Hamburg. Hamburgs Beitrag als Host City zu den 16. Special Olympics World Summer Games in Berlin. Was damit erreicht werden soll.
Es wird nächstes Jahr das größte Sportereignis in Deutschland seit den Olympischen Sommerspielen 1972 in München, die Weltspiele der geistig und mehrfach Behinderten. Vom 17. bis 25. Juni 2023 treffen sich in Berlin rund 7000 Sportlerinnen und Sportler aus mehr als 170 Nationen zu den 16. Special Olympics World Summer Games, dazu 3000 Trainerinnen und Trainer, 3500 Offizielle, 4000 Ehrengäste und 12.000 Familienangehörige. 300.000 Zuschauende werden an den neun Wettkampftagen erwartet.
Das Sportfest bleibt nicht auf die Bundeshauptstadt beschränkt. 170 sogenannte Host Cities, über das ganze Land verteilt, engagieren sich im nächsten Jahr mit vielfältigen Aktionen für den Behindertensport, Hamburgs Beitrag dazu ist ein ganz besonderer. Fünf inklusive, behindertengerechte Bewegungsinseln werden in den nächsten Monaten in der Stadt entstehen. Der Spatenstich für die erste soll am Montagmorgen des 24. Oktobers am Rauhen Haus in Horn von Innen- und Sportsenator Andy Grote (SPD) erfolgen.
Sportgeräte der Bewegungsinseln im Sitzen zu bedienen
Vier weitere Standorte sind bislang geplant und bereits finanziert: am Hilda Heinemann Haus am Meiendorfer Mühlenweg 121, am Bezirksamt Harburg bei der Elbe-Werkstätten GmbH am Nymphenweg 22, im Sportpark der TSG Bergedorf in Neuallermöhe am Sophie-Schoop-Weg 90 und auf den Hockeywiesen am Harburger Stadtpark in der Nähe des dortigen Bezirksamtes.
Die fünf inklusiven Bewegungsinseln ergänzen die in den sieben Bezirken schon seit mehreren Jahren bestehenden, unterscheiden sich aber in Aufbau und Anwendung von ihnen. Die jeweils vier bis sechs Sportgeräte für unterschiedliche Kraft- und Koordinationsübungen sind hier kleiner, sie sind alle im Sitzen zu bedienen, haben untereinander größere Abstände als an den herkömmlichen sieben Standorten. Beschriftung, Übungsanleitungen sind in möglichst einfacher Sprache gehalten und werden von großflächigen Piktogrammen unterstützt. Menschen mit Behinderungen wurden im Sinne praktizierter Teilhabe von Anfang an in die Planungen, etwa bei der Geräteauswahl, einbezogen, sollen nun auch beim Aufbau der Anlagen mit Hand anlegen.
Bewegungsinseln in der Nähe von Behinderteneinrichtungen
Holzwerkstätten könnten Bänke, Geräteschuppen und Umkleidekabinen bauen, Gärtnerbetriebe die Gestaltung des Geländes und den Aushub für die stabile Installation der Geräte übernehmen, meistens einen halben Meter. Alle inklusiven Bewegungsinseln entstehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Behinderteneinrichtungen, sind von ihnen maximal 100 bis 150 Meter entfernt und überall ebenerdig leicht zugänglich.
„Sport muss für alle Menschen niedrigschwellig zugänglich und erlebbar sein“, sagt Sportsenator Grote. „An den inklusiven Bewegungsinseln sollen Menschen mit und ohne Handicap zusammenkommen und gemeinsam aktiv werden. Inklusion entsteht durch Begegnung und Austausch, das gemeinsame Erleben von Sport als etwas, das uns einander näher bringt und Verbindungen schafft.“
Sporttreibenden soll Selbstbewusstsein vermittelt werden
35.000 bis 40.000 Euro kostet jede inklusive Bewegungsinsel je nach Größe und Bodenbeschaffenheit, der Preis für die herkömmlichen lag bei 55.000 bis 60.000 Euro. Das Geld kommt aus dem Senatsprogramm für Parksport, das den Hamburger Bezirken und interessierten Organisationen dafür im laufenden Haushalt 850.000 Euro zur Verfügung stellt.
Finanziert werden davon, zusätzlich auch mit Spenden und Sponsorengeldern, Vereinstrainerinnen und -trainer. Sie sollen die Sporttreibenden anleiten, motivieren, ihnen Selbstbewusstsein vermitteln und versuchen, Bewegung und Begegnung in ihren Alltag zu integrieren. Gerade Menschen mit Behinderung brauchen klar strukturierte Angebote, angepasst an ihre Bewegungseinschränkungen.
Aktivitäten sollen wissenschaftlich ausgewertet werden
Jede Station wird von einem Ankerverein betreut. Ziel sei es, Sportlerinnen und Sportler zu ermutigen, irgendwann in die ortsansässigen Clubs hineinzugehen, sagt Prof. Hans-Jürgen Schulke, einer der Initiatoren der inklusiven Bewegungsinseln („Eine Herzensangelegenheit von mir“) und Beirat des gemeinnützigen Vereins Brücken für Kinder. Dessen Projektmanager Thomas Jenckel und Berndt Fuhrmann, Abteilungsleiter Inklusionssport der TSG Bergedorf, sind neben Schulke maßgeblich für die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens verantwortlich.
Die Aktivitäten an den inklusiven Bewegungsinseln sollen im nächsten Jahr wissenschaftlich ausgewertet werden. Die Hamburger Privathochschule Macromedia Akademie will ein Forschungsprogramm aufgelegen, zudem bestehen Kontakte zur Universität Hamburg.
Behindertensport: Bewegungsinseln wenig genutzt
Erste Erfahrungen an den bisherigen sieben Bewegungsinseln zeigten, dass sie meist wenig, aber wenn, dann tendenziell von gut trainierten Sportlerinnen und Sportlern mittleren Alters und eher höheren Bildungsstandes individuell genutzt werden. Andere scheint dagegen ein gewisses Schamgefühl von öffentlichen Aktivitäten abzuschrecken.
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Die Konsequenz daraus wäre, hier ebenfalls mehr betreute (Gruppen-)Angebote, gesteuert über die benachbarten Vereine, aufzulegen. Geld dafür könnte aus dem Parksporttopf kommen – und ist genau dafür vorgesehen. Damit wäre auch für alle Hamburger Anlagen die Nachhaltigkeit über die Weltspiele 2023 hinaus gesichert.