. Und das gelang zwischenzeitlich ausgezeichnet. Mit seinem vierten Treffer glich Mortensen in der 15. Minuten zum 5:5 aus und ließ die 10.500 Zuschauerinnen und Zuschauer – indes nur kurz - verstummen. Bis zur Halbzeitpause zogen die Kieler aber auf 16:8 davon, auch begünstigt durch technische Fehler und Fehlwürfe der Hamburger.   

Bei denen  fehlten weiter die rekonvaleszenten Leif Tissier (Schulter) und Azat Valiullin (Hand) sowie der erkrankte Thore Feit. Neu hinzukamen am Pfingstsonntag Nicolai Theilinger (Corona/leichter Verlauf), Finn Wullenweber (Ohren) und Jan Forstbauer (Oberschenkelverletzung), der sich zwar mit der Mannschaft warm machte, dann aber 60 Minuten auf der Bank sitzen blieb.

Handball: Auch nach Seitenwechsel klare Dominanz

Auch nach dem Seitenwechsel dominierte der Tabellenzweite das Geschehen, gefühlt noch deutlicher als in den ersten 30 Minuten. Der Hamburger Abwehr fehlte oft die Robustheit und der Zugriff, um  die Kieler nachhaltig aufzuhalten, im Angriff wiederum mangelte es dem HSVH bei allem Bemühen phasenweise an Durchsetzungskraft und spielerischen Lösungen. Die Torhüter Bitter (sieben Paraden) und der in der zweiten Hälfte eingewechselte Jens Vortmann (acht) verhinderten eine noch höhere Niederlage, im Angriff sorgte wieder einmal Mortensen mit seinen zehn Treffern regelmäßig für Ergebniskorrekturen.  

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In guter Erinnerung darf trotzdem ein Hamburger die Begegnung behalten. Kreisläufer Manuel Späth (36)  absolvierte in der Wunderino    Arena, Namensgeber ist ein Online-Casino,  als 13. Handballprofi sein 500. Bundesligaspiel. ­Die Einsatzliste führt der ehemalige Nationaltorhüter Mindens Carsten Lichtlein (41 Jahre/705 Spiele) an, HSVH-Kollege Johannes Bitter (39) brachte es bisher auf 592 Matches.

Sollte Späth, der seine sportliche Karriere nach Abschluss dieser Saison beendet, auch noch in den restlichen beiden Partien gegen den TVB Stuttgart (Donnerstag, 19.05 Uhr/Barclays Arena) und am kommenden Sonntag (15.30 Uhr Uhr) in Lemgo auflaufen, würde er noch Thomas Knorr (unter anderem Bad Schwartau, Kiel, Flensburg, HSV Handball) überholen, der mit 501 Bundesligaspielen auf Platz 13 dieser Rangliste steht. Für das Spiel gegen Stuttgart sind bisher rund 5000 Eintrittskarten verkauft. Sonderaktionen gibt es dabei für Studenten und Vereinsmitglieder. 

Tore:

THW Kiel: Reinkind 5, Jakobsen 5 (drei Siebenmeter), Duvnjak 4, Dahmke 3, Ehrig 3, Zarabec 2, Myrhol 2, Wiencek 2, Weinhold 2, Ekberg 1.

HSV Hamburg: Mortensen 10 (4 Siebenmeter), Weller 4 (1), Bergemann 2, Kleineidam 2, Bauer 2, Ossenkopp 1, Niemann 1.