Hamburg. Dank perfekter Saison mit 10:0 Siegen stieg das American-Football-Team in Liga zwei auf. Diese hält viele Herausforderungen bereit.
Der Stolz auf das, was seine Jungs da geschafft haben, lässt Stefan Mau noch immer strahlen wie ein Schulkind beim Anblick des weihnachtlichen Gabentischs, auch wenn der Erfolg 14 Tage her ist. „Eine perfekte Saison ist immer etwas Besonderes“, sagt der 62-Jährige, „aber wenn man mit 10:0 Siegen in die Zweite Liga aufsteigt, dann darf man wirklich stolz sein.“
Das darf man in der Tat, und weil die Hamburg Pioneers, deren Cheftrainer Mau seit vergangener Saison ist, nach dem Aufstieg Hamburgs höchstklassiges Team im nationalen American-Football-Spielbetrieb sind, ist die Aufmerksamkeit für den 1988 als Sparte der SV Polizei gegründeten und damit ältesten aktiven Footballclub der Stadt (rund 400 Mitglieder, die Hälfte davon Jugendliche) enorm gewachsen. „Jeden Tag bekomme ich Anfragen von Spielern, die sich für uns interessieren“, sagt Stefan Mau.
Pioneers wollen die Amateurschiene abdecken
Der frühere Nationalspieler, der hauptberuflich mit eigener Agentur als Makler zwischen Groß- und Einzelhandel in der Bekleidungsbranche tätig ist, weiß das gestiegene Interesse einzuordnen. Die Hamburg Sea Devils, die vor drei Jahren zur Gründung der Europaliga ELF den Spielbetrieb aufnahmen, haben die besten lokalen Talente in ihrem Kader zusammengezogen. Nicht alle jedoch kamen im Profigeschäft – und als solches versteht sich die ELF – wie erhofft zum Zuge.
Für diese, aber auch für die große Gruppe an Hamburger Footballspielern, die von vornherein ihren Sport eher als Hobby betrachten, ihn aber dennoch leistungsbezogen betreiben wollen, ist eine Mannschaft in der GLF 2 eine echte Chance. „Der Aufstieg ist für uns Rückenwind hoch zehn“, sagt Stefan Mau, betont aber im selben Atemzug, dass die Mannschaft, die den Weg aus der Regionalliga Nord gegangen ist, nicht auseinandergerissen werden dürfe.
Als Trainer war er in Kiel deutscher Meister
„Wir werden darauf achten, dass das Teamgefüge nicht gestört wird, denn das Commitment unserer Jungs war das, was uns durch die Saison getragen hat“, sagt der ehemalige Quarterback, der vor jeder Partie ein großes Problem damit hatte, den 60er-Trainingskader auf 50 für den Spieltag erlaubte Akteure zu reduzieren. „Abgesehen von den Verletzten waren alle extrem heiß darauf, dabei zu sein. Das gab jedes Spielwochenende echte Dramen“, sagt er.
Auf diese Geschlossenheit will Stefan Mau, der 2010 unter Headcoach Patrick Esume im Trainerstab der Kiel Baltic Hurricanes deutscher Meister wurde und ebenfalls an Esumes Seite 2017 mit Frankreichs Nationalteam die World Games gewann, auch in der Anfang Juni 2024 beginnenden Zweitligasaison setzen. Mit einer normalen Fluktuation von acht bis zehn Abgängen rechne er, „die wir adäquat ersetzen müssen. Aber wir bleiben bei unserem Credo, ein Hamburger Team mit norddeutschem Schwerpunkt zu sein.“
Sohn Benjamin spielt für die Sea Devils
Lediglich zwei Schlüsselpositionen sollen mit US-Importspielern besetzt werden, die im Verein angestellt werden und bei jedem Training Anwesenheitspflicht haben. „Auch wenn uns ein ganz neues Level erwartet, werden wir uns auch in der höheren Liga nicht verstecken. Etwas anderes als den Anspruch, jedes Spiel zu gewinnen, kenne ich nicht“, sagt der in Tangstedt im Kreis Stormarn lebende Coach, dessen Sohn Benjamin (31) als Widereceiver für die Sea Devils spielt.
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Was die Infrastruktur angeht, stellt der Aufstieg die Pioneers, die die Lokalrivalen Blue Devils, Black Swans (beide Regionalliga) und Huskies (Oberliga) abgehängt haben, vor neue Herausforderungen. Die Trainings- und Spielstätte am Jahnring im Stadtpark verfügt nicht über die geforderte Tribüne. Eine Ausnahmegenehmigung ist angefragt, der benachbarte Fußball-Bezirksligist VfL 93 hat sein Stadion als Ausweichstätte angeboten.
Auch der Etat, in Liga drei rund 60.000 Euro, dürfte sich verdoppeln. Im Speditionsunternehmen Acargo und dem Autohaus Hugo Pfohe haben die Pioneers aber treue Hauptsponsoren, die das gestiegene Bedürfnis abfedern. „Bei uns sind alle extrem heiß darauf, die GFL 2 zu rocken“, sagt Stefan Mau, der die größte Herausforderung darin sieht, „sich daran gewöhnen zu müssen, auch mal wieder Spiele zu verlieren.“ Wobei er gegen eine weitere perfekte Saison überhaupt nichts einzuwenden hätte.