Hamburg. Hockey-Rekordspieler Tobias Hauke vom HTHC beendet am Sonnabend seine Karriere und erinnert sich an die wichtigsten Momente.
So recht behaglich ist ihm noch nicht beim Gedanken an das, was am Sonnabend auf ihn wartet. Weggefährten aus 20 Jahren Hockey auf Weltklasseniveau werden nach Hamburg kommen, um Tobias Hauke zu ehren.
Von 15 Uhr an tritt bei freiem Eintritt auf der Anlage des Harvestehuder THC an der Barmbeker Straße eine Auswahl aus ehemaligen und aktuellen Nationalspielern gegen ein „Best of“-Team des HTHC an, um dem deutschen Rekordnationalspieler einen Abschied zu bescheren, der seiner Erfolge würdig ist. Doch obwohl der 35-Jährige in seiner Laufbahn in vielen Spielen so gespielt hat, dass er einfach auffallen musste, ist es genau das, was er nicht mag: im Mittelpunkt zu stehen.
„Für mich zählt immer nur der Erfolg des Teams, alles andere ist mir nicht wichtig“ – diesen Satz hat er über die Jahre wie ein Mantra wiederholt. Sagen tun das viele, ihm jedoch kann man es uneingeschränkt glauben. Und weil es so ist, wäre er auch ohne großes Brimborium von der Hockeybühne abgetreten.
Erstes Bundesligaspiel im April 2004
Dass seine jüngere Schwester Franzisca (33) – die ebenfalls nach der gerade abgelaufenen Saison mit dem Leistungssport aufgehört hat und angesichts ihrer internationalen Karriere selbst ein Abschiedsspiel verdient hätte – mit weiteren engen Vertrauten die Party organisiert, freut ihn natürlich trotzdem. „Ich hoffe einfach, dass es eine Atmosphäre wird, von der alle sagen: Es war ein angemessener Abend“, sagt er.
Wie aber würdigt man angemessen ein Sportlerleben, von dem der Protagonist damals, als er im April 2004 als 16-Jähriger gegen Schwarz-Weiß Neuss sein erstes Bundesligaspiel für den HTHC bestritt, nicht einmal selbst zu träumen wagte?
„Mein Traum war es, Nationalspieler zu werden, aber mein Ansporn war damals, mich als Bundesligaspieler zu etablieren. Bei Olympia auf dem Podium zu stehen, das hätte ich nie für möglich gehalten“, sagt er. Als Toptalent galt damals Jonathan Fröschle, mit dem Tobias Hauke die gesamten Jugendteams durchlief. Er selbst war zwar fleißig, ragte aber nie heraus.
Verheerendes Zeugnis in der U 16
In der deutschen U-16-Auswahl stellte ihm der damalige Coach Markus Weise, der später als erfolgreichster Bundestrainer der Geschichte mit Damen und Herren Olympiagold gewann, ein verheerendes Zeugnis aus. „Im athletischen Bereich gab er mir eine Sechs, damit galt ich als nicht versetzt“, erinnert sich Tobias Hauke.
Er zog aber die richtigen Schlüsse aus der Bewertung und ließ sich von Athletiktrainer Rainer Sonnenburg in Einzelschichten schinden. Weise, der ihn trotz der Defizite nicht fallen ließ und später ins A-Nationalteam holte, und Sonnenburg zählt Hauke heute zu dem Trio, das seine Karriere maßgeblich geprägt hat.
Der Dritte im Bunde ist Christoph Bechmann, unter dem er von 2008 bis zum vergangenen Sonntag, als er mit den HTHC-Herren bei der Final-4-Endrunde in Mannheim in seinem letzten offiziellen Spiel Rang drei und damit die Europacupteilnahme in der kommenden Saison sicherte, in der Bundesliga spielte. „Bechi hat mir nie die Ruhe gelassen, mal etwas zurückzuschalten. Auch wenn wir oft angeeckt sind, haben wir gut harmoniert und einander viel zu verdanken“, sagt er.
Härtester Moment unter Trainer Bechmann
Dennoch verhehlt Hauke, der als Mittelfeldregisseur und Abwehrchef immer Führungsspieler und Leistungsträger war, nicht, dass Bechmann auch für den dunkelsten Moment seiner Karriere verantwortlich war. Vor einigen Jahren hatte der Coach im Mannschaftsrat eine Diskussion darüber angefacht, ob Hauke seiner Rolle noch gerecht würde und im Team überhaupt noch Platz für ihn sei.
