Hamburg. Am ersten von fünf Renntagen in Hamburg-Horn war die Stute Alpenblume mit Cristian Demuro im Sattel eine Klasse für sich.
James Blond hatte keine Lizenz zum Siegen. Im ersten Rennen der Hamburger Galopp-Derby-Woche hoppelte der favorisierte Fuchshengst am Sonntag nur als Letzter über die Zielmarkierung. Da lediglich vier Vollblüter in die Startmaschine eingerückt waren, durfte sich das Mülheimer Turfsyndikat dennoch über 750 Euro Preisgeld freuen.
Futter und Transport verdient, viel mehr nicht. Als souveräne Siegerin kassierte Sunshine Girl für den Stall Lucky Owner im Rheinland 6000 Euro. Das passte besser. Auch weil der Name der zweijährigen Stute zum Auftakt Programm war: Beim Familienrenntag auf dem Horner Hippodrom ging’s rund. Nicht nur auf dem Grasgeläuf.
Annähernd 10.000 Zuschauer machten sich auf dem Sattelplatz bei 28 Grad warm für neun spannende Rennen. Fast 40 Prüfungen werden folgen, bevor am kommenden Sonntag das 154. Deutsche Derby Höhepunkt des Pferdefestivals sein wird.
Der Anfang, so der einhellige Tenor auf der Grünanlage an der Rennbahnstraße, machte Appetit auf mehr. Mal abgesehen von wenig familienfreundlichen Preisen an den Gastronomiebuden. Zur Abwechslung ist am Mittwoch eine Abendveranstaltung bei freiem Eintritt angesetzt.
Galopp-Derby Hamburg: Kinder sorgen für gute Stimmung
Beim Wettstreit um das Blaue Band des Jahrgangsbesten am 2. Juli pflegen viele Besucherinnen oben mit zu tragen. Ein Hamburger Privatbankhaus, am Wochenende Gastgeber des traditionsreichen Derby Dinners, übernimmt das Patronat für einen Hutwettbewerb. Ausladend und extravagant willkommen. Am Sonntag ging der Nachwuchs mit kreativem Beispiel voran.
An einem Stand auf dem Marktplatz inmitten des Areals legten Kinder gekonnt Hand an. Fantasievoll gestaltete Meisterstücke wurden prämiert. Die Auftritte der Minitraber zwischen den richtigen Rennen der Großen passte ins farbenfrohe Bild. Der nur 90 Zentimeter große Joshy, auf Fehmarn im Training, mit Finn Milo Kröger im Sulky maß sich über 600 Meter mit Rivalen wie Pelle, Bandit und Macho – Beifall satt von den Rängen.
Ebenso wie für Maskottchen des Sponsors Wettstar, die – praktisch lebensgroß – zwischen Absattelring und Wandsbeker Bogen auf Tour waren. Fotos? Immer zu. Mutige Kinder fragten die Kostümträger nach ihren Namen. Antwort: Pferderike und Pferdolin. Was sonst. Auf der Freifläche abseits des Waagegebäudes sowie im Kinderland in Seenähe hatte das Gespann reichlich Auslauf. Zur allgemeinen Gaudi organisierte der Hauptsponsor des Volksrenntages gratis ein Karussell, Torwandschießen, Schminkecken, Hüpfburgen.
Stolze Preise beim Galopp-Derby
An anderer Stelle wurde umso intensiver hingelangt. „Satte Preise hier“, monierte eine Mutter mit zwei Mädchen im Schlepptau am Ausgang des Tunnels unter der Zielgeraden. Fischbrötchen, Bratwurst kosteten jeweils 5 Euro, ein Becher Wassermelonenstücke 6 Euro, ein Stück Pizza oder Vanilleeis mit Erdbeeren 7 Euro. Stolze Preise.
Wer mochte, gönnte sich Käsespätzle. Oder einen bayerischen Döner: geschnetzelter Leberkäse mit Kraut im Laugenfladen. 7 Euro. Mahlzeit. Auf ähnlich hohem Niveau angesiedelt war die Notiz auf einer Tafel am Restaurant To’n Peerstall: „Wir haben Bier, das kälter ist als das Herz deiner Ex.“ Prosit. Der Minigolfplatz dahinter soll erheblich besser sein.
