Hamburg. Kampfsportsparte feiert am Sonnabend 50-jähriges Bestehen. Ihr Inklusionsangebot sticht besonders heraus.

Sascha Costa mag seinen Job, aber dass er ihn in diesen Tagen noch lieber verrichtet, obwohl er deutlich mehr Zeit frisst als sonst, hat einen Grund. Der 33 Jahre alte sportliche Leiter organisiert die Feier zum 50-jährigen Bestehen der Judoabteilung im Eimsbütteler TV an diesem Sonnabend, und die Beschäftigung mit der bewegten Historie und ihren Protagonisten erfüllt den früheren Nationalmannschaftskämpfer mit Vorfreude. „Was mich besonders beeindruckt, ist die Vielschichtigkeit unserer Sparte“, sagt er, „und die versuchen wir mit dem Jubiläum abzubilden.“

Was 1969 als „Interessengemeinschaft Judo“ im Haus der Jugend am Stintfang begann, hat sich bis heute zu einer rund 550 Mitglieder zählenden Abteilung entwickelt. 21 Trainer – mit Helena Kiesiläinen-Behnke, Ehefrau des Abteilungsvorsitzenden Helmut Behnke, und Costa zwei davon hauptamtlich – bieten täglich diverse Übungseinheiten im ETV-Sportzentrum an der Bundesstraße an. Zwei Alleinstellungsmerkmale gibt es, die die ETV-Judoka im rund 70 Vereine starken Hamburger Verband einzigartig machen.

Gruppen für Menschen mit Beeinträchtigungen

Zum einen, dass täglich Erwachsenentraining angeboten wird – beileibe keine Selbstverständlichkeit angesichts von mehr als 85 Prozent jugendlichen Mitgliedern in den Hamburger Clubs. Zum anderen, und darauf sind sie besonders stolz, gibt es nur im ETV inklusive Judoangebote, und das bereits seit 1992, als das Thema noch ein Randaspekt war. „Damals haben wir den ersten Kurs für blinde und sehgeschädigte Menschen angeboten“, sagt Sascha Costa. Heute gibt es vier Gruppen für Menschen mit Beeinträchtigungen. Eine für Blinde und Sehgeschädigte.

Eine für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, die am Asperger-Syndrom, ADHS, Retardierung oder halbseitigen Lähmungen leiden. Und je eine für Kinder und Erwachsene mit geistiger Behinderung. „Es ist enorm wichtig, diesen Menschen Selbstbewusstsein, Sozialkompetenz und Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Außerdem ist Judo ein sehr probates Mittel der Sturzprophylaxe, was für die Zielgruppe ein wichtiges Thema ist“, sagt Costa. Zwei in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Eppendorf durchgeführte Projekte – eins mit adipösen Kindern, das andere auf der Kinderkrebsstation – runden das soziale Engagement ab.

Höhepunkt der Abteilungsgeschichte

2008 konnte der ETV mit Dominik Zilian einen Athleten zu den Paralympischen Sommerspielen nach Peking entsenden – ein Höhepunkt der Abteilungsgeschichte. Die erfolgreichste und bekannteste ETV-Kämpferin ist allerdings Martyna Trajdos, die 2015 Europameisterin in der 63-kg-Klasse wurde und ein Jahr später bei den Olympischen Spielen in Rio antrat, wo sie in Runde eins höchst umstritten der Brasilianerin Mariana Silva unterlag. Die 30-Jährige wäre gern als Ehrengast zur Jubiläumsfeier erschienen, ist aber beim Grand-Prix-Turnier in Hohhot (China) gefordert, um Punkte in der Olympiaqualifikation für Tokio 2020 zu sammeln.

Das Festtagsprogramm, glaubt Costa, könne aber auch ohne den Glanz der Vorzeigeathletin überzeugen. Den ganzen Tag über bieten Referenten aus Schweden, Israel, der Schweiz und Kolumbien, die dem Verein als Freunde verbunden sind, für alle interessierten Mitglieder Kurse an. Von 18.30 Uhr an kommen bis zu 200 geladene Gäste beim Jubiläumsbankett zusammen. Dabei hat der Festausschuss, dem neben Costa fünf weitere Mitglieder angehören, bewusst darauf verzichtet, Funktionsträger aus der Politik oder anderen Sportarten einzuladen. „Wir haben nur Freunde aus dem Verband oder anderen Vereinen dabei. Das ist ein Abend, der dem Judo vorbehalten sein soll“, sagt Sascha Costa. Und wahrscheinlich freut er sich auch deshalb so sehr darauf.