Hamburg. Finanzielle Lage des Galoppsports in Hamburg bleibt angespannt, Schulden von 1,5 Millionen stehen zu Buche. Insolvenz ist kein Thema.

Die Messlatte liegt nicht allzu hoch, wohlweislich. „Schaffen wir keine zwei Millionen Euro Wettumsatz, haben wir versagt“, machte Rennvereinschef Hans Ludolf Matthiessen vor der Rennwoche auf der Galopprennbahn in Horn klar. Denn weniger wäre für den traditionsreichen und traditionell klammen Hamburger Renn-Club (HRC) ein wirtschaftliches Problem.

Zwar wurde mit ehrenamtlichem Einsatz ein attraktives Fünftageprogramm organisiert; das finanzielle Fundament indes ist fragil. Gut 1,5 Millionen Euro Schulden stehen zu Buche. Einige Mitglieder wähnten den gemeinnützigen Verein bereits an der Schwelle zur Insolvenz. Hinter den Kulissen wurde ein solcher Weg tatsächlich diskutiert, jedoch letztlich verworfen: zu unhanseatisch.

Anschließend wäre mit dem 1852 gegründeten Club in der Hansestadt kein Staat mehr zu machen. Außerdem wären bei „Neustart“ Rechte wie Derbylizenz oder Erbpachtvertrag für das Gelände in Horn erloschen. Ohnehin ist die Existenz ein Balanceakt – von Jahr zu Jahr.

30.000 Euro Plus in 2021 und 2022

In den beiden vergangenen Jahren wurden jeweils rund 30.000 Euro Plus erwirtschaftet. Nicht viel, aber besser als der zwischen 2007 und 2019 angehäufte Millionenverlust. Früher bürgten Teile des Vorstands mit fünfstelligen Summen. Die Zinsen wurden als Spenden verbucht.

Zwar gehören Notfälle wie diese der Vergangenheit an, doch ist die Verschuldung besorgniserregend. Größter Gläubiger ist ausgerechnet jener Kaufmann, der im Oktober 2020 nach 42 Jahren aus dem HRC-Vorstand vergrault wurde: Albert „Atti“ Darboven. Und zwar direkt und indirekt. Der 87-Jährige ist zu vornehm, um sich öffentlich zu den Ränkespielen vor knapp drei Jahren zu äußern.

Der Kaffeekaufmann mit Herz für die Vollblutzucht gewährt dem Verein einen privaten Kredit in Höhe von mehr als einer Million Euro. Das Unternehmen J. J. Darboven ist mit der Restsumme im Rennen. Zusammen sind es gut 1,5 Millionen Euro.

Albert Darboven größter Gläubiger

Die Grundschulden sind auf das Erbpachtgelände der Horner Rennbahn eingetragen. Aktuell dürfte der Zinssatz zwischen zwei und drei Prozent liegen, mehr als 35.000 Euro. Ohne bankübliche Verzinsung könnte das Finanzamt die Darlehen als Schenkungen werten. Da einer wie Darboven zu seinem Wort steht, ist er unverändert Patron der Idee-Derbywoche.

Die Vereinbarung ist jährlich kündbar, von beiden Seiten. Theoretisch. Praktisch wird der Kaffeeröster wohl an Bord bleiben. Der Unternehmer will keinesfalls als „Totengräber“ des mehr als 170 Jahre alten Vereins gelten.

Folglich wird Albert Darboven an diesem Sonntag gegen 14.30 Uhr erneut bei der Siegerehrung seinen Mann stehen – ohne eine Miene zu verziehen. Bürgermeister Peter Tschentscher hat sein Erscheinen gleichfalls angekündigt. Wie bei anderen sportlichen Großereignissen ist die Stadt als Unterstützerin zur Stelle. Der Betrag schwankt zwischen 100.000 und 200.000 Euro im Jahr.

Etat beträgt 3,1 Millionen Euro

Ohne diesen Zuschuss wäre der HRC-Etat von 3,1 Millionen Euro noch schwerer zu stemmen. Wetteinsätze wie Nenngelder decken jeweils etwa ein Viertel der Kosten. „Der Wettumsatz ist nicht alles, aber eine wichtige Säule“, sagte HRC-Präsident Matthiessen. Der Rest setzt sich aus Eintrittsgeldern, Sponsorenzahlungen, Wettprovisionen aus dem Ausland sowie anderen Veranstaltungen wie Flohmärkten auf dem Hippodrom zusammen.

Das Deutsche Derby selbst rechnet sich großteils durch von den Besitzern in den acht Monaten vor dem Start zu zahlenden Einsätze. Rund eine halbe Million Euro kommt so zusammen. Der Hamburger Renn-Club übernimmt 250.000 Euro.

Das Preisgeld im Wettstreit um das Blaue Band an diesem Sonntag beträgt 650.000 Euro zuzüglich Züchterprämie, zusammen 760.000 Euro. Den Verein schmerzt, dass 65.000 Euro teure Nachnennungen ausblieben. „Bedauerlich“, sagte Schatzmeister Johann Riekers, „aber als hanseatische Kaufleute haben wir damit auch nicht kalkuliert.“

Problem mit zu kleinen Feldern

Vereinszweck sei Planung, Organisation und Durchführung des Derbymeetings auf einem soliden wirtschaftlichen Fundament, sagte der Bankkaufmann: „Am Ende brauchen wir ein ausgeglichenes Ergebnis, nicht unbedingt hohen Gewinn.“

Andererseits könne bei dauerhaften Verlusten die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. Seine Philosophie: „Die Rennwoche hat sich von einer reinen Leistungsprüfung zum Event für Hamburg und seine Gäste entwickelt.“ Ereignisse dieser Art hätten Seltenheitswert.

Umso ärgerlicher für den HRC sind Rennen mit kleinen Feldern. So nahmen am sportlichen Höhepunkt des Mittwochabends, dem Langen Hamburger (25.000 Euro), den Nastaria mit Miguel Lopez vor Hipop de Loire unter Wladimir Panov gewann, nur fünf Pferde teil. Am Freitag geht es von 11 Uhr an weiter mit den Rennen.