Hamburg. Doch vorher geht es für den neuen Inhaber des Hamburger Rekords über 110 Metern Hürden zur Leichtathletik-EM nach Rom.
Gemeinsame Mannschaftsreisen, „mit der ganzen Truppe unterwegs sein“, haben bei Manuel Mordi die Liebe zur Leichtathletik entflammen lassen. Dummerweise muss der 20-Jährige seinen bislang größten Trip an diesem Dienstagvormittag ganz allein antreten, wenn er zur Leichtathletik-EM nach Rom (7. bis 12. Juni) fliegt.
Irgendwie auch wieder ganz passend, denn seit einer Woche ist der Barmbeker einsame Spitze als neuer Inhaber des Hamburger Rekords über die 110 Meter Hürden. In 13,36 Sekunden war der HSV-Sprinter beim Meeting in Leverkusen drei Hundertstel schneller als sein Mentor Helge Schwarzer (38) 2009.
Leichtathletik: Hürdensprinter Manuel Mordi stellt Hamburger Rekord auf
„Ich war geschockt, als ich im Ziel ankam“, sagt Mordi, dessen vorherige Bestleistung zwei Zehntelsekunden darüber lag. Dabei ist der Sohn einer Russin und eines Nigerianers nicht der Typ, der sich schnell aus der Fassung bringen lässt.
Seinem Wettkampf im Olympiastadion am Sonnabend blickt er gelassen entgegen. „Es gibt keinen Grund, gestresst an den Startblock zu gehen. Die EM wird eine sehr wichtige Erfahrung für meine weitere Karriere“, sagt Mordi, der Elfter der europäischen Jahresbestenliste ist. „Das Finale zu erreichen, wäre ein großer Erfolg, ist aber durchaus möglich.“
Olympia-Ticket über die 110 Meter Hürden ist Mordi so gut wie sicher
Ein noch größerer Erfolg ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris in diesem Sommer, die Mordi nahezu sicher hat. Zwar liegt die Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbands bei 13,27 Sekunden, aber durch genügend gesammelte Punkte im Weltranking reicht die Bestätigungsnorm von 13,49 Sekunden. Die finale Nominierung erfolgt nach der Deutschen Meisterschaft am finalen Juni-Wochenende, zu der Mordi als Titelverteidiger anreist.
Dass es der Schützling von HSV-Trainer Christopher Bickmann überhaupt nach Paris schafft, ist eine Geschichte für sich. Erst vor sechs Jahren fing der frühere Fußballer (Sechser, Außenbahn) vom HSV Barmbek-Uhlenhorst und USC Paloma mit der Leichtathletik an, seit vier Jahren betreibt er seinen Sport ernsthaft. Seine ältere Schwester Maria, eine frühere Hochspringerin, hatte ihn dazu gebracht.
„Hassliebe“ Hürden: HSV-Sprinter wollte lieber über 100 Meter starten
Wobei die Hürden eine „Hassliebe“ darstellen. Die technisch anspruchsvolle Disziplin über die knapp 1,07 Meter hohen Hindernisse erfordert viel Detailarbeit, auf die ein energiegeladener Youngster wie Mordi anfangs verständlicherweise wenig Lust hatte.
Kaum jemand kann das besser nachvollziehen als Helge Schwarzer, dessen Namen und bisherige Hamburger Bestzeit von 13,39 Sekunden Mordi nun aus den Geschichtsbüchern radiert hat. Wehmütig darüber ist der 38-Jährige nicht mal im Ansatz: „Ich definiere mich nicht mehr als Hürdenläufer und liebe es, die individuelle Entwicklung von Menschen zu beobachten. Wenn der neue Rekordhalter dann noch aus meinem Verein kommt, gibt es doch nichts Besseres“, sagt der zweifache Deutsche Vizemeister.
Helge Schwarzer unterstützt Rekordhalter Mordi als Mentor
Dass die Entwicklung seines Nachfolgers noch lange nicht abgeschlossen ist, davon ist er überzeugt. „Ich finde es mega geil, dass er so früh schon solche Zeiten abrufen kann“, sagt Schwarzer. Nun gehe es darum, dass Mordi konstant Spitzenzeiten zwischen 13,30 und 13,50 Sekunden abrufe und nicht nur punktuell.
Um ihn zu unterstützen, nimmt sich Schwarzer, inzwischen selbstständiger Foto- und Videograf, Mordi zunehmend als Mentor an, hilft unter anderem bei der Öffentlichkeitsarbeit. „Es ist gut zu wissen, dass ich nicht der einzige HSV-Hürdensprinter bin, sondern es vor mir schon einen richtig guten gab“, sagt Mordi, der bislang nur mit Schwarzer telefoniert hat. Demnächst ist ein Treffen vereinbart.
Vier Hamburger starten bei der Leichtathletik-EM in Rom
Doch zunächst stehen andere Themen auf der Prioritätenliste. Stichwort Rom. Aber auch Stichwörter Paris, Bergen (Norwegen) und Tokio. In beiden letztgenannten Destinationen werden 2025 die U-23-EM und die WM der Profis ausgetragen.
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Ziele, auf die der leidenschaftliche Koch diszipliniert hinarbeitet. In Bickmann trainiert ihn eine Vertrauensperson. Wie die HSV-Sprinter Lucas Ansah-Peprah und Owen Ansah – neben Diskuswerfer Mika Sosna (TSG Bergedorf) die einzigen weiteren Hamburger bei der EM – nach Mannheim zu ziehen, um am Stützpunkt zu trainieren, kommt für Mordi derzeit nicht infrage.
Mordi hofft, dass Hamburg zum Olympia-Stützpunkt wird
„Ich hoffe, dass Hamburg sich zum Stützpunkt entwickeln kann, damit unsere Trainer lukrative Anstellungen erhalten, sie haben es wirklich verdient“, sagt er. Umzug vorerst ad acta, es gibt andere Wunschvorstellungen.
Mal in einem Olympischen und WM-Finale zu stehen, eine EM-Medaille zu gewinnen, traut sich der reflektierte Hamburger zu. „Eigentlich verrückt, wenn man bedenkt, dass ich die 100 und 200 Meter laufen wollte, aber nie die Hürden. Doch mein Trainer hat mir versprochen, dass ich dort besser sein werde“, sagt Mordi.
Traum von Olympia erfüllt sich diesen Sommer in Paris
Bickmann behielt recht. Was seinem Schützling nun wahrscheinlich den Traum von Paris erfüllt. „Olympia mit 20, das ist unvorstellbar“, sagt Mordi.
Rund 20 Stunden an sechs Tagen pro Woche trainiert Mordi er dafür, studiert nebenher noch Psychologie an der Medical School Hamburg („In Deutschland braucht man einen Plan B“). Die Belohnung dafür gibt es am Sonnabend in Rom, wenn er am Startblock steht: ganz allein.