Hamburg. Hamburger Hockey-Geschwister wollen in Japan zum zweiten Mal gemeinsam Olympia erleben. Dafür müssen die Damen Italien schlagen.
Tattoos mag sie eigentlich nicht. Aber diese kleinen olympischen Ringe am linken Unterarm, die mussten sein. Franzisca Hauke hat sie sich im April stechen lassen, fast drei Jahre, nachdem sie bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro Bronze mit den deutschen Hockeydamen gewinnen konnte. Viele Athleten lassen sich die fünf Ringe als Zeichen ihrer Leidenschaft vor dem ersten Olympiastart in die Haut brennen.
Franzisca Hauke hatte immer den Traum, sich diese gemeinsam mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder Tobias (32) tätowieren lassen. Aber der Welthockeyspieler von 2013, der 2008 und 2012 Olympiasieger war und 2016 ebenfalls Bronze gewann, wollte bislang nicht. Und mit Tokio 2020 im Blick wollte die Schwester einfach nicht mehr warten.
Wenn alles glatt läuft an diesem Wochenende, dann haben die Geschwister vom Harvestehuder THC im kommenden Jahr die Chance, über ein gemeinsames Motiv nachzudenken. In Mönchengladbach spielen sie um die Qualifikation für die Sommerspiele 2020 in Tokio. Die Herren gegen Österreich (Sa., 18.30 Uhr; So., 16.30 Uhr), die Damen gegen Italien (Sa., 16 Uhr; So., 14 Uhr). „Wenn wir es beide nach Japan schaffen, wäre das für uns noch spezieller als Rio, denn es wären definitiv unsere letzten Spiele“, sagt Franzisca Hauke.
Franzisca Hauke arbeitet in einer Social-Media-Agentur
Ihr Bruder hat sich gerade von einer schweren Knieverletzung erholt. Sie selbst will die Dauerbelastung zwischen Beruf und Leistungssport – als einzige Spielerin im aktuellen Kader neben Kira Horn hat sie einen 40-Stunden-Job in der Social-Media-Agentur „delasocial“ – nicht noch vier Jahre mitmachen. „In diesem Jahr hatten wir nur zehn Tage ohne Hockey. Auf Dauer geht das mit einem Job nicht“, sagt sie.
Die Mittelfeldspielerin, die alle nur „Sissy“ rufen, ist im Team des belgischen Bundestrainers Xavier Reckinger eine Konstante. Mit Janne Müller-Wieland vom Uhlenhorster HC, Nike Lorenz von Rot-Weiß Köln und der für den Qualifyer verletzt fehlenden Anne Schröder (Club an der Alster) bildet sie die Achse des Teams, über die der Spielaufbau läuft. Und weil der in den vergangenen Jahren, seit Reckinger nach Rio das Amt von Jamilon Mülders übernommen hatte, kontinuierlich stabiler geworden ist, darf sich die mit Ruhe und Übersicht am Ball gesegnete Hamburgerin als wichtiger Faktor in der positiven Entwicklung der Mannschaft fühlen.
„Ich glaube auch, dass wir als Team deutlich gewachsen sind. Wir haben mehrere Spielsysteme, die funktionieren, und verlieren auch bei Rückschlägen nicht mehr so schnell die Nerven. Außerdem haben wir einen hohen Taktik-IQ“, sagt Franzisca Hauke. Tatsächlich stellt den Vizeeuropameister außer Welt- und Europachampion Niederlande kein Gegner mehr vor unlösbare taktische Aufgaben. Vor allem jedoch hat sich die Auswahl, die früher als „deutsche Wand“ vorrangig auf Verteidigung setzte, zu einer der offensivstärksten Mannschaften der Welt entwickelt. „Trotzdem lassen wir immer noch zu viele Chancen liegen“, sagt Hauke.
Deutsches Team steht unter Druck
Gegen Italien, als Weltranglisten-17. 13 Ränge hinter Deutschland geführt, sollte es dennoch reichen. Zwar spielen eine Reihe eingebürgerte, technisch sehr versierte Argentinierinnen in der Mannschaft, die von der gebürtigen Ukrainerin und Ex-HTHC-Spielerin Maryna Vynohradova (36) angeführt wird, die mit einem Italiener verheiratet ist. Für die EM im August in Belgien war Italien aber nicht qualifiziert, bei der WM 2018 scheiterte man im Achtelfinale.
Die Favoritenrolle nimmt Hauke deshalb ohne Umschweife an. „Italien wird unangenehm sein und alles reinwerfen. Wir haben den Druck, dass wir uns für Tokio qualifizieren müssen. Aber wir kennen diese Rolle, deshalb wird uns der Druck nicht hemmen. Wir freuen uns darauf, unser Ziel erreichen zu können“, sagt sie. Gelingt das Damen und Herren, dann wird Tobias Hauke um sein Rendezvous mit der Nadel nicht mehr herumkommen.