Hamburg. Der 20-Jährige hat sich beim deutschen Basketballmeister so gut entwickelt, dass ihn der Bundestrainer beobachtet.
Diesen Auftritt hatte er sich ein wenig anders vorgestellt. Zum ersten Mal trat Louis Olinde am vergangenen Sonntag als Basketball-Bundesligaprofi von Brose Bamberg in Göttingen an. Für den Ex-Korbjäger der Hamburg Towers ein doppelt enttäuschender Abend: Sein Team kassierte eine bittere 98:105-Niederlage, dem 20-Jährigen bot sich auf der Bank keine Chance zum Dunking, Dribbling oder Korbwurf.
„Ich habe hier in der Jugend schon mal gespielt. Ansonsten hat Göttingen keine große Bedeutung für mich“, beteuerte Olinde vor der Partie. Doch das dürfte nur die halbe Wahrheit gewesen sein. Denn vor vier Jahrzehnten wirbelte sein Vater Wilbert wenige Meter Luftlinie entfernt in der längst abgerissenen Godehardhalle unter den Körben. Drei Meistertitel, zwei Pokalsiege und eine bis dato unbekannte spielerische Eleganz machten den gebürtigen US-Amerikaner zu einer Basketballlegende in Deutschland. Diesmal hielt der 62-Jährige, der seit Langem in Hamburg lebt, seinem Sohn vor Ort die Daumen.
„Es geht Schritt für Schritt vorwärts“
Vergangene Saison hatte Olinde junior die Partie in Göttingen wegen einer Fußverletzung verpasst. In der laufenden Spielzeit ist der Flügelspieler dabei, den Durchbruch beim neunmaligen Meister zu schaffen. Der ist kräftig angeschlagen. Ein gewaltiger personeller Umbruch im Sommer hinterließ Spuren, der Titelverteidiger muss um die Play-off-Teilnahme kämpfen. Doch unter vielen Verlierern gibt es immer auch Gewinner: Olinde verbringt national wie international viel Zeit auf dem Feld – und zahlt mit viel Einsatz und ansprechenden Leistungen zurück. „Es geht Schritt für Schritt vorwärts. Ich trainiere gut und bekomme viel Vertrauen vom Trainerteam“, erklärt der frühere Winterhuder.
2,5 Punkte und 1,2 Rebounds im Schnitt stehen für den 2,05 Meter großen und 89 Kilo schweren Allrounder in der Bundesliga zu Buche. In der Euroleague schenkte er dem griechischen Topteam Panathinaikos Athen zehn Punkte ein, sein persönliches Karriere-Highlight. Keine Allstar-Statistiken, aber ein gewaltiger Fortschritt im zweiten Jahr fernab der Heimat. Zumal Olinde nach wie vor auch für den Bamberger Kooperationspartner Young Pikes Baunach in der zweitklassigen ProA spielt – und dort mit 15 Zählern im Schnitt zum Leistungsträger gereift ist. Einer, den auch Ligakonkurrent Hamburg Towers in dieser missratenen Saison gut hätte gebrauchen können.
„Tolle Entwicklung genommen“
Seine ersten Korbversuche unternahm Louis einst mit sechs Jahren beim BC Hamburg, später reifte er beim SC Rist Wedel und in den Juniorenteams der Towers zu einem der größten Basketballtalente Deutschlands heran. Sein Trainer damals: Towers-Mitbegründer Marvin Willoughby. Der 40-Jährige erinnert sich noch gut: „Man konnte zugucken, wie Louis wuchs. Irgendwann hat es klick gemacht, und er hat die richtige Einstellung gefunden. Louis hat wirklich eine tolle Entwicklung genommen“, so der heutige Towers-Sportdirektor.
2016 entschied sich Olinde nach dem Abitur für den Abschied aus Hamburg. „Wir hätten es gerne gesehen, wenn sich Louis noch ein Jahr länger bei uns entwickelt hätte. Aber im Nachhinein hat er alles richtig gemacht“, sagt Willoughby. Der Kontakt ist nach wie vor da. Vor allem mit Co-Trainer Thore Pinkepank hat Olinde regelmäßigen Nachrichtenaustausch.
Olinde bei U-20-WM in Chemnitz
Längst ist auch Bundestrainer Henrik Rödl auf das Riesentalent aufmerksam geworden. „Louis ist ein sehr spannender Spieler. Er arbeitet hart an sich, ist spielintelligent und hat sich auch körperlich stark verbessert“, lobte der Berliner den Mann mit der Rückennummer 16. Vor einer möglichen Karriere in der A-Mannschaft aber soll Olinde dem Deutschen Basketball Bund im Juli helfen, bei der U-20-WM in Chemnitz gut abzuschneiden.