Mannheim. Die norddeutschen Volleyballer verlieren in Mannheim nach nur 78 Minuten mit 0:3 Sätzen gegen Friedrichshafen.

Der Weg zu ihren Fans ist für die Volleyballer der SVG Lüneburg gewöhnlich ein vergnüglicher, selbst nach Niederlagen. Diesmal jedoch halfen die aufmunternden Worte der rund 700 mitgereisten Anhänger in der Mannheimer SAP-Arena wenig, zu groß war die Enttäuschung nach dem 0:3 (23:25, 18:25, 16:25) im 47. deutschen Pokalfinale gegen den VfB Friedrichshafen.

Das Satzergebnis war dasselbe wie vor vier Jahren gegen denselben Gegner, die Spielzeit mit 78 Minuten nur zehn Minuten länger als 2015 in Halle/Westfalen. „Wir können eben 0:3“, scherzte Marketingmann Henrik Morgenstern mit bittersüßer Miene.

Unter Wert verkauft

War die Enttäuschung bei der damaligen Finalpremiere „nach einer Stunde schnell vergessen“, wie Sportchef Bernd Schlesinger sagte, „werden wir diesmal wohl weit länger daran knabbern. Wir haben uns unter Wert verkauft, das war in der Gesamtbetrachtung schon ziemlich ernüchternd.“ Als sportlichen und psychologischen Knackpunkt der Pleite hatten die Lüneburger schnell den ersten Satz ausgemacht, als es ihnen nicht gelang, eine 15:11- und 20:17-Führung zum Gewinn des Durchgangs ins Ziel zu bringen. Vier Aufschlagfehler in Folge erleichterten dem Gegner das Comeback.

„Der erste Satz war der entscheidende. Da hatten wir in der Endphase auch ein bisschen Glück, dass die Lüneburger plötzlich anfingen, leichte Fehler zu machen. Pokalspiele muss man lernen, da hatten wir einen Vorteil“, meinte Friedrichshafens belgischer Trainer Vital Heynen, der ehemalige Coach der deutschen Männer-Nationalmannschaft. Der deutsche Rekordmeister (13 Titel) vom Bodensee gewann zum 16. Mal ein Pokal­finale, das dritte in Folge.

Respekt leichtfertig verspielt

Nach der bisher besten Bundesligasaison ihrer Vereinsgeschichte, der fünften nach dem Aufstieg 2014, und vor allem nach dem Mut machenden 3:2-Punktspielerfolg vor sechs Wochen in Friedrichshafen, hatten sich die Lüneburger nicht unbedingt einen Sieg, zumindest aber ein umkämpftes Endspiel ausgerechnet. „Friedrichshafen hatte eine Menge Respekt vor uns, den haben wir aber im zweiten und dritten Durchgang leichtfertig verspielt“, sagte Schlesinger. Cheftrainer Stefan Hübner klagte: „Es ist ein bisschen traurig. Zwei, drei meiner Spieler haben im zweiten und dritten Satz nicht mehr das gezeigt, was sie können. Nur wenn alle ihre maximale Leistung bringen, haben wir gegen ein Spitzenteam wie Friedrichshafen eine Chance. Das war diesmal nicht der Fall. Schade. Es tut mir leid für die Jungs.“

Eine Erklärung für den Leistungseinbruch hatte Hübner zwar nicht sofort parat, vielleicht könnte sie in die Richtung gehen, die Mittelblocker Noah Baxpöhler später vorgab, der, wie er zugab, mit Gänsehaut die Arena betreten hatte: „Selbst wenn sich die Nervosität bei mir relativ schnell gelegt hatte, wir haben eben noch keine Routine auf diesem Niveau. Wenn dann noch etwas schiefläuft, wie am Ende des ersten Satzes, fehlt uns die notwendige Stabilität.“

Nur der Block funktionierte

Und ein Pokalfinale vor 10.287 Zuschauern in einer riesigen Arena habe nun mal andere Dimensionen als ein Bundesligaheimspiel im kleinen Reppenstedt, wo 800 Leute das Team aus Krisensituationen herausschreien. Michel Schlien, der Ur-Lüneburger, teilte diese Meinung: „Gegen Friedrichshafen darfst du dir nur wenige leichte Fehler erlauben. Wir hatten ein paar zu viel davon.“

Der ehemalige HSV-Nationalspieler Frank Mackerodt (55), seit 27 Jahren im Beachvolleyball unterwegs und in diesem Sommer Organisator der WM am Rothenbaum, hielt, bei aller Sympathie für die Lüneburger, nicht mit seiner Kritik zurück: „Das war einfach zu wenig, im zweiten und dritten Satz war das ein Klassenunterschied. Friedrichshafen hat in fast allen Elementen dominiert, vor allem im Aufschlag, der Aufschlagannahme und im Zuspiel. Nur der Block funktionierte in weiten Teilen des Spiels.“

Kessel und Szeto waren überlegen

Zwei Lüneburger, das ergaben die Messungen des neuen Männer-Nationalmannschaftssponsors Comdirect, waren aber allen Friedrichshafenern überlegen: die Außenangreifer Cody Kessel und Raymond Szeto. Mit respektablen 99 Zentimetern sprangen sie am Netz am höchsten, sechs Zentimeter mehr als der Grieche Athanasios Protopsaltis, mit 14 Punkten bester Scorer des alten, neuen Pokalsiegers. Kessel schaffte 13 Zähler, brachte 52 Prozent seiner Angriffe durch.

„Wenn wir die erste Enttäuschung überwunden haben, werden wir hoffentlich gestärkt aus diesem Finale hervorgehen“, sagte Sportchef Schlesinger, bevor er mit dem Team am Abend die 550 Kilometer lange Rückreise im Mannschaftsbus antrat. „Wir haben in dieser Saison ja noch einiges in der Bundesliga vor. Das Ergebnis war vielleicht ein kleiner Dämpfer, aber kein großer Rückschlag. Wir wollen ja erst dort hinkommen, wo Friedrichshafen seit Langem ist.“

Das anschließende Endspiel der Frauen verlief ebenfalls einseitig. Der SSC Schwerin besiegte den MTV Stuttgart mit 3:0 (25:21, 25:21, 25:20) Sätzen und holte zum sechsten Mal den Pokal.