Hamburg/Dubai. Hamburgs Bürgermeister lädt den HSV bei einem Aufstieg ein. HSV-Clubmanager Wehmeyer verhandelt derweil mit Emirates.
Allzu einladend wirkte der Hamburger Rathausmarkt am Sonntagmittag nicht. Nieselregen, dunkle Wolken und Frösteltemperaturen. Lediglich drei rote Regenschirme von lokalen Stadtführern sorgten in dem Grau in Grau für etwas Farbe, eine italienische Familie und ein paar Möwen für die lautstarke Stimmung. Und hier also soll in vier Monaten die größte Feier der Stadt gefeiert werden?
Genau das hatte jedenfalls Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher ein paar Stunden zuvor angekündigt – allerdings weit weg vom Ort des Geschehens. In sicherer Entfernung von 6500 Kilometern hatte Tschentscher bei einem gemeinsamen Gespräch mit HSV-Clubmanager Bernd Wehmeyer und Tim Clark, dem Präsidenten von Emirates Airline, in dessen Firmenzentrale in Dubai verkündet, dass man im Falle des Aufstiegs diesen gebührend in Hamburg auf dem Rathausbalkon feiern werde. „Ich habe Emirates-Präsident Sir Tim Clark schon eingeladen“, sagte Tschentscher, der mit einer Delegation für drei Tage in die Emirate gereist war.
Sandhausen-Spiel jetzt nächster Schritt
Nun denn. Gut sieben Flugstunden von Sonne satt, 29 Grad und dem heiteren Tschentscher entfernt wusste man im regnerischen Hamburg gar nicht so recht, wie man mit dem unmoralischen Angebot umgehen sollte. „Was soll ich dazu sagen?“, fragte HSV-Sportvorstand Ralf Becker. „Ich kann nur zum kommenden Spiel am Mittwoch gegen Sandhausen etwas sagen. Nur das ist wichtig.“ Ähnlich formulierte es Clubchef Bernd Hoffmann: „Wir freuen uns sehr, dass der Bürgermeister schon so weit nach vorne schaut. Wir tun aber ganz gut daran, nur bis zum Sandhausen-Spiel am Mittwoch zu gucken.“
Schwierigkeiten mit dem Protokoll egal
Das nächste Spiel ist immer das wichtigste Spiel. Schon klar. Doch die theoretische Debatte, ob der HSV einen Aufstieg (sogar „nur“ als Zweiter oder Dritter) tatsächlich auf dem Rathausmarkt feiern soll, war ganz praktisch nicht mehr aufzuhalten. Eine klassische Einerseits-andererseits-Diskussion. Einerseits soll man die Feste bekanntlich feiern, wie sie fallen. So hatten 2017 in Stuttgart beispielsweise 100.000 Fans die Rückkehr in die Bundesliga bejubelt (60.000 im Stadion, 40.000 auf einem Volksfestgelände).
Zur Feier des Tages wurde das Stuttgarter Rathaus in den Vereinsfarben beleuchtet. Und auch Tschentscher betonte im Gespräch mit dem Abendblatt, dass ihm mögliche Schwierigkeiten mit dem Protokoll egal seien. Andere Städte würden ihre Aufsteiger schließlich auch groß feiern.
Nur Wiedergutmachung des Betriebsunfalls
Andererseits wäre die Rückkehr in die Bundesliga für den HSV auch kein Triumph wie der Sieg des DFB-Pokals 1987 oder der Gewinn des Landesmeisterpokals 1983, sondern lediglich die Wiedergutmachung des schlimmsten Betriebsunfalls der Clubgeschichte. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Im weit entfernten Dubai wollten noch vor dem ersten Spiel im Jahr 2019 allerdings weder HSV-Fan Tschentscher noch Clubmanager Wehmeyer bis ins letzte Detail die Argumente dieser theoretischen Diskussion durchgehen. Wichtiger für die mittelfristige Zukunft des HSV als der Rathausbalkon als Partylocation waren auch eher die Vorgespräche mit den Emirates-Chefs über eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Sponsorenvertrags.
Verlängerung des auslaufenden Sponsorenvertrags?
Besonders Wehmeyer warb bei dem Treffen um eine Verlängerung der Partnerschaft. „Wir würden uns freuen, die langjährige Partnerschaft fortzusetzen“, sagte Wehmeyer dem Abendblatt. „Das war ein gutes Gespräch mit dem Emirates-Präsidenten Sir Tim Clark.“ Und offenbar hat der frühere Balkondauergast, der vier HSV-Triumphe auf dem Rathausmarkt feiern konnte, positive Signale in der Wüste empfangen. „Auch in Dubai hat man die positive Entwicklung des HSV registriert“, sagte Wehmeyer.
Fortsetzung folgt. Bei den Vertragsgesprächen mit Emirates – genauso wie bei den Feierplanungen auf Balkonesien. „Einmal in meiner HSV-Karriere da oben zu stehen, das wäre schon fantastisch. Auch wenn man nur so eine Radkappe als Zweitligameister in der Hand hält“, hatte Profi Lewis Holtby bereits vor ein paar Tagen gesagt.
Räumlichkeiten des Rathauses besetzt
Was möglicherweise aber weder Holtby noch Tschentscher im Hinterkopf haben, ist, dass eine Feier im Herzen Hamburgs eine Woche nach dem letzten Spiel organisatorisch problematisch sein könnte. Wegen der Wahlen zu den Bezirksversammlungen und zum europäischen Parlament sind die Räumlichkeiten des Rathauses am 26. Mai besetzt.
Und was würde überhaupt passieren, wenn auch noch der FC St. Pauli aufsteigt? Dann, so Tschentscher, würde der Balkon natürlich auch für die Kiezkicker freigegeben werden. „Danke für das Angebot“, sagte St. Paulis Präsident Oke Göttlich, und fügte ungerührt hinzu: „Wir entscheiden, wie wir feiern, wenn es so weit ist.“