Hamburg. Die beiden Hamburger Haftom Welday und Tabea Themann bereiten sich in der Höhe auf den Stadtlauf am 23. April vor.

Erstmals in der Geschichte des Hamburger Marathons kommen bei der 37. Auflage am 23. April gleich zwei der Spitzenläuferinnen und -läufer aus der Stadt. Kommissarin Tabea Themann (30/TH Eilbeck) wechselte kürzlich vom niedersächsischen in den hiesigen Polizeidienst, Haftom Welday (32), der 2014 aus der nordäthiopischen Krisenregion Tigray nach Deutschland floh, zog 2021 mit seiner Familie nach Groß Borstel, startet für den Hamburger Laufladen. Beide bereiten sich in sauerstoffärmeren Höhen für die 42,195 Kilometer an Elbe und Alster vor, Themann im kenianischen High Altitude Training Centre in Iten (2400 m), Welday in Burayu (2600 m), nahe der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.

In seinem spartanisch eingerichteten Zimmer im Camp klebt an der Wand seine Hamburger Startnummer, auf dem Bett hinter ihm ruht bei der Zoom-Konferenz sein Freund Tadu Abate (25), der 2019 den 34. Haspa-Marathon gewann. Haftom Welday, der im September vergangenen Jahres den deutschen Pass erhielt und am 1. November in den Leichtathletik-Bundeskader aufgenommen wurde, ist in seine alte Heimat zurückgekehrt, um in seiner neuen die nächsten schnellen Schritte seiner erstaunlichen Karriere zu machen.

Über Äthiopien und Kenia zum Haspa-Marathon

In Hamburg möchte Welday nach Paris laufen, und er traut sich zu, die Olympianorm für die Sommerspiele 2024 von 2:08:10 Stunden auch zu schaffen. Dafür trainiert er seit dem 8. Januar in Burayu, 13- bis 14-mal die Woche, zwischen 140 und 180 Kilometern. Erst neun Tage vor dem Haspa-Marathon will er zurückfliegen, um den Effekt des Höhentrainingslagers optimal zu nutzen. Die vermehrte Bildung roter Blutkörperchen begünstigt den Sauerstofftransport. Diese Art der Vorbereitung habe sich bereits zum Berlin-Marathon bewährt, sagt er, als er dort Ende September als Elfter der Gesamtwertung seine persönliche Bestzeit auf 2:09:06 Stunden steigerte und die Richtzeit für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Budapest (19. bis 27. August 2023) um 34 Sekunden unterbot. Schneller war im vergangenen kein deutscher Läufer. Welday dürfte damit für die WM gesetzt sein.

In Burayu fokussiere er sich „komplett aufs Laufen“, Kontakt zu seinen Bekannten und Verwandten in Tigray suche er nicht. „Diesmal nicht, vielleicht beim nächsten Mal, wenn ich meine Ziele erreicht habe“, sagt er. Dass er jetzt Deutscher ist, würde seine ehemaligen Landsleute kaum interessieren, stören schon gar nicht. „Wir sind alles Läufer“, sagt Welday. Das intensive Trainingsprogramm mit zahlreichen Tempoeinheiten lässt ohnehin kaum Platz für andere Aktivitäten, wenn er aber in den frühen Morgenstunden bei dann noch einstelligen Temperaturen im Wald die Vögel zwitschern höre, könne er „das Laufen richtig genießen“.

Tabea Themann testet derweil, ob ihr Talent für eine professionelle Karriere reicht. Im Dezember hatte sie im spanischen Valencia ihre Bestzeit aus ihrem Debüt beim Haspa-Marathon im April um 6:54 Minuten auf 2:33:51 Stunden verbessert, die achtschnellste Zeit einer deutschen Läuferin 2022. Bei der Rückkehr auf Hamburgs Straßen sollen es weniger als 2:30 Stunden werden. Die Olympianorm (2:26:50) sei für sie zwar „ein Brett“, Hoffnungen mache sie sich auf eine Nominierung für die Team-WM in Budapest.

Themann muss sich als ehemalige Mittelstrecklerin an das höhere Pensum der Marathonis erst gewöhnen, 140 Kilometer waren es in der dritten Woche. Sie kann aber nur noch acht Tage in Kenia bleiben, dann endet ihre „Dienstreise“. Der beantragte Sonderurlaub konnte ihr nicht gewährt werden, weil dieser im Gegensatz zu Niedersachsen Spitzensportlerinnen und -sportler bei der Hamburger Polizei (noch) nicht zusteht. „Bis auf Weiteres werde ich meine 40-Stunden-Woche bei der Polizei durchziehen und in meiner Freizeit trainieren“, sagt sie.