Hamburg. Gute Chancen für die Radsportprofis Kittel, Greipel und Arndt bei Cyclassics. Das Jugendrennen wird neu aufgelegt.
Nikias Arndt musste schon ein wenig schmunzeln, als er den Einlassungen seines Kollegen lauschte. Gerade hatte der deutsche Straßenradmeister Marcus Burghardt vom deutschen Team Bora-hansgrohe die Taktik verraten, mit der er an diesem Sonntag – Start 11.25 Uhr Schmiedestraße/Domstraße, Zieleinlauf gegen 16.45 Uhr auf der Mönckebergstraße und live bei ARD und Eurosport – die 22. Auflage des Eintagesklassikers Hamburg Cyclassics gewinnen möchte.
Um durchzublicken durch die Vorhaben der Konkurrenz musste Arndt also die Dienstleistungen von Titelsponsor EuroEyes, in dessen Augenlaserzentrum an der Dammtorstraße die Pressekonferenz am Donnerstag stattfand, nicht in Anspruch nehmen, sondern nur aufmerksam zuhören.
Menschlich gesehen: Meister der Straße
Wichtige Lehren hat der Lokalmatador aus Buchholz in der Nordheide nicht ziehen können aus Burghardts Vorhaben, bei der dritten Passage des berüchtigten, 87 Meter hohen Wasebergs in Blankenese einen Ausreißversuch zu starten. Der 25-Jährige, der in Köln lebt und den Donnerstag nutzte, um den selten gewordenen Heimatbesuch auf einen Stadtbummel mit seinem Vater und seiner Freundin auszudehnen, hat eigene Ansprüche formuliert.
„Die Cyclassics sind für mich ein Highlight der Saison. Das Team wird alles dafür tun, dass es zu einer Sprintentscheidung kommt und ich gute Chancen habe, ganz weit vorn zu landen“, sagte der Allrounder vom deutsch-niederländischen Team Sunweb, der bei seiner diesjährigen Tour-de-France-Premiere auf der 19. Etappe den Tagessieg als Zweiter hinter dem Norweger Edvald Boasson Hagen verpasste.
Viele ausländische Siegfahrer
Weder Arndt noch Burghardt sind allerdings die Topfavoriten, um nach 220,9 Kilometern – zunächst im Süden durch die Nordheide, dann im Westen durch den Kreis Pinneberg und zum Abschluss dreimal über Waseberg und Elbchaussee in die Innenstadt – fünfter deutscher Cyclassicssieger nach Jan Ullrich (1997), Erik Zabel (2001), John Degenkolb (2013) und André Greipel (2015) zu werden.
Oliver Schiek, Geschäftsführer und Hamburg-Chef von Veranstalter Ironman, sieht neben dem zuletzt formschwachen Rostocker Greipel (35/Team Lotto-Soudal) den Arnstädter Marcel Kittel vorn. Der 29-Jährige, der am Mittwoch seinen Wechsel vom Team Quick Step zu Katjuscha-Alpecin bekannt gegeben hatte, konnte bei der diesjährigen Tour de France fünf Etappen gewinnen. Aber auch das Angebot an ausländischen Siegfahrern ist groß. Außer Degenkolb zählen die Gewinner der vergangenen acht Jahre zum aktuell 168 Fahrer umfassenden Starterfeld. „Obwohl die Strecke technisch sehr anspruchsvoll ist, bleibt Hamburg ein spezielles Event für die Sprinter“, sagte Schiek.
Die Maßnahmen zur nötigen Ausdehnung der Sicherheitsvorkehrungen (Betonpoller, mobile Sperren) sollen die erwarteten 500.000 Zuschauer kaum spüren. 1500 freiwillige Helfer sind im Einsatz, denen Sportsenator Andy Grote ausdrücklich für ihren Einsatz dankte. „Die Cyclassics haben eine unglaubliche Publikumswirksamkeit und sind wichtig, um viele Menschen zu motivieren, sich das ganze Jahr über auf dem Rad durch die Stadt zu bewegen“, sagte er. 2018 findet das neben „Rund um den Finanzplatz Frankfurt-Eschborn“ (1. Mai) einzige deutsche Event der höchsten Rennserie „UCI World Tour“ am 19. August statt. EuroEyes-Geschäftsführer Jannik Jörgensen bestätigte, dass der auslaufende Vertrag per Option um zwei Jahre verlängert werden soll.
Das Herzstück der Veranstaltung bleiben die Jedermann-Rennen, deren Distanzen verlängert wurden. Statt 55, 100 und 155 Kilometer sind nun 60-, 120- und 180-km-Runden zu absolvieren. Knapp 18.000 Meldungen bedeuten Vorjahresniveau, prominenteste Starter sind 30 Nachwuchstrainer des Deutschen Fußball-Bundes, die als eigenes Team über die 60-km-Distanz angreifen. „Wir hätten gern mehr Teilnehmer“, sagte Schiek, der für 2018 die Einführung eines E-Bike-Wettbewerbs plant.
Wichtiges Anliegen ist Jugendsportförderung
Ein wichtiges Anliegen ist auch die Jugendsportförderung, um Nachwuchs nachhaltig an den Profiradsport heranzuführen. Nachdem sie 2016 aus organisatorischen Gründen ausgefallen waren, finden die Youngclassics für die Jahrgänge 2001/02 in diesem Jahr wieder als Etappenrennen statt (siehe Termine rechts unten). Den Startschuss zum ersten Teilstück an diesem Freitag gibt Nikias Arndt, der im Anschluss an die Etappe alle Fahrer der RG Hamburg zu einem gemeinsamen Essen mit Erfahrungsaustausch geladen hat. 2007 hatte er die Gesamtwertung der Youngclassics gewonnen. „Dass ich jetzt beim Profirennen starte, sollte für den Nachwuchs ein Ansporn sein“, sagte er. Ein Sieg bei seinem zweiten Cyclassics-Start würde den Kreis optimal schließen.
Nachmeldungen für alle Jedermanndistanzen sind noch bis Sonnabend um 18 Uhr bei der Hauptakkreditierung am Valentinskamp 89–90 möglich. Die 60-Kilometer-Strecke kostet 92 Euro, 120 km 99,50 Euro und 180 km 102 Euro.