Krakau. Tief enttäuscht vom Aus beim Heimturnier ist Michael Biegler als Trainer der polnischen Handball-Nationalmannschaft zurückgetreten.
Schluchzende Fans und Spieler, die verzweifelt um Fassung ringen. Ein Trainer, der die Schuld für das unerwartet frühe Aus bei der Heim-EM ganz auf sich nehmen will. Die 23:37-Klatsche gegen Kroatien zum Hauptrunden-Abschluss und der verpasste Halbfinal-Einzug werden in Polen als Sport-Drama im Ausmaß einer griechischen Tragödie wahrgenommen. Die Boulevardzeitung „Fakt“ bewertete das Ganze schlicht als „Katastrophe“; beim Konkurrenten „Super-Express“ hieß es am Donnerstag: „Aus der Traum“. Von einem „Horrorspiel“ war in anderen Kommentaren die Rede.
Die polnischen Handballprofis mussten nach der üblen Niederlage am späten Mittwochabend erst einmal Trauerarbeit leisten - und versuchten zugleich irgendwie, ihre Fans zu trösten. „Ich kann nicht viel sagen“, stammelte Piotr Wyszomirski, der den Tränen nahe war. „Wir entschuldigen uns für unser Spiel.“ Sein zutiefst enttäuschter Mannschaftskamerad Piotr Chrapkowski äußerte sich ähnlich: „Ich entschuldige mich bei allen Fans für diese Blamage. Nichts lief so, wie es sollte. Das war unser entschieden schlechtestes Spiel.“
Vergleiche mit Brasilien-Demontage
Angesichts der niederschmetternden Niederlage im entscheidenden Spiel wurden sogar Vergleiche mit der Fußball-WM 2014 gezogen, als der damals ebenfalls höchst ambitioniert gestartete Gastgeber Brasilien sich mit einem demoralisierenden 1:7 gegen die deutsche Mannschaft unwürdig aus dem Turnier verabschiedet hatte.
Dabei hatte die Handball-EM für die Polen so blendend begonnen. Auf knappe Pflichtsiege gegen Serbien und Mazedonien folgte eine wahre Gala gegen Olympiasieger und Weltmeister Frankreich, die die Erwartungen ans polnische Team zusätzlich befeuerte.
Kommentar: Jung und dynamisch lautet das Erfolgsrezept
Michael Biegler, der deutsche Coach der Weiß-Roten, offenbarte sein Verantwortungsgefühl für das Aus: „Gebt nicht den Spielern die Schuld. Wenn jemand schuld hat, dann bin ich das“, befand er. „Ich habe an diesem Abend viele falsche Entscheidungen getroffen. Ich entschuldige mich bei den Fans und bei allen Polen.“
In einer nicht repräsentativen Umfrage des Nachrichtenportals tvn24.pl erteilten ihm spontan 67 Prozent der Anhänger Absolution: Das Match gegen Kroatien sei ein „Unfall“ gewesen, wie er immer mal passieren könne. Nur 33 Prozent waren der Ansicht, dass der Trainer nun gehen müsse.
Biegler schmeißt hin und geht nach Uganda
Am Donnerstag zog der 54-Jährige dennoch Konsequenzen und trat zurück. "Ich habe den Rücktritt von Michael Biegler akzeptiert", teilte Polens Verbandspräsident Andrew Krasnicki mit. Damit ist Biegler, der zuvor beim insolventen Bundesligisten HSV Hamburg freigestellt worden war, vorerst ohne Trainerjob.
Doch die nächste interessante Aufgabe hat sich Biegler bereits gesichert. Nach einem Bericht des „World Handball Magazine“ übernimmt Biegler ein Entwicklungshilfeprojekt in Uganda. In dem zentralafrikanischen Land soll er Trainer und Handballlehrer schulen, berichtet das Organ des Internationalen Handball-Verbandes (IHF). Das Projekt läuft bis zum 31. August.
Biegler war seit dem 1. Juli 2015 Trainer des HSV. In den letzten Spielen im vergangenen Jahr betreute er den Bundesligisten via E-Mail und Telefon, weil er zugleich die polnische Mannschaft auf die EM vorbereitete. Bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens des mit rund vier Millionen Euro verschuldeten HSV am 15. Januar waren alle Spieler, Trainer und Mitarbeiter der Spielbetriebsgesellschaft freigestellt worden. Die Mannschaft wurde inzwischen aus der Bundesliga abgemeldet.
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