Hamburg. „Digga, auch Nazis gehen wählen!“ Starker Wahlaufruf von Jojo Liebnau, Football-Coach der Huskies, geht in Hamburger Sport-Welt viral.
Das Video, über das seit Anfang dieser Woche ganz Hamburg spricht, kommt nicht von Sylt. Aber es hat auch mit Sylt und den unsäglichen „Deutschland den Deutschen“-Gesängen zu tun. „Mal Hand hoch, wer hat in den letzten Tagen das Video aus Sylt gesehen?“, fragt Jojo Liebnau in dem 78-Sekunden-Clip, der besonders in der Sportwelt gerade viral geht. „Ich finde das nicht witzig.“
Liebnau ist in Hamburgs Sportszene vor allem dadurch bekannt, dass er bis 2014 der Capo (Vorsänger) der HSV-Ultras war. Etwas weniger bekannt ist möglicherweise, dass er aber auch schon seit Jahren sehr aktiv im American Football ist – als einer von mehreren Coaches im U20-Nachwuchsteam der Hamburg Huskies. Und dass seine Traineransprachen durchaus überzeugend sind, davon kann sich nun jeder selbst bei X (früher Twitter) oder bei Instagram überzeugen.
Früherer Vorsänger vom HSV mit starker Reaktion auf das Sylt-Video
Über das ausländerfeindliche Video sagt Liebnau in seiner Mannschaftsansprache, die online einsehbar ist: „Wenn man so etwas erlebt, dann muss man dagegen aufstehen.“ Der 42-Jährige schaut seine Teenager-Spieler an, und sagt: „Es gibt zwei Möglichkeiten.“ Entweder müsse man „krass Haltung zeigen“, so Liebnau, „indem man sagt: Digga, nicht mit mir! Verpiss dich!“ Und Möglichkeit zwei: „Indem man wählen geht.“
Dann wird der Eimsbüttler sehr deutlich zu seinen Nachwuchs-Footballern: „Ihr habt alle in den letzten Tagen Wahlunterlagen bekommen. Ihr seid das erste Mal berechtigt, wählen zu gehen.“ Am 9. Juni ist die Europawahl. „Digga“, sagt Liebnau, „Nazis gehen auch wählen!“ Seine kernige Botschaft: „Kriegt euren Arsch hoch und geht wählen.“
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Aufgenommen wurde das Video am vergangenen Sonnabend nach dem Spiel der Huskies in Lübeck. Und im Gespräch mit dem Abendblatt verrät Liebnau, dass seine Mannschaftsansprache auch im Nachhinein zu einer Debatte innerhalb des Teams geführt habe. Viele hätten sich bedankt, sagt der Coach, dem vor allem wichtig ist, dass man Geschehnisse wie auf Sylt nicht unkommentiert lässt.
Auch die Kommentare bei X und Instagram sind überwiegend positiv, wobei es auch den einen oder anderen Gegenwind von rechts gibt. „Häufig gibt es die Diskussion, wie politisch eigentlich der Sport sein sollte“, sagt Liebnau, der eine klare Meinung dazu hat: „Das Schöne an Sport ist, dass der Sport alle verschiedenen Leute verbindet. In der Sportblase kann keiner so ein Video wie aus Sylt verstehen. Es ist aber aus meiner Sicht auch wichtig, dass sich aus unserer Sportbubble sich Widerstand regt, wenn in Sylt jemand singt: ‚Ausländer raus!‘ Wir müssen deutlich machen, dass wir damit nicht einverstanden sind.“
Reaktion auf Sylt: Sportwelt reagiert begeistert auf das Video
Ziemlich einverstanden ist die Hamburger Sportwelt mit Liebnaus Video, das alleine bei X mit Stand Dienstagmittag rund 160.000-Mal angezeigt, 1000-Mal retweetet und rund 4000-Mal gelikt wurde. Der TV-Moderator Michel Abdollahi schreibt: „Danke Jojo, du hast das Herz immer noch da wo es hingehört“, die Hamburg Sea Devils kommentierten: „Wichtig und richtig. Geht wählen. Bleibt stabil.“ Und der Hamburger Medienunternehmer Oliver Wurm postete bei X einen Daumen hoch mit dem Kommentar: „Erst wählen, dann zu den @HamburgHuskies“.