Hamburg. Beim GC Falkenstein wird nach neuesten Methoden Golf trainiert. Chefcoach Christian Lanfermann im Abendblatt-Gespräch.
Diplom-Trainer Christian Lanfermann (39) betreut seit 2013 die Damen-Bundesligamannschaft um Vizeeuropameisterin Esther Henseleit (19) sowie den Nachwuchs des Golf Clubs Falkenstein. Wenn am kommenden Wochenende im niedersächsischen Club Herdenberg die Amateurinnen um den Meistertitel spielen, ist Henseleit Favoritin. Ein Gespräch über Wettkampf und Siegertypen.
Herr Lanfermann, Ihre Mannschaft wurde Mitte August erstmals deutscher Mannschaftsmeister. Wie haben Sie das geschafft?
Christian Lanfermann: Da kamen mehrere Faktoren zusammen. In diesem Jahr hatten wir mehr Spielerinnen, die schon Finalerfahrungen hatten. Und wir haben aus den Eindrücken von 2017 gelernt, haben reflektiert und gezielter trainiert.
Was genau meinen Sie?
Lanfermann: Die Spielerinnen haben sich individuell weiterentwickelt, und mit Esther Henseleit haben wir diesmal einen kompletteren Kader gehabt – mit einer Ausnahmespielerin.
Ihre Topspielerin lieferte für das Team Germany in Irland gerade das entscheidende Ergebnis zu Platz fünf. Damit waren sie die beste europäische Mannschaft. Was ist das Besondere an ihr?
Lanfermann: Sie ist ein Wettkampftyp, mag die Herausforderung. Außerdem ist sie teachable, das heißt, sie nimmt Lehre an und kann sie umsetzen.
Was haben Sie inhaltlich in Ihrem Damenteam verändert?
Lanfermann: Wir haben mehr Wert auf die mentale Stärke gelegt. Sich bei Turnieren weniger beeindrucken zu lassen, die vielen Zuschauer auszublenden, keine Emotionen bei großen Namen zu haben. Nichts von außen rankommen zu lassen, das haben wir intensiv trainiert.
Wie funktioniert das?
Lanfermann: Unser Mentaltrainer hat mit den Spielerinnen individuelle Strategien zur eigenen Balance entwickelt.
Ein Beispiel?
Lanfermann: Wir haben viel an der Körpersprache gearbeitet. Das war sogar unser Schwerpunkt dieses Jahr.
Was braucht man noch, um den entscheidenden Schritt in die Spitze zu machen?
Lanfermann: Den Traum von der Profitour haben viele Mädchen. Entscheidend ist dabei auch: Habe ich das Selbstvertrauen, mir vorstellen zu können, dort oben mitzuspielen? Diese Standortbestimmung ist eine Grundvoraussetzung.
Mit der 19 Jahre alten Hannah Karg haben Sie eine Nachwuchsspielerin, die auf die Profitour möchte. Schafft sie das?
Lanfermann: Hannah hat an diesem Wunsch festgehalten. Aber sie hat Abitur gemacht. Die Schule ging vor. Das ist auch richtig, denn niemand weiß, ob es mal klappt mit der Profikarriere. Das hat man ja jetzt auch im Fußball gemerkt und darauf reagiert.
Sie meinen Fiete Arp vom HSV. Der hat ebenfalls gerade Abitur gemacht, fiel dann in ein Leistungsloch. Ist das vergleichbar?
Lanfermann: Absolut. Auch Hannah hat in der vergangenen Saison wenig gespielt. Sie muss nun wieder herankommen an ihr Niveau. Für die Mädchen ist ein guter Schulabschluss noch wichtiger als bei den Jungen. Sie machen sich viel mehr Gedanken um ihre Zukunft.
In Asien beispielsweise ist der Druck auf den Nachwuchs extrem. Wer nicht funktioniert, wird bestraft. Beispielsweise mit einer Übernachtung auf dem Friedhof – allein.
Lanfermann: Damit wollen wir uns nicht vergleichen. Es ist aber nicht nur die Mentalität, die den Unterschied macht, sondern auch die Bedingungen, unter denen trainiert werden kann. In Asien sind Lagerhallen normal, in denen der Nachwuchs Tausende Bälle am Stück spielen kann. Nicht umsonst gelten die Asiaten als harte Arbeiter.
Intensives Golftraining bringt offenbar Erfolg. Warum ist das keine Blaupause?
Lanfermann: Wir legen Wert auf Breite, schauen gern bei anderen Sportarten vorbei, adaptieren, was Sinn ergibt. Ich habe mir viel vom Hockey, dem Fußball, aber auch der Leichtathletik abgeguckt. Sogar vom Gewichtheben kann man lernen, weil in diesem Sport unglaublich viele Muskelgruppen beteiligt sind.
Wie groß ist der Unterschied zwischen Frauen- und Männergolf?
Lanfermann: In der Spitze gibt es keine Unterschiede nach Geschlechtern. Grundsätzlich spielen Frauen zumeist sehr stabil vom Abschlag aus. Dafür haben Männer das bessere Spiel rund ums Grün, aus dem Bunker und beim Putten. Sie lieben Wettkampf, auch auf dem Grün, Mädchen weniger. Aber diese Voraussetzungen sind nicht entscheidend. Auch bei Mädchen kann man den Spielkompetenzmodus wecken.
Sie haben drei Kinderbücher übers Golfspielen geschrieben. Warum?
Lanfermann: Mir macht es Spaß zu sehen, wie Kinder an ihren Aufgaben auf dem Platz wachsen, wie sie sich verändern. Es geht beim Golfspielen wie in anderen Sportarten ja nicht nur um Talent und Förderung, sondern auch um Persönlichkeitsentwicklung.
Also Niederlagen zu akzeptieren, sich nicht für jemand Besseres zu halten.
Lanfermann: Genau. Sport ist eine Schule fürs Leben. Daran beteiligt zu sein ist eine erfüllende Aufgabe.