Dortmund. Deutschland steht im Viertelfinale der EM. Die Zuschauer in Dortmund feiern genauso sehr die ZDF-Experten Kramer und Mertesacker.
Die deutschen Nationalspieler hatten schon längst den Rasen des Dortmunder Westfalenstadions, das zur EM gemäß Uefa-Fesseln ja nur als BVB-Stadion als Austragungsort geführt wird, schon längst verlassen, als einige Fans noch immer brüllten, feierten, für Lacher sorgten. Besungen und gefeiert wurden nicht die Spieler von Bundestrainer Julian Nagelsmann, die mit dem 2:0 über Dänemark in der Entstehung etwas glücklich, insgesamt aber verdient das Achtelfinale gewonnen hatten, sondern zwei andere EM-Stars. Die sich zumindest als deutsche TV-Europameister fühlen dürfen.
EM 2024: Kramer und Mertesacker sind das beste Experten-Duo
„Das ist mir ein bisschen unangenehm“, sagte 2014er Weltmeister Christoph Kramer, als er gemeinsam mit seinem Rio-Kollegen Per Mertesacker von ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein zum Spiel der DFB-Elf gegen Dänemark befragt wurde. Der 33-Jährige, der noch für Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga spielt, wurde wie Mertesacker bei der Analyse des Spiels immer wieder abgelenkt durch umstehende Fans, die entweder „Christoooph Kraaamer“, „Weltmeister, Weltmeister“, „Per Mertesacker, du bist der beste Mann“ oder „Eistonne, Eistonne“ (in Erinnerung an Mertesackers legendäres WM-Interview 2014 mit ZDF-Reporter Boris Büchler nach dem 2:1-Sieg nach Verlängerung im Achtelfinale gegen Algerien) sangen. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir beide noch mal die Welle machen“, sagte Kramer lachend zu seinem Kompagnon.
Kramer und Mertesacker sind die heimlichen EM-Stars – jedenfalls unter den Moderatoren und Kommentatoren und Experten. Kramer nimmt kein Blatt vor den Mund, zeigt sich fassungslos ob mutloser Serben in der Vorrunde und noch fassungsloser ob rätselhaft herumdümpelnder Engländer („Southgate kann gar keinen Plan im Kopf haben“). Seine fußballerischen Analysen sind tiefgründig und unterhaltend zugleich. Damit stellt er auch Mertesacker in den Schatten, was angesichts des neun Zentimeter größeren Zwei-Meter-Mannes gar nicht so einfach ist. Der kommt hin und wieder auch richtig aus sich raus, frotzelt manchmal gerne gegen den Kollegen („Hast du eigentlich nie gegen England gespielt?“; Mertesacker machte 104 Länderspiele, Kramer nur zwölf). Beide sind sie aber das erfrischendste Experten-Duo dieser EM, das sich dann auch mal über fragwürdige Ratschläge von Jochen Breyer (Spielermaterial) mit einem müden Lächeln hinwegsetzt.
Aufpassen, Kramer und Mertesacker: Nicht so werden die Netzer und Delling
Zurückhaltung ist nicht das Ding von Christoph Kramer, Per Mertesacker verliert sich gerne in Anekdoten. „Die feiern euch seit Minuten“, erkannte Katrin Müller-Hohenstein am Samstag in Dortmund. Das ist angesichts der Mischung aus Expertise und Humor auch angebracht, das Duo bereichert das Spiel und muss doch aufpassen: Wie man ihrer überdrüssig sein kann, war bei Günter Netzer und Gerhard Delling einst in der ARD zu erfahren, als es zu viel Klamauk wurde. Denn dass es ihn doch nicht so ganz unangenehm war, zeigte die Interaktion mit den Fans und das vereinzelte Tanzen von Per Mertesacker.