Hamburg. Beim Galopp-Derby gibt es 1,38 Millionen Euro zu gewinnen. Sonntag geht’s in Horn los. Was die Maulwürfe diesmal besonders freut.
Wenn Jockey Adrie de Vries am Sonntag gegen 10.45 Uhr seinen zweijährigen Fuchshengst James Blond aus der Startbox in eine günstige Position dirigiert, kann er nicht viel verkehrt machen: Erstens gibt es in Hamburg nur vier Rivalen, zweitens erhält der Vorletzte noch 750 der 10.000 Euro Preisgeld. Drittens wird den jungen Vollblütern bewusst nicht alles abverlangt. Erst als Dreijährige sollen sie am Zenit sein. Nur in diesem Alter dürfen sie im Deutschen Galopp-Derby laufen – einmal im Leben. Wenn sie richtig gut sind.
Galopp-Derby in Hamburg: 31 Pferde sind gemeldet
Somit weist der Start in die Derbywoche am Sonntag den Weg für fünf interessante Renntage. Höhepunkt ist der Wettstreit um das Blaue Band eine Woche später. Es ist die 154. Auflage des traditionsreichen Turfklassikers. Noch sind 31 Pferde genannt, darunter je drei Galopper aus England und Irland sowie ein Franzose.
Das endgültige Feld wird am Montagabend bekanntgegeben. Maximal 20 Pferde dürfen sich im Rennen des Jahres auf die Distanz von 2400 Metern machen. Es geht rund, etwas mehr als einmal. Und es geht um 650.000 Euro – sowie großen Ruhm.
Stute Kassada nicht auf der Derby-Liste
Die Mutter aller Fragen, vor allem für Johann Riekers, den Schatzmeister des Hamburger Renn-Clubs (HRC), ist: Wird noch ein Hochkaräter nachnominiert? Der Hintergrund: Haben Besitzer oder Trainer ihre Kandidaten nicht ganz früh auf die Liste der Derbystarter gesetzt, müssen sie bei Bedarf kräftig nachzahlen: 65.000 Euro. Das Gestüt Röttgen bei Köln erwägt für ihre Stute Kassada diesen kostspieligen Schritt. Stalljockey Andrasch Starke (49) würde sie dann wohl reiten.
Für die zumeist in Großbritannien ansässigen Gestüte arabischer Scheichs wäre die Summe ein Taschengeld. „Man pflegt dort spontan zu entscheiden“, weiß der HRC-Vorsitzende Hans-Ludolf Matthiessen. Er verspricht „ein Derbymeeting der Extraklasse“. Binnen acht Tagen stehen bisher 50 Rennen auf dem Programm. Am Eröffnungssonntag sind es neun Prüfungen mit wahrscheinlich 88 Startern.
Hamburg hofft auf 50.000 Zuschauende
„Überall in Deutschland haben wir Probleme, Rennen ausreichend zu besetzen“, sagte Matthiessen bei der Vorstellung des Ereignisses im „Oval Office“ des Hotels Grand Elysée. Die Zahl trainierter Galopper hierzulande nimmt kontinuierlich ab. Zwei mit jeweils nur fünf Pferden besetzte Rennen am Sonntag dokumentieren das Problem. Da insgesamt 1,38 Millionen Euro Prämien locken, hält sich der Aderlass indes in Grenzen. Der Renn-Club hofft auf bis zu 50.000 Zuschauer.
„Wir hätten lieber sieben Renntage organisiert“, sagte der HRC-Chef. So wie vor Corona. Nunmehr stehen neben diesem Sonntag und Mittwoch das lange Wochenende vom 30. Juni bis 2. Juli auf dem Plan. Anfangszeiten von meist 10.15 Uhr mit Hauptrennen in der Mittagszeit sind ein Entgegenkommen an ausländische Wettzentralen.
Hamburger Galopp-Derby live in Hongkong übertragen
Der HRC ist auf Provisionen besonders aus Frankreich und Fernost angewiesen. So geht das Deutsche Derby am ersten Julisonntag schon um 14.15 Uhr ab. In Hongkong wird der Klassiker live übertragen – im Gegensatz zu Deutschland. Zwar wird kräftig gestreamt, doch ARD und ZDF halten sich im Gegensatz zu früher mit Zusagen zurück.
Als Trost bleiben 1,5 Prozent der international auf das Derby gezockten Einsätze, vermutlich ein Betrag zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Unter dem Strich, so meint man im HRC-Vorstand, sei die Aufnahme in den „World Pool“ des Turfs mit drei Rennen aus Deutschland und 28 angeschlossenen Ländern eine Ehre.
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Apropos Geld. Bis zum Totoschluss am 2. Juli nachmittags kalkuliert Schatzmeister Riekers mit einem Wettumsatz um 2,1 bis 2,2 Millionen Euro. „Wenn wir zwei Millionen nicht schaffen“, gab Matthiessen zu Protokoll, „haben wir versagt.“ Umso wichtiger ist das geschnürte Sponsorenpaket. Federführend im Team von 26 Partnern sind das Unternehmen J. J. Darboven (Idee Kaffee) als Namenspartner des Derbymeetings sowie der Anbieter Wettstar. Die Firma ist Patron des mit 70.000 Euro dotierten Großen Hansa-Preises am 1. Juli, dem nach dem Derby renommiertesten Rennen der Woche.
Umfangreiches Programm für Kinder
„Das Publikum wird nicht nur sportlich auf seine Kosten kommen“, garantiert die Stellvertretende HRC-Vorsitzende Catharina Wind. Ein Beispiel ist der Familienrenntag an diesem Sonntag mit Kinderland, Mini-Trabrennen und einem Hutwettbewerb für die Kleinen. Im Blickpunkt steht um 13.45 Uhr der Sparkasse Holstein Cup, ein mit 25.000 Euro ausgestattetes Stutenrennen. Kandidatinnen aus Dänemark, Frankreich, Polen und Schweden werden es den einheimischen Stuten schwer machen. Für Zocker ist dieser Wettstreit ein Rätsel. Ob Alpenblume oder Möwe nach 2200 Metern die Nüstern vorn haben wird?
Abends geht es nur am Mittwoch rund. Zwischen 17 und 21 Uhr heißt das gesellschaftliche Motto: „Auf in die Zukunft.“ Bei freiem Eintritt sind jüngere Besucherinnen angesprochen – und die Wirtschaft. Gäste mehrerer Verbände wurden eingeladen. Der ehemalige Bundesminister Peter Altmaier (CDU) übergibt die Ehrenpreise.
Galopp-Derby in Hamburg: Worüber sich Maulwürfe freuen
Dann ist der zweijährige Fuchshengst James Blond nach seinem Härtetest am Eröffnungstag wieder in seinem Stall in Mülheim an der Ruhr. 1400 Meter sind für ihn eine Strapaze. Über die Sprintdistanz von 1000 Metern können in diesem Jahr keine Rennen gestartet werden. Grund sind U-Bahn-Bauarbeiten in Nähe des Horner Bogens. Was auch Vorteile hat: Dort tummeln sich aktuell besonders viele Maulwürfe. Für sie ist das Hippodrom auf dem Horner Moor ein Paradies. Glück gehabt – schon vor dem ersten Start.
Andreas Jacobs (59) aus der Bremer Kaffeeröster-Dynastie wurde zum neuen Vorsitzenden des Vereins Pferdezentrum Horner Rennbahn e.V. gewählt, der sich um den Bau der geplanten Doppelrennbahn kümmert. Sein Vorgänger Albert Darboven bleibt als zweiter Vorsitzender dem Verein erhalten.