„Er wollte damals noch mehr Leistung aus mir herausholen, aber dass der Trainer mir in dieser Art die Pistole auf die Brust setzt, war der härteste Moment meiner Karriere.“
Eine besondere Rolle spielte zudem Norbert Sibum, der Physiotherapeut am Olympiastützpunkt, der Hauke 2019 nach einem Knorpelschaden im Knie noch einmal in die Form brachte, 2021 in Tokio seine vierten Olympischen Spiele absolvieren zu können. „Norbert steht stellvertretend für alle, die abseits des Rampenlichts Arbeit leisten, für die man sich nicht oft genug bedanken kann.“
Zweimal Olympiagold und Welthockeyspieler
Die Erfolge, die Tobias Hauke feiern durfte, sind oft besungen worden. Olympiasieger 2008 und 2012 war er, Bronze kam 2016 in Rio de Janeiro dazu. Er war zweimal Hallenweltmeister, gewann auf dem Feld WM-Silber und zweimal den EM-Titel.
Mit Rot-Weiß Köln, wo er zwischen 2008 und 2010 spielte, holte er zwei deutsche Meistertitel und den Hallen-Europapokal, mit dem HTHC war er viermal deutscher Meister und krönte sich 2014 auf dem Feld zum Europapokalsieger. Priorisieren will er all diese Triumphe nicht. „Jeder hat seine eigene Geschichte und Bedeutung“, sagt er.
Weniger wichtig sind ihm die persönlichen Auszeichnungen, die ihn in der öffentlichen Wahrnehmung indes von so vielen anderen abheben. 2013 wurde er zum Welthockeyspieler gekürt; eine Auszeichnung, „die mich zwar sehr stolz gemacht hat, die ich aber mehr als Lohn für meine Trainer und Mitspieler betrachte, ohne die es nicht möglich gewesen wäre.“
Den Länderspielrekord wollte er nicht
Mit 365 Länderspielen Rekordnationalspieler zu sein, das ist eine Marke, die er in frühen Jahren sogar unbedingt vermeiden wollte. „Ich dachte damals, man wäre dann der größte Hockey-Horst, der rumläuft, wollte mich nicht darauf reduzieren. Mittlerweile bin ich dankbar dafür, so lange das Vertrauen bekommen zu haben.“
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Viele erfolgreiche Athleten haben Angst vor dem Karriereende, weil sie fürchten, nie wieder etwas so gut zu können wie den Sport, den sie verlassen. Tobias Hauke bezeichnet es „als meinen wahrscheinlich größten Erfolg“, neben der Laufbahn bereits für das Leben danach vorgebaut zu haben.
Er ist seit sechs Jahren mit seiner Alina verheiratet, die ihn seit 16 Jahren kennt und ihm den Rücken für seinen Sport frei gehalten hat. Die beiden haben zwei Töchter, Clara (5) und Lou (2). Seit Anfang vergangenen Jahres ist er geschäftsführender Gesellschafter im familieneigenen Rohstoffhandelshaus Hauke KG. „Ich freue mich darauf, mehr Zeit für die Firma zu haben und meiner Frau, meinen Kindern und meinen Eltern, die immer meine größten Unterstützer waren, etwas zurückgeben zu können“, sagt er.
In Zukunft mehr Tennis oder Golf
Was nicht bedeutet, dass der HTHC künftig auf seinen berühmtesten Sohn wird verzichten müssen. Sportlich will sich Tobias Hauke zwar mehr in Richtung Tennis, Padel oder Golf orientieren, er kann sich aber durchaus vorstellen, im Verein oder auch im Deutschen Hockey-Bund administrative Aufgaben zu übernehmen.
Zum Ende des Gesprächs, als die Frage im Raum steht, wie er sich emotional auf sein Abschiedsspiel vorbereite, sagt er einen Satz, der ihm sichtlich schwer über die Lippen kommt. „Das Gute ist, dass danach wirklich Schluss ist.“ Es mag sein, dass es den Hockeyspieler Tobias Hauke nie wieder geben wird. Im Sport jedoch ist noch lange nicht Schluss für ihn, und das ist eine gute Nachricht.
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