Hamburg. Wie es für den Hamburger Weltergewichts-Boxprofi Sebastian Formella nach dem Sieg gegen Florian Wildenhof weitergeht.
„An Tagen wie diesen“ dröhnte aus den Boxen, während goldenes Konfetti auf Sebastian Formella hinabregnete. Unendlichkeit hatte sich allerdings keiner der 1600 Fans in der so überfüllten wie überhitzten Großen Freiheit 36 gewünscht.
Und so wurde der K.-o.-Sieg in Runde sieben, den der 35 Jahre alte Superweltergewichtsprofi vom Hamburger EC-Stall im Hauptkampf der „Boxen im Norden“-Gala am Sonntagabend gegen den Münchner Florian Wildenhof (41) ablieferte, umso frenetischer gefeiert.
Boxen: Zwölfter K.-o.-Sieg für Formella
„Es war nicht einfach, Florian ist ständig nach vorn marschiert und hat eine richtig starke Deckung. Aber mein Trainer hat mir gesagt, ich soll durch die Mitte arbeiten. Das habe ich getan, und in der siebten Runde habe ich ihn mir schön ausgeguckt und den Kopfhaken angesetzt. Das hat super geklappt“, sagte der in nun 27 Profikämpfen 24-mal siegreiche Lokalmatador, der zum zwölften Mal vorzeitig gewann.
Es sollte ein letzter Neustart werden für den ehemaligen IBO-Weltergewichtschampion Formella, der zwischen August 2020 und Juni 2022 drei harte Auslandskämpfe gegen US-Star Shawn Porter und die aufstrebenden Briten Conor Benn und Chris Kongo jeweils nach Punkten und dadurch ein wenig auch seine Perspektive verloren hatte.
Auch wenn der ehemalige Kunstturner, der wegen seines Hauptberufs als Containerfahrer „Hafen-Basti“ genannt wird, durchaus gute Ansätze zeigte und das Duell mit einem präzisen Kopfhaken beendete: Seinen Wunsch, noch einmal vor Publikum in den USA zu einem Titelkampf anzutreten, sollten sein Team und er gut abwägen.
Formella kassiert zu viele Treffer
Zu viele Treffer, die er vor drei Jahren spielerisch weggependelt hätte, fing er sich gegen den zähen, aber limitierten Gegner ein. Wildenhof marschierte zwar hinter einer stabilen Doppeldeckung unentwegt nach vorn, war aber nicht schnell und variantenreich genug, um Formella ernsthaft zu gefährden.
Zudem bot er steif und aufrecht stehend immer wieder viel Trefferfläche an, die Formella ein ums andere Mal mit guten Kombinationen zu nutzen wusste. „Es war ein toller Kampf von Basti. Er ist noch jung, hat die Zukunft noch vor sich“, sagte der Unterlegene, aus dessen Perspektive diese Aussage sogar stimmte.
Mit 35 allerdings zählt der Hamburger in einer Hochgeschwindigkeitsklasse wie dem Superweltergewicht selbstredend nicht mehr zu den aufstrebenden Jungstars. Dank des Sieges über Wildenhof hätte er die Möglichkeit, beim nachrangigen Weltverband WBF eine erneute WM-Chance zu bekommen. Sein Traum aber bleibt ein zweiter Kampf in den USA, wo er gegen Porter während der Corona-Zeit in Los Angeles unter Ausschluss der Öffentlichkeit kämpfte.
Abschiedskampf in Neugraben?
„Ihr kennt mich, ich nehme jede Herausforderung an“, sagte der strahlende Sieger. Das ehrt ihn zwar, aber vielleicht wäre ein schöner Abschiedskampf vor seinen lautstarken Fans in der CU-Arena in Neugraben, von wo er stammt, die ultimative Herausforderung. Am Montag flog Formella in den Mauritius-Urlaub. Er sollte ihn nutzen, um darüber nachzudenken.
In den weiteren Hauptkämpfen gab es ebenfalls keine Überraschungen. Die härteste Nuss hatte Alexander Pavlov zu knacken. Der 34 Jahre alte Mittelgewichtler, der erst Anfang April in einer Ringschlacht in Wien Lokalmatador Marcos Nader ausgeknockt und sich damit den IBF-International-Titel gesichert hatte, musste mit dem ausgebufften georgischen Journeyman Nodar Robakidze (29) über ausgeglichene sechs Runden und gewann verdient einstimmig, aber knapp (58:56, 58:56, 58:57).
Kurzarbeit für Bunn und Phannarai
Fast ohne Schweißvergießen kam Leon Bunn (30) aus dem Ring. Der Frankfurter Halbschwergewichtler entledigte sich seines bosnischen Rivalen Slavisa Simeunovic (44) nach nur einer Runde, weil dieser wegen einer stark blutenden Nasenblessur aufgab. Bunn soll nun am 3. Juni in Düsseldorf auf einem Kampfabend des Hamburger Universum-Stalls gegen Rostam Ibrahim (31/Essen) antreten.
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Kurzarbeit wider Willen gab es auch für Fai Phannarai. Die 22 Jahre alte Superbantamgewichtlerin fand es nicht besonders lustig, dass ihre Gegnerin Hasna Tukic (27) in der zweiten Runde nach einem eher harmlosen Körpertreffer aufgab.
Die in Regensburg lebende Bosnierin erklärte danach, bereits mit einer gebrochenen Rippe in den Ring gestiegen zu sein. „Die Gesundheit geht vor, aber warum kommt sie dann überhaupt her?“, fragte die in Thailand geborene Hamburgerin. Eine sinnvolle Antwort darauf hätten wohl auch die „Toten Hosen“ nicht gefunden.