Hamburg. Die Hamburger besiegen auch die US-Amerikaner – am Abend folgt das Halbfinale. Die Siegerinnen der Frauen stehen schon fest.

Sie lagen sich in den Armen, drückten sich lange und innig: Julius Thole (22) und Clemens Wickler (24) arbeiten weiter an ihrer Beachvolleyball-Biografie. Nachdem Hamburgs Mannschaft des Jahres im Achtelfinale der WM am Hamburger Rothenbaum die Brasilianer Alison Conte Cerutti/Alvaro Morais Filho in 49 Minuten mit 2:0 (21:14, 21:15)-Sätzen bezwungen hatten, legten sie am Sonnabend nach und gewannen auch gegen die Ex-Weltmeister Phil Dalhauser/Nick Lucena aus den USA, ebenfalls mit 2:0 (21:18, 21:17)-Sätzen.

Gegen das deutlich erfahrenere US-Duo zeigten Thole und Wickler bei regnerischen 16 Grad vor rund 13.000 Zuschauern im Rothenbaumstadion ihr ganzes Können und ließen sich auch von Rückständen nicht beirren. Blockspieler Thole lieferte sich mit Peking-Olympiasieger Dalhausser (39) ein spannendes Duell am Netz. Beide haben eine Körpergröße von 2,06 m, im Block hatte Thole trotzdem die Nase vorn. Noch am Abend müssen Thole und Wickler das nächste Mal ran: Dann steht das Halbfinale gegen das norwegische Duo Mol/Sørum an, das derzeit beste Beachvolleyball-Duo der Welt.

Makellose WM-Bilanz der Hamburger

„Wir sind unglaublich stolz“, sagten beide schon nach dem Viertelfinale, und Wickler ergänzte: „In der Nacht vor dem Spiel hatte ich die Hosen voll. Ich hätte nicht gedacht, dass wir dieses Spiel derart souverän im Griff haben werden.“ Gegen Alison, den zweimaligen Weltmeister und Olympiasieger 2016 in Rio, und seinen neuen Partner Filho war das keinesfalls zu erwarten. Die Brasilianer hatten ebenso wie Thole/Wickler im bisherigen Turnier keinen Satz abgeben. Ihre makellose WM-Bilanz verteidigten die Hamburger auch gegen ihre Viertelfinal-Gegner aus den USA.

Thole/Wickler – man darf das nach dieser Vorstellung schreiben – lieferten einen weltmeisterlichen Auftritt. Ihnen unterliefen kaum Fehler, in fast jeder Spielsituation trafen sie die richtige Entscheidung, waren technisch und athletisch in der Lage, sie dann auch optimal umzusetzen. „Eine Weltklasse-Leistung“, befand Niclas Hildebrand, der Sportdirektor Beach des Deutschen Volleyballverbandes (DVV). Nach den enttäuschenden Auftritten der anderen neun deutschen Teams in den K.-o.-Spielen an den Vortagen sei das nicht nur ein kleiner Lichtblick. „Das ist mega“, meinte Hildebrand.

Ausnahmezustand am Rothenbaum

Freitagabend herrschte am Rothenbaum Ausnahmezustand. Die Schlange vor dem Einlasstor reichte bis zur U-Bahn-Station Hallerstraße. Etwa 1000 Leute durften um 18 Uhr nicht auf die Anlage, weil polizeilich nicht mehr als 13.000 Besucher erlaubt sind. An den Ein- und Ausgängen werden aus Sicherheitsgründen mittels einer Lichtschranke die Zuschauer gezählt.

Im Stadion selbst waren erstmals alle Blöcke geöffnet, 12.000 Zuschauer bedeuteten einen neuen Besucherrekord beim Beachvolleyball außerhalb der Olympischen Spiele. Und die Stimmung war entsprechend. „Thole-Wickler“-Sprechchöre hallten ständig durch das Rund, jeder Punkt der beiden wurden enthusiastisch bejubelt. „Ich hoffe, wir haben hier noch drei Spiele“, sagte Thole. „Es ist einfach großartig, vor dieser Kulisse spielen zu dürfen.“

Pavan/Melissa lösen Ludwig/Walkenhorst ab

Derweil haben Sarah Pavan und Melissa Humana-Paredes bei der Beachvolleyball-Weltmeisterschaft in Hamburg den Titel bei den Frauen gewonnen. Das kanadische Duo bezwang am Sonnabend vor 12.000 Zuschauern am Rothenbaum gegen die US-Amerikanerinnen Alexandra Klineman und April Ross mit 2:0 (23:21, 23:21). Die 1,96 Meter große Pavan setzte in den hart umkämpften Sätzen jeweils mit einem erfolgreichen Block den entscheidenden Punkt. Es ist der erste WM-Titel und die erste WM-Medaille im Sand überhaupt für Kanada.

Ary S. Graca, Präsident der  International Beach Volleyball Federation, überreicht Sarah Pavan (l.) und Melissa Humana Paredes die Trophäe.
Ary S. Graca, Präsident der International Beach Volleyball Federation, überreicht Sarah Pavan (l.) und Melissa Humana Paredes die Trophäe. © Bongarts/Getty Images | Martin Rose

Pavan/Melissa, wie das Duo auf der offiziellen Liste des Weltverbandes geführt wird, lösen die Hamburgerinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst als Titelträgerinnen ab. Die wegen gesundheitlicher Probleme zurückgetretene Wahl-Hamburgerin Walkenhorst hatte vor dem Endspiel den Goldpokal abgeben müssen. "Ich war sehr traurig", sagte die 28 Jahre alte Blockspielerin, die für kommendes Jahr erst einmal auf der deutschen Tour ihr Comeback angekündigt hat.

Beide Finalteams konnten lange Zeit die Nervosität nicht ablegen, viele Fehler führten aber zu spektakulären Ballwechseln. Auch die 37 Jahre alte Ross, die 2009 Weltmeisterin war, konnte keine entscheidenden Situationen erzwingen. Die ehemalige kanadische Hallen-Nationalspielerin Pavan (32) hatte sich in der Saison nach dem verlorenen Viertelfinale bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio gegen Ludwig/Walkenhorst mit der jetzt 26-jährigen Humana-Peredes zusammengetan. Die Tochter chilenischer Auswanderer hatte schon mit zwölf Jahren mit dem Beachvolleyball begonnen. Erst mit Pavan gelang ihr der Vorstoß in die Weltspitze.