Hannover. Dank zwei früher Tore besiegt Deutschland Nordirland mit 2:0, ohne allerdings den Glanz des Sieges von Hamburg auszustrahlen.
Alles wie in Hamburg, bitte! Das war die klare Aufgabenstellung, die Joachim Löw seiner deutsche Nationalmannschaft beim dritten WM-Qualifikationsspiel am Dienstagabend in Hannover gegen Nordirland mit auf den Weg gegeben hatte. Und sie sollte die Sache nicht in den Sand setzen. Und weil im Moment alles so prächtig funktioniert beim Weltmeister, hielt er sich auch fast genau daran: Wie gegen Tschechien dominierte Löws Auswahl die Partie nach Belieben. Wie gegen Tschechien schwappte La Ola der zufriedenen Anhängerschaft durchs Stadion. Und wie gegen Tschechien fiel auch gegen Nordirland das Führungstor in der 13. Minute. Diesmal war zwar nicht Thomas Müller der Torschütze, sondern Julian Draxler. Aber wer will schon so kleinlich sein?
Deutschland gewann gegen Nordirland 2:0 (2:0) nach den Toren von Draxler (13.) und Sami Khedira (17.). Löws Elf hat nun mit drei Siegen und einer Tordifferenz von 8:0 nach drei Spieltagen einen ähnlich starken Start in die WM-Qualifikation hingelegt wie zum Turnier 2014: Damals gab es ebenfalls drei Siege und ein Torverhältnis von 11:2 Tore. Und das Ende der Geschichte ließ sich sehen.
Löw stellt Rekord von Sepp Herberger ein
„Wir haben die Aufgabe erfüllt, sechs Punkte zu holen. Die beiden Tore sind schnell gefallen. Es war ein müheloser Sieg“, sagte Löw nach der Partie, mit der er sich zudem ein weiteres Denkmal gesetzt hat: Der 56-Jährige hat nun die Bestmarke von 94 Siegen als Bundestrainer von Sepp Herberger eingestellt. Herberger benötigte dafür insgesamt 167 Spiele – Löw nur 141. Nach dem kommenden Spiel gegen San Marino am 11. November wird Löw der alleinige Rekordhalter sein.
Die DFB-Spieler in der Einzelkritik
Nach dem galanten Auftritt gegen Tschechien verwarf Löw seine Idee, gegen die Nordiren Ilkay Gündogan von Beginn an für Khedira zu bringen und änderte seine Startaufstellung nicht. Wenn’s so prächtig läuft, warum den Lauf gefährden? Auch die kleinen Blessuren bei Jonas Hector und Jerome Boateng erwiesen sich als überwindbar.
Überwinden, das war die Prämisse an diesem nasskalten Abend vor 41.132 Zuschauern in Hannover. Nordirland, das sich unter Trainer Michael O’Neill bis auf Platz 30 der Weltrangliste vorgearbeitet hat, versteht es, mehrere Burggräben um den eigenen Strafraum zu buddeln: Vor einer Fünferkette positionierte O’Neill einen weiteren Vierer-Abwehrwall. Die Frage war also, wie überwinden? Und wenn ja, wie viele?
Draxler trifft ins lange Eck
Sie hätte schon früh im Spiel beantwortet werden können, als Müller von rechts eine Bananenflanke schlug, von der man gar nicht wusste, dass er sie im Repertoire hat: In der Mitte sprang der 1,76 Meter kleine Mario Götze höher als der 1,95 Meter große Gareth McAuley, doch seinen Kopfball parierte Nordirlands Keeper Michael McGovern (4.).
Dieser McGovern hatte Löws Elf im Juni bei der EM (1:0) noch zur Weißglut getrieben, als er mit scheinbar acht Armen jede Chance der Deutschen entschärfte und nur den Schuss von Mario Gomez durchlassen musste. Diesmal hatte der 32-Jährige glücklicherweise nur zwei Arme dabei: Als Draxler von der Strafraumgrenze flach ins lange Eck schoss, waren diese zudem nicht lang genug: 1:0. Es war die 13. Minute.
Draxler muss entgegen andersartiger Wünsche ja immer noch beim unweit gelegenen VfL Wolfsburg kicken, bei dem sie ihm zuletzt eine besondere Torungefährlichkeit vorgeworfen hatte. Hier erzielte Draxler sein drittes Länderspieltor.
Gündogan erst nach der Pause
Auch Khedira hatte sich in der Vergangenheit nicht allzu oft als Torjäger hervorgetan. Doch als Mats Hummels nur drei Minuten nach der Führung eine Ecke mit dem Kopf auf den ersten Pfosten ablegte, stieg der Mittelfeldspieler hoch und drückte den Ball mit dem schwarzen Scheitel ins Netz: 2:0 (17.). Die nordirische Mauer fiel schneller als gedacht. Aber anders als in Hamburg erwies sich die deutsche Abwehr diesmal als etwas löchrig: Ein ums andere Mal mussten Boateng und Hummels in Halbzeit eins in Laufduelle, zwei Mal musste Manuel Neuer im Tor aufmerksam sein – bei den Schüssen von Jamie Ward (27.) und Josh Magennis (39.).
Löw wechselte zur Pause: Für den diesmal weniger brillanten Mesut Özil kam Gündogan. Khedira hätte fast sein Länderspieltor Nummer sieben erzielt, doch diesmal ging der Kopfball des Turiners nach einer Kroos-Flanke drüber (68.). Auch Gündogan hatte das ein oder andere Tor auf dem Fuß, doch seine Versuche landeten entweder an einem nordirischen Hinterteil (48.), oder im Hannoveraner Nachthimmel (81.).
Der Weltmeister spielte diese Partie nun pflichtgemäß herunter, und die deutschen Zuschauer bekamen die Gelegenheit, bei den Sangeskünste der etwa 2000 mitgereisten nordischen Fans einzustimmen.