Hamburg. Zugang Yannick Franke tritt aus dem Schatten seiner Vorfahren. Vater und Großvater waren Nationalspieler in den Niederlanden.

Yannick Franke steht ein ereignisreiches und arbeitsintensives Wochenende bevor. An diesem Sonnabend (20.30 Uhr/magentasport.de live) will der Guard der Hamburg Towers mit seiner Mannschaft beim Tabellenletzten Fraport Skyliners Frankfurt beweisen, dass der Auswärtssieg in der Vorwoche bei den Gießen 46ers nicht bloß ein positiver Ausrutscher war. Anschließend steht tags darauf für den Niederländer gemeinsam mit US-Kapitän Beau Beech die erste Deutschstunde auf dem Programm. „Was schwerer wird?“, fragt sich der 23-Jährige selbst: „Ich lese zu Hause den ,Spiegel‘ und Bücher auf Deutsch. Meine Sprachkenntnisse wirken okay, aber der Unterricht ist wirklich nötig“, sagt der Neu-Hamburger. „Und in Frankfurt wird sich zeigen, ob wir wirklich durch den ersten Saisonsieg als Team gewachsen sind. Ich freue mich auf beides, aber einen Tick mehr auf Basketball. Es ist der Sport, den ich liebe“, sagt der Nationalspieler.

Franke nutzte Bügelbrett als Ersatz für Basketballkorb

Und diese Liebe zur Korbjagd wurde dem Towers-Profi praktisch in die Wiege gelegt. Klein-Franke konnte kaum laufen, da probierte er sich schon als Mini-Basketballer aus. „Meine Oma hatte ein Bügelbrett, an dessen Ende ein Metall-gitter war, in das man das Bügeleisen stecken musste. Ich habe mir dann immer Socken oder sonst etwas genommen, und da reingeworfen. Ich sehe das vor mir, als wäre es gestern gewesen“, erzählt er und kann sich ein Lachen nicht verkneifen.

Der Sport spielte in der Familie Franke schon immer eine große Rolle. Großvater Wim (†71) gehörte in den 1960er-Jahren zu den besten Basketballern des Landes, lief 47-mal für „Oranje“ auf. Und wie sollte es auch anders sein: Auch Vater Rolf (52) war ein erfolgreicher Profi, wurde in den 1990er-Jahren achtmal niederländischer Meister. Er absolvierte 60 Länderspiele für das deutsche Nachbarland. Noch heute ist der Vater erster Ratgeber und auch Privattrainer des Sohnes. „Es ist aber Fluch und Segen zugleich, wenn Vater und Opa so erfolgreich waren“, gesteht Franke junior: „Gerade als ich noch jünger war, hieß es in den Niederlanden immer: ,Der Yannick ist der Sohn oder Enkel von ...‘, sagt der Nationalspieler. „Gerade mein Vater hat mir alles über Basketball beigebracht, und ich bin ihm unendlich dankbar, aber ich wollte meine eigene Story schreiben.“

Als junger Spieler war der Towers-Profi auf dem Court ein Rebell

Und diese entwickelte sich über die Jahre in eine Geschichte mit Freude und Drama. Mit 17 unterschrieb Franke bei ZZ Leiden seinen ersten Profivertrag, ein Jahr später folgte bei Feyenoord Rotterdam mit 18 Jahren der Erstligadurchbruch. Jüngster Topscorer der Ligageschichte, wertvollster Spieler (MVP) in der Kategorie U 23 und der am meisten verbesserte Profi. Eine Auszeichnung folgt auf die nächste. In dem Moment merkte er, dass aus dem Hobby ein Beruf werden könnte. „Als ich jung war, habe ich auf dem Court mein Ding gemacht. Ich war stur, und mir scheißegal, was meine Mitspieler gemacht haben. Wenn ich den Ball bekommen habe, habe ich geworfen“, erinnert sich Franke an seine basketballerische „Rebellenzeit“.

Erst mit dem anschließenden Wechsel nach Groningen lernte Franke, was es bedeutet, echten Teambasketball zu spielen. „Dort habe ich mich als Spieler weiterentwickelt. Ich habe gemerkt, dass es so nicht funktioniert, wenn ich weiterkommen will“, sagt der ehrgeizige Niederländer und ergänzt: „Mein Motto auf und abseits des Courts ist: Lebe und lerne!“

Der Forward tingelte vor seinem Hamburg-Engagement durch Europa

Und lehrreich war die Zeit von dem Moment an, als er 2016 sein Heimatland verließ und seine Europatour mit Stationen in Finnland, Kroatien, Griechenland, Italien und Litauen startete. „Jede Erfahrung hat mich als Mensch und Sportler weitergebracht. Es ist ein anderes Leben, wenn man in Litauen in einer Kleinstadt sitzt, nur ein Spiel pro Woche und wenig Ablenkung hat“, erinnert sich Franke, und fügt an: „Seitdem mache ich aus jeder Situation das Beste, lasse mich von nichts unterkriegen und habe einfach Spaß an dem, was ich tue.“

Und diese Freude am Job hatte der Profi, der von seinen Teamkollegen nur „Yanna“ genannt wird, in Hamburg vom ersten Tag an. Vor allem die positive Grundstimmung beim Club aus Wilhelmsburg beeindruckt den Niederländer immer wieder aufs Neue. „So ein familiäres Gefühl hatte ich bei noch keinem Engagement vorher“, lobt der Drei-Punkte-Wurf-Spezialist, der seine Liebe zur neuen Heimat mit einem „I love Hamburg“-Anhänger an seinem Schlüsselbund dokumentiert.

Franke will seine kickenden Landsleute van Drongelen und Veerman treffen

An freien Tagen erkundet Franke gerne die Stadt und schaut sich Sportveranstaltung unter-schiedlichster Art an. „Ich würde mich freuen, mal meine Landsleute Rick van Drongelen vom HSV und Henk Veerman von St. Pauli kennenzulernen. Es ist immer cool, neue Leute zu treffen“, sagt Franke.

So wie am Sonntag Sprachlehrerin Rieke Pramor. Zwei Sätze, so scherzt Franke, hat er sich schon zurechtgelegt: „Wir haben in Frankfurt gewonnen, und ich kann besser Deutsch als Beau Beech.“