Leverkusen. Trainer Roger Schmidt weigert sich auf die Tribüne zu gehen, Spiel wird für neun Minuten unterbrochen. Dortmund siegt 1:0.
Am Ende dieses denkwürdigen Tages gab es verschwörerische Theorien in ausreichender Anzahl. Die wohl ungeschickteste leistete sich Roger Schmidt nach dem Spiel. Das war insofern konsequent, als dass der Trainer von Bayer Leverkusen entscheidend dazu beitrug, dass dieser 21. Februar 2016 und die Partie gegen Borussia Dortmund einen Eintrag ins Geschichtsbuch der Fußball-Bundesliga verdienten.
Dass Borussia Dortmund das Spitzenspiel beim Tabellendritten mit 1:0 gewann und seinen Vorsprung in der Tabelle auf die Konkurrenz weiter ausbaute, ging beinahe unter in dem Eklat um Roger Schmidt. Alles geschah, nachdem die Borussia aus ihrer zweiten Chance das entscheidende Tor des Tages erzielt hatte: Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang war bei einem Konter mit seinem 21. Saisontreffer zur Stelle. 64 Minuten waren vorüber, Dortmund führte. Zu Unrecht, fanden die Leverkusener. Denn dem Treffer ging ein Freistoß in der Dortmunder Hälfte voraus, den Matthias Ginter sehr schnell ausführte und – so errechneten es eilig die Fernsehsender – 5,80 Meter vom Tatort entfernt.
An der Spitze dieser Protestbewegung: Bayer-Trainer Roger Schmidt. Schiedsrichter Felix Zwayer deutete dem Trainer daher aus der Ferne an, seine Coaching-Zone verlassen und auf der Tribüne Platz nehmen zu müssen. Schmidt aber weigerte sich selbst dann noch, als ihm sein Kapitän Stefan Kießling die Nachricht noch zwei weitere Male aus nächster Nähe überbrachte. Und weil der Trainer nicht ging, ging der Schiedsrichter. Er unterbrach regelkonform die Partie. „Der Trainer hat sich der eindeutigen Anweisung des Schiedsrichters widersetzt und eine persönliche Erklärung eingefordert. Das ist in meinen Augen nicht in Ordnung und kein respektvoller Umgang miteinander“, begründete Zwayer seine außergewöhnliche Aktion.
Kommentar: Bitte sprecht miteinander!
Neun Minuten wurde in den Katakomben diskutiert, die Situation erläutert. Dann kamen die Protagonisten zurück – mit Ausnahme von Schmidt.
Der verschwand in die Mannschaftskabine und tauchte erst nach dem Spiel wieder auf. Er erklärte: „Der Schiedsrichter hat mir aus 45 Metern bedeutet, dass ich wohl auf die Tribüne soll. Ich habe eingefordert, dass ich eine Begründung bekomme, warum. Dass er dann das Spiel unterbricht, war mir nicht bewusst. Das war ein Fehler von mir. Vielleicht ist es falsch, aber ich finde schon, dass nicht mein Kapitän, sondern der Schiedsrichter mir sagen kann, dass ich auf die Tribüne muss. “
Doch dann verstieg sich der Sauerländer zu einer fragwürdigen Theorie. Der Anlass: ein Handspiel von Sokratis nach einem Kopfball von Javier Hernandez, nach dem der Elfmeterpfiff ausblieb (70.). Darüber konnte sich auch Bayers Sportdirektor Rudi Völler überhaupt nicht mehr einkriegen und prügelte vor laufender TV-Kamera verbal auf den Schiedsrichter ein. „Vielleicht hat Schmidt den Fehler gemacht, nicht hochzugehen. Aber das muss man jetzt doch nicht so aufpumpen, die Nummer“, zürnte Völler. „Es ist doch viel wichtiger, dass er keinen Elfmeter gepfiffen hat. Wer hat uns denn mehr geschadet, der Roger Schmidt oder der Schiedsrichter?“
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Schmidt selbst hatte eine sehr exklusive Meinung zu dem ausgebliebenen Elfmeterpfiff: „Wenn ich als Schiedsrichtergespann bei freier Sicht einen solch klaren Elfmeter nicht gebe, dann vielleicht auch deshalb, weil es sich angegriffen gefühlt hat. Mir fällt fast keine andere Erklärung ein.“
Diesen Vorwurf ließ Schiedsrichter Zwayer unkommentiert. Er musste einräumen, das Handspiel übersehen zu haben, ansonsten habe er in dem Disput mit Schmidt „weisungsgemäß“ gehandelt und von seinem Ermessensspielraum Gebrauch gemacht: „Durch das Foulspiel des Leverkusener Spielers wurde eine schnelle Kontersituation unterbunden. Ich finde daher eine Ausführung mit einer Karenz von drei, vier, fünf Metern absolut in Ordnung.“
Es gab ja schon genug, was an diesem Tage nicht in Ordnung gewesen war. Mats Hummels, Dortmunds Kapitän, deutete an, dass Provokationen während des ganzen Spiels anscheinend ein Leverkusener Stilmittel seien, um „viele Emotionen“ hineinzutragen und die Partie „in ein hektisches Spiel zu verwandeln“. Wenn es denn eine Strategie war, dann ist sie fehlgeschlagen. Der BVB nahm die wichtigen Punkte mit – und Verschwörungstheoretiker Schmidt droht nun eine Sperre.