Hamburg. Die Hamburgerin ist glänzend als Profi gestartet. Nächste Karriereziel ist die Ladies PGA-Tour. Doch es gibt auch Probleme.
Flug und Unterkunft waren schon lange gebucht. Nächstes Ziel Rabat, Marokko. An diesem Donnerstag geht es dort los mit dem Lalla Meryem Cup. Dann vom 1. bis 3. Mai Dubai. Man kommt rum als Profigolferin. „Europäische Tour?“ Esther Henseleit muss schmunzeln. Seit Jahresbeginn bestreitet die 20 Jahre alte Hamburgerin auf der Ladies European Tour (LET) ihren Lebensunterhalt durch ihren Sport. Vier Turniere hat sie bisher gespielt: drei in Australien, eines in Südafrika – die European Tour ist ihrem Namen zum Trotz weltweit aufgestellt. Da fährt man nicht einfach mal so zum ersten Abschlag rüber. Der Turnierplan erfordert Logistik – und das kostet. Zeit, Geld, Erfahrung.
„Sportlich unterscheidet es sich auf den Profi-Turnieren nicht wirklich von den Veranstaltungen bei den Amateuren“, sagt Henseleit. Sie ist höchstes spielerisches Niveau gewohnt. Wenn man mit dem besten jeweils bei einer deutschen Amateurin registrierten Handicap von +7,1 zu den Berufsspielern wechselt, dann ist man bei großen Events schon in den Genuss top gepflegter Plätze und perfekter Organisation gekommen. „Es waren für mich ganz normale Turniere, wie jedes andere auch“, erzählt sie an diesem Frühlingstag nach dem Training und vor einer Physioeinheit in ihrem Golfclub Falkenstein.
Viele Dinge sind zu regeln
Gerade ist sie aus einem Trainingslager mit „ihrer“ Mannschaft aus Spanien zurückgekommen. Vorbereitung auf die neue Bundesligasaison, die die Damen von Hamburgs Trainer des Jahres, Christian Lanfermann, am 11. Mai im Golfclub Walddörfer als Titelverteidiger beginnen. Henseleit wird dann für ihr Team abschlagen, das ist schon sicher. Es steht kein Profiturnier im Kalender. „Die Tour hat Vorrang, aber wenn es geht, bin ich für die Mannschaft da“, sagt sie. „Das macht mir wirklich großen Spaß.“ Auch deshalb hat sie sich für die Trainingswoche entschieden. Bei einem gleichzeitig stattfindenden Turnier in Jordanien war sie nicht in das Spielerfeld gekommen, hätte als erste Ersatzstarterin aber vor Ort sein müssen. Nein, zu aufwendig, zu teuer, zu ungewiss. Und: Noch sind viele Dinge zu regeln.
Die Wochen in Hamburg nutzte sie beispielsweise auch, um einen Steuerberater zu suchen, der sich mit den Verstrickungen zwischen Doppelsteuerabkommen mit bis zu 20 ausländischen Staaten, dem Absetzen von berufsbedingten Ausgaben und dem korrekten Deklarieren der Einnahmen auskennt. Einige haben die Anfrage dankend abgelehnt.
Selbstständige Unternehmerin
Esther Henseleit ist inzwischen eine selbstständige Unternehmerin. Das Gewerbe musste angemeldet werden, die private Krankenversicherung. Renten- oder Arbeitslosenbeiträge zahlt sie keine. Unzählige Dinge mussten beachtet werden, mit denen sie sich zwischen Abschlag und Putt bislang nie so wirklich beschäftigt hat. Was für ein Glück für sie, dass sich in ihrem Club Mitglieder gefunden haben, die sie bei genau diesen Management-Aufgaben unterstützen. Das sind Menschen mit den beruflichen Schwerpunkten in Marketing, Recht, Unternehmensberatung, die aber im Hintergrund arbeiten wollen.
Die Sportlerin soll im Mittelpunkt stehen und nicht der Helferstab. Kosten für eine professionelle Beratungsagentur spart Henseleit dadurch – noch. Denn noch ist ihr Job ein Zuschussgeschäft. 90.000 Euro jährlich kommen durch Reisekosten, Unterkunft, Meldegebühren und Sonstiges zusammen, um überall spielen zu können. Und dabei geht es nicht um Businessclass und Fünf-Sterne-Herbergen. Dagegen stehen die geringen Dotierungen auf der LET. Drei Top-Ten-Platzierungen hat die junge Hamburgerin zu Beginn ihrer Profikarriere erreicht, ein Knallstart. Das Preisgeld dafür: nur 16.338 Euro. Auch deshalb ist die Startberechtigung für die lukrativere Ladies PGA-Tour in den USA das nächste Karriereziel.
Guter Auftakt
Immerhin stellt Ausrüster Ping die Schläger, von Foodjoy gibt es Schuhe und Klamotten. Das Team Hamburg hilft zudem, der Deutsche Golfverband und die Sporthilfe. Ein Sponsor aus dem Bereich der Golfplatzpflege ziert Mütze und Sweater. Weitere Unterstützer sind aber herzlich willkommen. „Es ist sehr schwierig, Partner für Frauen-Golf zu begeistern“, hat einer ihrer Berater festgestellt. Ein schwieriger Markt ist das, so praktisch ohne jede Fernsehpräsenz.
„Einen Caddie habe ich nicht“, erzählt Henseleit von ihren ersten Profierlebnissen. Die Frauen durften ihre Taschen selbst ziehen. Es ist auch möglich, einen lokalen Caddie zu nehmen. „Die kosten zwischen 40 Euro am Tag oder 750 die ganze Woche.“ Mit Prozenten vom geringen Preisgeld gibt sich keiner zufrieden, das ist klar.
Der Auftakt in Australien war dennoch höchst beglückend und eine super Erfahrung: „Ich war das erste Mal da unten.“ Mit Laura Fünfstück (Neuhof) und Karolin Lampert (St. Leon-Rot), die schon länger auf der Tour spielen, hat sie eine Art Reisegruppe gebildet, „die haben mir auch viel von ihren Erfahrungen erzählt.“ Mit Lampert hat Henseleit privat in Canberra als Gast bei der Familie eines deutschen Diplomaten gewohnt. Bei einem weiteren Turnier in Australien war sie ebenfalls Gast bei einem Clubmitglied: „Da habe ich direkt am elften Loch gewohnt. Abends gab es Barbecue auf der Terrasse, und die Gastfamilie hat mir auch einiges von der Gegend gezeigt“, erzählt sie.
Das klingt sehr nett und macht die Sache offenbar angenehm. Aber, das alles ist ja kein Urlaub – sondern der Job. Jetzt also geht es in den Maghreb. Wer weiß, was sie da alles erleben wird.