Hamburg. Wie es die 18 Jahre alte Hamburgerin schafft, diese ganz unterschiedlichen Lebensbereiche miteinander zu verbinden.

Die Worte, die sie gelassen ausspricht, wollen so gar nicht passen zu dem, was Valeria Uslar mit ihrem makellosen Gesicht und der distinguierten Wortwahl ansonsten ausstrahlt. „Mich stört es nicht, geschlagen oder getreten zu werden. Für mich ist das irgendwie natürlich“, sagt die 18-Jährige. Wie gut also, dass sie sich ein sportliches Hobby gesucht hat, in dem Schläge und Tritte eine wichtige Rolle spielen.

Valeria Uslar ist eins der größten weiblichen Talente Hamburgs im Kickboxen. An diesem Sonnabend (18 Uhr) kann sie das in Bargteheide im Rahmenprogramm des WM-Kampfes des Hamburger Thaiboxers Coco Atti gegen den Italiener Alexander Savin in einem Stadtduell mit Natalie Rose unter Beweis stellen.

Kickboxen: Uslar begeistert sich für Kampfsport

Es wird der siebte Profikampf für die 180 Zentimeter große Athletin, die sich in den Gewichtsklassen zwischen 60 und 65 Kilogramm wohlfühlt und bislang noch unbesiegt ist. Nachdem ihr Vater, mit dem sie allein in Altona lebt, sie vor drei Jahren zu einem Probetraining angemeldet hatte, war ihre Bestimmung klar. „Ich hatte Reiten, Tennis, Eiskunstlaufen ausprobiert. Aber ich liebe Kampfsport, weil ich dort regelmäßig über meine Grenzen gehen und meine Aggressionen in geregelten Bahnen rauslassen kann. Ausdauer ist meine große Stärke“, sagt sie.

Highkicks sind die Spezialität von Valeria Uslar.
Highkicks sind die Spezialität von Valeria Uslar. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services

Auch Mixed Martial Arts fasziniert sie, Bodenkampf hat sie einige Jahre trainiert. Aber ihre Spezialität sind Highkicks, die sie mit ihren langen Beinen aus der Distanz anbringt. Und weil sie auch gern und gut boxt, fiel die Wahl auf das Kickboxen.

„Ich bin von einer Agentur angesprochen worden"

Was umso erstaunlicher ist, wenn man weiß, dass die Einser-Abiturientin, die 2021 am Gymnasium Hochrad ihre Reifeprüfung ablegte, ein zweites Standbein im Modeln sieht. „Ich bin von einer Agentur angesprochen worden und hatte schon ein paar Probeshootings“, sagt sie. Angst, ihr Aussehen durch Cuts und eine gebrochene Nase zu ramponieren, hat sie nicht. „Das wäre der falsche Ansatz, dann wäre ich im Ring nicht frei. Außerdem steht der Sport ganz oben auf meiner Agenda.“

Da im Kickboxen gutes Geld nur auf absolutem Weltspitzenniveau zu verdienen ist, hat Valeria Uslar einen Berufswunsch, der zur körperlichen Seite ihres Sports ebenfalls gut passt. Inspiriert von ihrer aus Belarus stammenden Mutter, die seit einigen Jahren in den USA lebt und dort als Ärztin praktiziert, hat sie an der privaten Medical School Hamburg ein Medizinstudium begonnen. Aktuell steht, bis im Oktober das dritte Semester beginnt, ein Pflegepraktikum am Agaplesion Diakonieklinikum in Eimsbüttel auf dem Plan. Darum herum muss sie ihre Trainingseinheiten einsortieren, die sie fünfmal pro Woche im Gladiator Gym in Wentorf bei Spitzen­coach Lutz Burmester absolviert.

Kickboxen: Uslar fiebert auf deutschen Titelkampf hin

Was sie erreichen kann in ihrem Sport, das bleibt abzuwarten. Was sie erreichen will, das hat Valeria Uslar klar definiert. Kurzfristiges Ziel ist ein deutscher Titelkampf, am liebsten im Rahmen der renommierten Hamburger Kampfsportreihe „Get in the Ring“. „Mittelfristig will ich in der UFC kämpfen und Weltmeisterin werden“, sagt sie. Ihr Vorbild ist die Hamburgerin Meryem Uslu (35), die ebenfalls bei Burmester trainierte, es zu Weltmeisterehren brachte und nach einer schweren Tumorerkrankung ihr neues Leben tapfer meistert.

„Sie ist menschlich und sportlich eine Inspiration für mich“, sagt Valeria Uslar, die am Kampfsport auch die verschlungenen Lebenswege schätzt, über die sich viele an die Spitze durchgeschlagen haben. „Es fasziniert mich, wie Menschen kämpfen, um etwas zu erreichen und einen Ausgleich zu finden“, sagt sie. Obwohl sie aus guten Verhältnissen komme, trage sie diesen Kampfgeist ebenfalls in sich. „Und das will ich zeigen.“ Ohne Angst vor Tritten und Schlägen.