Hamburg. Die Japaner Ken Nagayoshi und Hiroto Takebayashi sollen sich beim Harvestehuder THC für Olympia 2020 in Tokio empfehlen.

Pfälzisch sei die Amtssprache, sagt Christoph Bechmann angesichts seiner multinationalen Mannschaft mit Spielern aus sechs verschiedenen Ländern gern, denn „das ist die einzige Sprache, die ich wirklich beherrsche“. Das ist natürlich geflunkert, aber mit seinen jüngsten Neuzugängen könnte der Cheftrainer der Hockeyherren des Harvestehuder THC tatsächlich in seiner angestammten Mundart reden; sie würden ebenso viel verstehen, wie wenn er Hochdeutsch spräche – nämlich nichts.

Ken Nagayoshi und Hiroto Takebayashi, die beiden ersten Japaner in der Geschichte des Hamburger Bundesligahockeys, können nur ihre Landessprache. Aber das hindert sie nicht daran, sich mit viel Einsatz in ihr großes Abenteuer zu stürzen.

"Für mich war das ein Schock"

Als Bechmann im Sommer vergangenen Jahres auf Einladung eines Freundes für zwei Wochen an verschiedenen Highschools und Universitäten in Japan Training anbot, waren ihm die beiden 18-Jährigen aus Nara, einer 350.000-Einwohner-Stadt im Süden der Hauptinsel Honshu, aufgefallen. Er lud sie zum Probetraining ein und machte anschließend das Angebot, sie in den Spielbetrieb der Ersten Herren aufzunehmen.

„Für mich war das anfangs ein Schock, ich hatte nie damit gerechnet“, sagt Ken Nagayoshi. Mit der Aussicht allerdings, sich als Talent aus einem Land, in dem es keinen geregelten Ligenbetrieb gibt und Hockey einen Stammplatz in der tiefsten Nische einnimmt, in einer der stärksten Ligen der Welt für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 im eigenen Land empfehlen zu können, sagten die beiden U-21-Nationalspieler zu. „Es ist unser großer Traum, Olympia in Tokio als Aktive zu erleben. Dafür geben wir alles“, sagen sie.

Nebenjobs in japanischen Restaurants

Seit 7. März sind sie nun in Hamburg, haben ein befristetes Arbeitsvisum und sollen zunächst bis zum Ende der Hinrunde der Saison 2018/19 Ende Oktober bleiben. Ken lebt in einer japanischen Gastfamilie, Hiroto ist in eine vom Verein gestellte Wohnung gezogen. Heimweh? Nein, dazu hätten sie überhaupt keine Zeit. Schließlich seien sie von den Teamkollegen bestens aufgenommen worden. Sie gehen regelmäßig zum Deutschunterricht, haben Nebenjobs als Servicekräfte in japanischen Restaurants.

Das Hauptaugenmerk liegt aber selbstverständlich auf dem Sport. „Wir sind hier, um unser Spiel zu verbessern“, sagen sie. Trainer Bechmann hält beide für stark genug, um in der Bundesliga mithalten zu können. „Sie haben eine tolle Einstellung, lernen jeden Tag dazu“, sagt er.

Dass sie anfangs von Selbstzweifeln geplagt wurden, verhehlen sie nicht, zumal die Realität im Training sich doch deutlich unterschied von den Youtube-Videos, anhand derer sie ihr neues Team studiert hatten. „Ich war nicht sicher, ob mein Level ausreichen würde. Vor allem körperlich ist die Bundesliga extrem stark“, sagt Stürmer Takebayashi, der an diesem Wochenende in den Spielen gegen den Nürnberger HTC (Sa., 14 Uhr) und den Münchner SC (So., 12 Uhr, beide Barmbeker Straße) erstmals im Kader stehen wird.

Mittelfeldspieler Nagayoshi war vor allem von der Passgenauigkeit und dem Spieltempo beeindruckt. „Ich dachte anfangs, dass ich niemals würde mithalten können“, sagt er. Dann gelang ihm beim 4:0 gegen Düsseldorf zum Rückrundenauftakt am vergangenen Sonntag gleich sein erstes Tor. „Seitdem glaube ich, dass ich es schaffen kann!“

Je häufiger sie mit dem Team trainieren, desto kleiner wirkt die Sprachbarriere. Ab und an hilft Kens Gastvater als Dolmetscher. Meist jedoch schnappt Ken, der immerhin ein paar Brocken Englisch spricht, das Wichtigste auf, den Rest erledigt Bechmann visuell an der Taktiktafel oder die Teamkollegen mit Händen und Füßen. „Wir schauen uns das ab, was wir wissen müssen“, sagt Hiroto, „das reicht, weil wir alle Hockey verstehen.“ Sieht so aus, als habe Pfälzisch ausgedient.

Dolmetscher: Andreas Pfaff