Lausanne. Als Grund nennt IOC-Präsident Thomas Bach wiederholte Verstöße gegen ethische und finanzielle Grundsätze des Sports.
Dem Boxen bleibt der Ausschluss aus dem olympischen Programm für die Sommerspiele 2020 in Tokio erspart, dennoch hat das Exekutivkomitee des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) den Sport in die Ungewissheit gestürzt. Am Mittwochabend erklärte IOC-Präsident Thomas Bach in Lausanne, dass der Amateurbox-Weltverband AIBA ausgeschlossen und das olympische Turnier von einer IOC-internen Expertenkommission unter Leitung des Turn-Weltverbandschefs Morinari Watanabe (Japan) organisiert werden soll. Diese Entscheidung muss noch von der Vollversammlung (24. bis 26. Juni in Lausanne) bestätigt werden, was aber als Formsache gilt.
Grund für den drastischen Schritt sind laut Bach wiederholte Verstöße gegen ethische und finanzielle Grundsätze des Sports. Insbesondere hatte das IOC, das diese Konsequenz seit Monaten angedeutet hatte, die Korruption bei den Punktrichtern, die finanziellen Probleme der AIBA und vor allem die Verstrickung ihres usbekischen Präsidenten Gafur Rachimow in kriminelle Machenschaften angeprangert.
AIBA prüft rechtliche Schritte, Klage vor CAS wahrscheinlich
Jürgen Kyas, Präsident des Deutschen Boxverbands (DBV) und Mitglied des AIBA-Vorstands, reagierte fassungslos auf die Nachricht. „Ich halte das für einen persönlichen Feldzug Bachs gegen das Boxen. Wir haben alles getan, um die Auflagen zu erfüllen. Es gibt keinerlei Nachweise für aktuelle Verstöße, deshalb werden wir diese Entscheidung nicht hinnehmen“, sagte er. Tatsächlich hatte die AIBA nach diversen skandalösen Wertungen in Rio 2016 alle ihre Punktrichter ausgetauscht, ihre Satzung verändert und auch ihre finanziellen Probleme in den Griff bekommen. Zuletzt war noch der höchst umstrittene Rachimow durch den Marokkaner Mohamed Moustahsane ersetzt worden. Das AIBA-Exekutivkomitee prüft nun rechtliche Schritte gegen das IOC, ein Gang vor den internationalen Sportgerichtshof CAS scheint unausweichlich.
Leidtragende der Entscheidung sind schon jetzt Athleten und Trainer, die nun völlig im Ungewissen über die Qualifikationskriterien sind. Ursprünglich sollte die WM im September in Jekaterinburg (Männer) und im Oktober in Ulan Ude (Frauen/beide Russland) als Qualifikationsturnier dienen. Das IOC will nun die Qualifikation im Zeitraum Januar bis Mai 2020 durchführen. „Aber wie das funktionieren soll und wer in Tokio die Punktrichter stellt, ist völlig unklar. Aber es trifft wenigstens weltweit alle gleich hart“, sagte Bundestrainer Michael Timm. Immerhin bestätigte das IOC, dass wie geplant 286 Starter in acht (Frauen fünf) Gewichtsklassen in Tokio in den Ring steigen dürfen.