Hamburg. Die Beachvolleyball-Weltserie schlägt am Rothenbaum auf und verlangt Eintritt auf fast allen Plätzen. Alle Änderungen.
Es sei wie nach Hause zu kommen, alles auf der Anlage mache einen vertrauten Eindruck, „auch die Zimmer im Hotel Élysée haben sich nicht groß verändert“, sagte die Stuttgarterin Karla Borger (33), die mit Julia Sude (34) seit Jahren eines der international erfolgreichsten deutschen Beachvolleyball-Teams bildet, bei ihrer Ankunft am Dienstag in Hamburg. „Die Erinnerungen an die begeisternde Weltmeisterschaft 2019 sind bei uns immer noch präsent.“
Drei Jahre später sind die Rahmenbedingungen für die Beachvolleyballer in Hamburg annähernd gleich geblieben, die Szene jedoch hat sich nachhaltig verändert. Der Volleyball-Weltverband FIVB startete in diesem Jahr mit seiner Agentur Volleyball World einen Neubeginn am Strand, gliederte seine Weltserie in drei statt der bisher fünf Kategorien, verkleinerte die Teilnehmerfelder, regelte den Zugang zu den Turnieren – und überträgt seitdem alle Spiele seiner „ProTour“ in einem kostenpflichtigen Livestream. Nichts ist mehr, wie es mal war.
Beachvolleyball: Elite-16-Event am Rothenbaum
Beim Elite-16-Event, der Top-Kategorie, bei dem vom heutigen Mittwoch an im Tennisstadion am Rothenbaum aufgeschlagen wird, sind bei Frauen und Männern zunächst die ersten elf der Weltrangliste spielberechtigt. Dazu darf der Veranstalter, in diesem Fall der Deutsche Volleyball-Verband (DVV), eine Wildcard vergeben. Sie ging bei den Männern an Nils Ehlers (28) und Clemens Wickler (27) vom Eimsbütteler TV, dem deutschen Nationalteam Nummer eins.
Bei den Frauen erhielten Sandra Ittlinger (28) und Isabel Schneider (31) vom FC St. Pauli die Freikarte. Die WM-Dritten Svenja Müller (21/ETV) und Cinja Tillmann (31/TuSA Düsseldorf) sowie Borger/Sude (Düsseldorf) stehen aufgrund ihres herausragenden Rankings im Hauptfeld, das am Donnerstagmorgen den Spielbetrieb aufnimmt.
Teams werden in K.-o.-Runden ermittelt
Dazu gesellen sich jeweils vier Teams aus der Qualifikation. Die werden am Mittwoch in zwei K.-o.-Runden ermittelt. Drei deutsche Frauen- und zwei Männer-Duos wurden vom Weltverband zur Ausscheidung zugelassen.
Die internen Nominierungen gerieten indes zum Politikum, als sich DVV-Beachvolleyball-Sportdirektor Niclas Hildebrand (42) vehement für die Hoffnungsträgerinnen Louisa Lippmann (27/HSV) und 2016-Olympiasiegerin Kira Walkenhorst (31/bis 2018 HSV, jetzt TuSA Düsseldorf) einsetzte, erst im kleinen Kreis überstimmt, dann vom Verband „widerruflich freigestellt“ wurde. Lippmann/Walkenhorst sind am Rothenbaum nur Zuschauerinnen, können aber am kommenden Montag bei der EM in München mit einer Wildcard ans Netz gehen.
Preisgelder dramatisch gesunken
Auch die Preisgelder haben sich verändert – sie sanken dramatisch. Im Juni 2016, bei der gefeierten Beachvolleyball-Premiere am Rothenbaum, gab es insgesamt 800.000 US-Dollar, damals rund 760.000 Euro, zu verdienen, jetzt sind es 300.000 Euro, 150.000 Euro pro Geschlecht. Baggerten und blockten vor sechs Jahren in den Hauptfeldern 32 Teams bei Männern und Frauen, ist es heute die Hälfte. Spielerinnen und Spielern beklagen, dass es für sie immer schwerer werde, Beachvolleyball professionell betreiben zu können.
Der vielleicht wichtigste Paradigmenwechsel betrifft jedoch die Zuschauenden. War beim populären Strandspiel in Deutschland der Zugang zu den Matches bis auf wenige VIP-Tickets in den vergangenen Jahrzehnten kostenlos, wird am Rothenbaum diesmal – bis auf 500 Plätze täglich – Eintritt verlangt. „Die Zeiten freien Einlasses dürften endgültig vorbei sein“, sagt Frank Mackerodt (59), der mit Frank Ehrich (55) das Turnier für den Weltverband organisiert.
„Beachvolleyball ist ein werthaltiges Produkt"
„Beachvolleyball ist ein werthaltiges Produkt, und das hat von jetzt an auch für das Publikum seinen Preis. Anders sind diese Top-Veranstaltungen nicht mehr zu finanzieren“, sagt Mackerodt. Immerhin konnten Mackerodt und Ehrich bei der FIVB moderate Preise (7 bis 46 Euro) durchsetzen. Volleyball World reduzierte dazu die Veranstaltungskosten von einst 2,2 Millionen auf 1,25 Millionen Euro. Die Stadt Hamburg beteiligt sich an ihnen mit einer Ausfallbürgschaft von bis zu 700.000 Euro.
Hamburg ist nach Rosarito (Mexiko), Ostrava (Tschechien), Jürmala (Lettland) und Gstaad (Schweiz) die fünfte Station der Elite-Tour, Paris, Kapstadt (Südafrika), Rio de Janeiro (Brasilien) und Sydney (Australien) sollen dieses Jahr noch folgen. Das Problem der Serie, an dem bereits der Österreicher Hannes Jagerhofer (60) scheiterte, bleibt: Es fehlt ein internationaler Titelsponsor.
Beachvolleyball: Red Bull glich Verluste aus
Jagerhofer hatte früher auch in Hamburg nur so viel Geld ausgeben können, weil das österreichische Brause-Imperium Red Bull 51 Prozent Anteile an seiner Agentur hielt, die Verluste stets ausglich – bis es Red-Bull-Chef und Jagerhofer-Freund Dietrich Mateschitz (78) reichte, er den Stecker zog. Allein mit seinen Turnieren in Wien hatte Jagerhofer dank einer Vielzahl langjähriger Sponsoren meist ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaftet. Anderswo mangelte es an dieser umfänglichen Unterstützung.
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Bei Spielern wie dem ehemaligen Hamburger Vizeweltmeister Clemens Wickler ist die Realität angekommen. „Natürlich würden wir gern verlässlich mehr Geld verdienen können, wichtiger aber ist, dass weiter eine attraktive Weltserie existiert“, sagt Wickler. Noch sei es jedoch zu früh, ein substanzielles Urteil zu fällen.