Herzogenaurach. Nach dem 5:1 gegen Schottland will der Bundestrainer die gute Stimmung rund um die DFB-Auswahl nicht bremsen. Wie er Ungarn erwartet.
Am Wochenende nach der ersten EM-Party ließ es Julian Nagelsmann locker angehen. Der Bundestrainer wollte die gute Stimmung nach dem gelungenen Auftakt gegen Schottland am Freitagabend nicht künstlich bremsen. „Ich werde jetzt nicht den Mahner machen“, sagte Nagelsmann nach dem lockeren 5:1 von München und ging mit gutem Beispiel voran. Als der Hamburger Promikoch Tim Mälzer im deutschen EM-Quartier in Herzogenaurach vorbeischaute und der Mannschaft eine Runde seiner Eis-Kreationen spendierte, stand Nagelsmann ganz vorne in der Schlange.
Auch das Training am Homeground stand an den beiden Tagen nach dem Traumstart im Zeichen der Lockerheit. Die Mannschaft schaute sich am Samstagnachmittag gemeinsam das Spiel zwischen den Gruppengegnern Schweiz und Ungarn an. 5:1-Torschütze Emre Can drehte mit ein paar Kollegen am Abend eine Runde mit dem Rad durch die Gegend. Beine lockern.
DFB-Elf: Rudi Völler spricht schon von Euphorie
Die Stimmung rund um die Nationalmannschaft hätte nicht besser sein können nach dem ersten EM-Spiel, das zuvor noch mit vielen Fragezeichen verbunden war. „Wir haben eine gewisse Euphorie geweckt, die vorher schon da war, aber jetzt ist sie natürlich noch größer“, sagte Sportdirektor Rudi Völler.
Die Euphorie drückte sich vor allem in den TV-Zahlen aus. 22,49 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten in der Spitze im ZDF das 5:1 gegen Schottland, das zudem bei MagentaTV übertragen wurde. Zum Vergleich: Bei der WM 2022 in Katar waren 17 Millionen Fans vor den Fernsehern bei den Gruppenspielen gegen Spanien und Costa Rica der Bestwert. Bei der EM 2021 hatte jedes der drei deutschen Gruppenspiele eine Quote von rund 20 Millionen erzielt.
Deutschland hat Lust auf die EM. Wie aber findet Nagelsmann den richtigen Umgang mit der Euphorie? Laufen lassen und die Gefahr eingehen, dass sich die Mannschaft schon etwas zurücklehnt? Es mache „wenig Sinn, jetzt zu viel zu bremsen“, sagte der Bundestrainer schon unmittelbar nach dem Schottland-Spiel.
Deutschland gegen Ungarn: Völler warnt
Gleichzeitig wissen auch Nagelsmann und Völler, dass am Mittwoch mit Ungarn ein stärkerer Gegner auf die deutsche Mannschaft wartet – trotz der enttäuschenden 1:3-Auftaktniederlage gegen die Schweiz. „Die nächsten beiden Gegner werden uns sicher etwas mehr abverlangen“, sagte Völler nach dem Start gegen die Schotten. „Es war eine absolute Topleistung, die wir aber richtig einschätzen können.“
Am Sonntagabend stand im DFB-Quartier die Besprechung zur Vorbereitung auf den nächsten Gegner an. Nagelsmann hat sich schon in den vergangenen Wochen auf die Ungarn vorbereitet, die die Qualifikationsphase ungeschlagen auf dem ersten Platz abgeschlossen hatten und ab November 2022 in 14 Spielen ohne Niederlage blieben.
Julian Nagelsmann und der Respekt vor Szoboszlai
„Die Ungarn spielen von der Grundordnung her ähnlich wie die Schotten, aber mit einer andere Art und Weise. Sie sind sehr freigeistig unterwegs, gerade Dominik Szoboszlai turnt überall auf dem Feld rum, mal als Innenverteidiger, mal Zehner, mal Spitze. Er ist der Schlüsselspieler und sehr schwer zu greifen“, sagte Nagelsmann über den Topstar vom FC Liverpool, den er 2021 selbst noch ein halbes Jahr lang bei RB Leipzig trainiert hatte.
Genau wie Abwehrchef Willi Orban. „Sie haben einige Spieler aus der Bundesliga dabei, die in ihren Klubs eine gute Rolle spielen. Sie sind ein eingespielter Haufen“, sagte Nagelsmann, der selbst etwas überrascht gewesen sein dürfte vom schwachen Auftritt der Ungarn in der Defensive gegen die Schweiz.
Unterschätzen wird die deutsche Mannschaft den Gegner am Mittwoch in Stuttgart (18 Uhr/ARD) aber nicht – trotz aller Lockerheit. „Die Mannschaft hat das Bewusstsein, dass es nur ein erster Schritt war“, sagte Lockermacher Nagelsmann, der die Euphorie rund um die Mannschaft nicht als potenzielles Problem sieht.
DFB-Präsident Neuendorf ist Feuer und Flamme
Bei den deutschen Fans ist die Euphorie dagegen ausdrücklich erlaubt und auch mehr als erwünscht. „Die Stimmung im Stadion und auf den Fanmeilen war fantastisch. Man hat die Wucht gespürt, die der Fußball entfalten kann“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Tag nach dem EM-Start. Der euphorisierte Völler verkündete bereits die Zielrichtung für das Ungarn-Spiel. „Wir wollen uns am Mittwoch schon für das Achtelfinale qualifizieren.“
Nagelsmann zieht die Zügel dafür am Montag wieder an. Gut möglich, dass er sein Wochenende der Lockerheit am Sonntagabend mit einer Folge „Kitchen Impossible“ ausklingen ließ. Kochshows mit Tim Mälzer gehören zu seinen Lieblingsserien, wie Nagelsmann am Samstag verriet. Seine Mission Impossible soll dagegen erst am Sonntag in vier Wochen ihren Abschluss finden.
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