Hamburg. Hamburgs Hockeyidol spielt die Hinrunde 2020/21 für Royal Beerschot Antwerpen. Am Sonntag hatte er sein erstes Spiel seit 28 Monaten.
Die Muskeln in Beinen und Rücken schmerzten, aber weniger, als er befürchtet hatte. Deshalb war Moritz Fürste, als er am Montagmorgen wieder an seinem Hamburger Homeoffice-Arbeitsplatz saß, durchaus zufrieden mit dem ersten Teil des Abenteuers, das er sich für diesen Herbst vorgenommen hat. 28 Monate nach dem Ende seiner aktiven Karriere ist der Welthockeyspieler von 2012 auf die internationale Bühne zurückgekehrt. Fürste, der Ende Oktober 36 Jahre alt wird, absolviert die Hinrunde der Feldsaison 2020/21 in der belgischen Eliteliga für Royal Beerschot aus Antwerpen, und am vergangenen Sonntag hatte er seinen ersten Einsatz.
Dabei verhalf der Olympiasieger von 2008 und 2012 seinem neuen Team, das die ersten drei Partien ohne ihn bestritten hatte, gleich zum ersten Saisonsieg. Bei Racing Brüssel gab es ein 2:1, und weil Fürste an beiden Toren Anteil hatte – das 1:0 entsprang einer von ihm angeregten Strafeckenvariante, das 2:0 leitete er mit einem Traumpass ein –, wurde er nach der Partie bereits als Heilsbringer gefeiert. Geheuer war ihm das keinesfalls. „Ich habe viele Bälle verloren und konnte Pässe, für die ich die Lücke gesehen habe, nicht spielen. Ich war mit mir nicht zufrieden und habe noch eine Menge Steigerungspotenzial“, sagt er.
Anfrage der Belgier traf Moritz Fürste vollkommen unvorbereitet
Alles andere wäre auch verwunderlich, schließlich hatte das Idol des Uhlenhorster HC seit dem Karriereende nur ein einziges Mal den Hockeyschläger in der Hand gehabt. Im Mai 2019 war das, bei seinem Abschiedsspiel. Die Anfrage der Belgier traf den zweifachen Familienvater deshalb auch vollkommen unvorbereitet. „Als der erste Anruf kam, dachte ich, die wollen mich als Trainer holen“, sagt er. Aber weil Royals Argentinier Lucas Rossi (35) wegen Problemen mit seinem Arbeitsvisum nicht auflaufen darf, gab es Bedarf in der Innenverteidigung. Fürste, der als Mitinhaber der Veranstaltungsagentur Upsolut Sports wegen der Corona-Restriktionen aktuell beruflich kürzertreten kann, überlegte kurz. Aber die finanziellen Argumente, die ihm Royal Beerschot lieferte, überzeugten ihn. „Es war ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte“, sagt er.
Seinen athletischen Zustand bezeichnet Fürste als exzellent. Dadurch dass er mit Upsolut den Fitnesswettkampf Hyrox als neue Sportart erfunden, etabliert und selbst ausgeübt hat, habe er seine Fitness auf einen Stand gebracht, „den ich zuletzt vor meinem letzten Olympischen Spielen 2016 in Rio hatte“. Den Beweis dafür gab es am Sonntag, als er 70 Minuten – in Belgien werden viermal 17,5 statt viermal 15 Minuten wie in Deutschland absolviert – durchspielte.
Stocktraining beim UHC-Rivalen Harvestehuder THC
Die Sorge, technisch nicht mehr mithalten zu können, hatte sich spätestens zerstreut, als er in der vorvergangenen Woche sein erstes Stocktraining absolvierte; kurioserweise beim ärgsten UHC-Rivalen Harvestehuder THC. „Ich wollte beim UHC die neue Teamstruktur nicht stören. Zum Glück hat Bechi sofort zugesagt.“ Christoph „Bechi“ Bechmann, Chefcoach des HTHC, freut sich über Fürstes Präsenz. „Er hebt unsere Trainingsqualität an“, sagt er.
Von Montag bis Mittwoch ist Fürste in Hamburg, donnerstags bis sonntags in Antwerpen, wo er in der Wohnung des belgischen Nationalspielers Arthur van Doren (25) wohnt, der bei Bloemendaal in den Niederlanden spielt. So kann er pro Woche zwei Trainingseinheiten mit seinem neuen Team bestreiten, das mit Fürstes Innenverteidigungspartner Arthur de Sloover (23) einen Nationalspieler aus dem Kader des Welt- und Europameisters Belgien hat, aber vor allem aus jungen Talenten besteht. „Es ist ein spannendes Team und für mich eine schöne Erfahrung“, sagt Moritz Fürste, der sich auf Englisch und Französisch mit den Mitspielern verständigt.
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Nachdem er 2012/13 für den Club de Campo Madrid aufgelaufen und 2013 mit den Ranchi Rhinos und 2017 mit den Kalinga Lancers indischer Meister geworden war, ist der Ausflug nach Antwerpen eine weitere Erfahrung. Für insgesamt acht Partien hat Fürste unterschrieben, was in der Rückrunde im Frühjahr 2021 folgt, hängt auch von der Pandemie ab. Die nächste Herausforderung ist das Doppelwochenende mit Heimspielen gegen Old Club (Fr.) und EHL-Sieger Waterloo Ducks (So.). Moritz Fürste befürchtet, dass der Muskelkater am nächsten Montag härter zuschlägt.