Dortmund. Zum Start in die EM 2024 spielt Italien 2:1 gegen Albanien. Wie gut der Titelverteidiger wirklich ist, bleibt aber auch danach unklar.
Riccardo Calafiori lächelte, als er spät in der Nacht auf Sonntag die Kabine der italienischen Nationalmannschaft verließ und vor die Journalisten trat. Warum auch nicht, der Titelverteidiger war erfolgreich in die Europameisterschaft gestartet, hatte Außenseiter Albanien hochverdient mit 2:1 (2:1) besiegt, weshalb Calafiori ausgiebig Lob verteilte. Klar, der Rückstand durch Nedim Bajrami nach nur 22 Sekunden – das früheste Tor in der EM-Historie – sei ein Schock gewesen. „Aber die Reaktion darauf war sehr gut“, meinte Calafiori. Alessandro Bastoni (11.) und Nicolo Barella (16.) hatten die Partie flugs gedreht. Tutto bene, alles gut, diesen Eindruck vermittelte der tiefenentspannte Innenverteidiger Calafiori.
Sein Auftritt allerdings wäre wohl ein ganz anderer gewesen, wäre diese Szene in der Schlussminute anders gelaufen: Da tauchte Rey Manaj nach einem langen Ball plötzlich frei vor Italiens Torhüter Gianluigi Donnarumma auf, doch der lenkte den Schuss des Albaners so eben noch um den Pfosten. Ein Unentschieden gegen Albanien – dann stünde Italien in Gruppe B jetzt schon mit dem Rücken zur Wand, denn die deutlich schwereren Gegner Spanien und Kroatien kommen ja erst noch.
Italiens Nationaltrainer ist nach dem 2:1 gegen Albanien sauer
Entsprechend angesäuert war Trainer Luciano Spalletti: Das Spiel war kaum beendet, da setzte er vor den TV-Mikros zum Rundumschlag an: „Zu bequem“ und „zu leichtfertig“ habe seine Mannschaft agiert. „Manchmal gefallen wir uns zu sehr“, monierte der 65-Jährige. „Wir haben gedacht, dass wir besser sind, als wir in einigen Situationen wirklich waren.“ Und weiter: „Auch wenn wir die Chance hatten, das Spiel zu verwalten, waren wir zu bequem und nicht aggressiv genug.“
Die Chance, mit einem klaren Erfolg alle Zweifel wegzuwischen, ließen die Italiener ungenutzt. Sie waren ja mit einigem Ballast zu diesem Turnier angereist: Verletzungssorgen, schlechte Qualifikations- und Testspiele und vor allem eine Wettaffäre um einige Nationalspieler drückten auf die Stimmung. Gegen weitgehend harmlose Albaner lieferte die Mannschaft in der ersten Halbzeit nun Anhaltspunkte dafür, warum sie zum erweiterten Favoritenkreis zählen darf. Angeführt vom starken Barella schnürte die Squadra Azzurra ihren Gegner in dessen Strafraum regelrecht ein; sie suchte geduldig Lücken im dichtgestaffelten Abwehrblock – und fand sie auch.
Italien legte Albanien das Führungstor gleich selbst auf
Aber: Es gelangen nur zwei Tore. Und in der zweiten Halbzeit war es vorbei mit der Herrlichkeit, der Titelverteidiger schaltete früh in den Verwaltungsmodus, statt aufs dritte Tor zu drücken. Das hätte sich in der Schlussminute fast gerächt und war nicht die einzige italienische Unachtsamkeit: Das 0:1 hatte Linksverteidiger Federico Dimarco mit einem aberwitzigen Einwurf in den eigenen Strafraum aufgelegt.
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Albanien muss nun im Verliererduell mit Kroatien am Mittwoch (15 Uhr/RTL und Magenta) die Chance aufs Weiterkommen wahren, Italien kann das Achtelfinale mit einem Sieg gegen Spanien (Donnerstag, 21 Uhr/ZDF) schon perfekt machen. Die Iberer allerdings bringen mit dem 3:0-Sieg gegen Kroatien den deutlich besseren Leistungsnachweis mit. „Spanien hat jetzt und in der Vergangenheit gezeigt, dass sie eine großartige Mannschaft sind“, lobte 2021er-Europameister Federico Chiesa. „Aber das sind wir auch.“ Der Beweis allerdings steht noch aus.