Jockey Demuro überragt in Hamburg
Zurück zum Sport. Im Hauptereignis, dem Sparkasse Holstein Cup, wetteiferten 14 Stuten um 25.000 Euro. Kandidatinnen aus fünf Ländern sorgten für eine interessante Prüfung über 2200 Meter. In überragendem Stil dirigierte Jockey Christian Demuro die vierjährige Französin mit dem wenig französischen Namen Alpenblume auf der Geraden unwiderstehlich in Front. Auf dem Ehrenplatz lief mit Ability eine der krassesten Außenseiterinnen im Feld ein.
Turfkenner hatten es geahnt: Berufsrennreiter Andrasch Starke, aktuell mit Abstand führend in der deutschen Rangliste, ist immer für einen Coup gut. Während Rene Piechulek die Münchnerin Derida auf Rang drei dirigierte, hatte die 48:10-Totofavoritin Greym keine Chance. Wer die Dreierwette auf dem Tippschein korrekt ankreuzte, kassierte für einen Euro Einsatz 699,80 Euro Gewinn. Bei derart üppiger Rendite ergab es durchaus Sinn, dass neben dem Führring eine Wettschule eingerichtet ist.
Wer die Kühle der Katakomben in der altehrwürdigen Haupttribüne vorzog, hatte nur wenige Schritte bis an die Rails. Erkenntnis der Premierengäste: Es gibt wenige Sportarten, bei denen man so nah am Geschehen ist wie auf der Galopprennbahn im Südosten der Hansestadt. Erlebnisfaktor: hoch. Es war eine einladende Geste des ausrichtenden Hamburger Renn-Clubs von 1852 (HRC), auf beiden Seiten des Geläufs Holzbänke mit Tischen eingerichtet zu haben – grün beklebt von einem Wettanbieter.
Ebenso entgegenkommend ist die bewährte Praxis, Zuschauern mit Picknickkörben, Campingtischen und Kühltaschen problemlos Zutritt zu gewähren. Ein bisschen mit Kalkül: Wer an den teuren Futterbuden spart, hat Geld locker für den Totalisator.
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Galopp-Derby: Wetten tragen zur Finanzierung bei
Denn neben Sponsoren und Einnahmen aus dem Ticketverkauf tragen Wetten zur Finanzierung des Derbymeetings bei. Bis Montag um 13 Uhr können beim Galopper-Dachverband in Köln Nachnennungen für das Deutsche Derby abgegeben werden. Kostenpunkt: 65.000 Euro. „Das wäre ein schönes Taschengeld“, sagte HRC-Schatzmeister Johann Riekers.
Vor dem Hauptrennen nahm er das HSV-Maskottchen „Hermann“ in Empfang. „Dieses Jahr steigt der HSV auf“, soufflierte der Bahnsprecher für den Dino. Offensichtlich in Unkenntnis, dass die Saison gelaufen ist. Vor 2024 geht also gar nichts mehr. Kein Problem für „Hermann“.
Derweil dieser Kinderhände abklatschte, preschte der fünfjährige Wallach Atze als Sieger des siebten von neun Rennen zum Erfolg. Die Fachzeitung „Sport-Welt“ hatte mal wieder eine treffliche Vorhersage gemacht. Auf Sieg brachte Atze fast doppelten Einsatz. Gewinnender Anlass für einen Abstecher an die Algarve. Das zumindest deutete ein Wegweiser im Innenraum an.
In der Tat kam auf den Liegestühlen, zwischen Palmen und einer Oase mit Drinks, Flair wie im Süden Portugals auf. Drei Grad mehr in Faro als in Hamburg-Horn am Sonntag machten keinen wesentlichen Unterschied. Als kleiner Turfkönig konnte man auf dem Hippodrom vorzüglich auf der Sonnenseite sein.