Hamburg. Bei einem Kneipentalk traf der Technische Direktor des FC St. Pauli auf HSV-Sportvorstand Ralf Becker. Am Ende wurde es hitzig.
Eigentlich sollte es nur ein launiger Talk zum Start der Zweiten Liga werden. HSV-Sportvorstand Ralf Becker, St. Paulis Sportchef Uwe Stöver sowie der Technische Direktor des Kiezclubs und Sky-Experte Ewald Lienen saßen am Donnerstagabend in der Kneipe Frau Möller im Hamburger Stadtteil St. Georg zusammen. Geladen hatte der Fernsehsender Sky, um sein Programm für die kommende Saison vorzustellen. Es ging um die Stadtduelle zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli, die Auswüchse auf dem Transfermarkt und die Kader der Hamburger Zweitligisten. Ein launiger Talk ohne große Aufreger – bis kurz vor Schluss.
Als Moderator Stefan Hempel auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland und das schwache Abschneiden der Deutschen Nationalmannschaft zu sprechen kam, brach es aus Ewald Lienen heraus. Der ehemalige Trainer des FC St. Pauli attackierte in scharfer Form den Deutschen Fußball-Bund und die Nationalmannschaft um Bundestrainer Joachim Löw. „Ich habe gehofft, dass Deutschland in der Vorrunde ausscheidet“, sagte Lienen und überraschte damit die Zuhörer in der Kneipe. „Der deutsche Fußball ist nach dem WM-Titel 2014 in Arroganz verfallen“, schimpfte Lienen. Insbesondere der DFB und Löw bekamen ihr Fett weg.
Lienen fordert Umstrukturierung im deutschen Fußball
„Die Arroganz von Löw und dem DFB war hanebüchen. Dafür schäme ich mich“, sagte Lienen, der eine Umstrukturierung im deutschen Fußball forderte. Auch die Nachwuchsarbeit in Deutschland kritisierte Lienen. Junge Trainer würden zu schnell in die Verantwortung gezogen, so Lienen, der als Beispiel Schalkes Trainer Domenico Tedesco (32) nannte, der nach einem halben Jahr als Zweitligatrainer schon einen Club wie Schalke 04 übernommen hatte. „Und der macht es dann wie Mourinho und stellt 18 Mann vor den Strafraum. Das ist der Tod des Fußballs“, polterte Lienen. HSV-Manager Becker hakte an dieser Stelle ein: „Tedesco hat mit Schalke eine überragende Saison gespielt und die Champions League erreicht.“
Auch St. Paulis Sportchef Stöver kritisierte die deutsche Nationalmannschaft. „Ich hatte das Gefühl, dass die deutsche Mannschaft zum ersten Mal seit langer Zeit kein Team mehr war.“
Schließlich endete die Talkrunde aber versöhnlich. Sowohl Lienen als auch Stöver und Becker freuen sich auf die Stadtduelle zwischen dem HSV und St. Pauli. Das erste Spiel im Volksparkstadion steigt am 30. September. „Ich hoffe, dass es vor allem sozialverträglich abläuft“, sagte Lienen. Becker sagte zum Abschluss: „Wichtig ist, dass es vor allem um Sport geht – und der HSV am Ende gewinnt.“